Vor 30 Jahren: Als in Goch der Kirchturm einstürzte

02:34 Min. Verfügbar bis 25.05.2024

Vor 30 Jahren: Als in Goch der Kirchturm einstürzte

Stand: 24.05.2023, 12:42 Uhr

Am Mittwoch vor 30 Jahren geriet Goch international in die Schlagzeilen: In der Nacht, um exakt 2:27 Uhr war der Kirchturm von St. Maria Magdalena eingestürzt. Ein Rückblick.

Die Nacht auf den 24. Mai 1993 ist eine ruhige Nacht im niederrheinischen Goch. Es ist früher Montagmorgen, die Straßen in der 30.000-Einwohner-Gemeinde sind menschenleer. Die meisten schlafen. Doch um 2:27 Uhr reißt ein lautes Poltern die Menschen in Goch aus den Betten.

Pastor Johannes Baptist Ludes lebt direkt neben der Maria Magdalena-Kirche und wird von dem Lärm wach. Er steht auf, um nach dem Rechten zu sehen. In seinem Arbeitszimmer sieht er das erste Ausmaß: „Die Decke war eingestürzt, sie hing schief. Der Schreibtisch war mit Schutt und Dreck überschüttet“, sagt er dem WDR damals. Seine Haushälterin sei nach draußen gegangen und habe gerufen: "Komm mal schnell, ich seh den Kirchturm nicht mehr.“

Tonnen voller Schutt auf dem Kirchplatz

Trümmerberge vor der Kirche

Meterhohe Trümmerberge liegen vor der Kirche

Der Kirchturm ist eingestürzt. Auf dem Platz vor der St. Maria Magdalena-Kirche steigt dichter Staub empor. Das Kreuz von der Spitze wird man später in den Trümmerbergen auf dem Kirchplatz finden. Nur wenige Meter vom Bett des Pfarrers entfernt. "Ich habe gesehen, wie ein Polizeiauto um die Ecke kam und seine Scheinwerfer auf die Kirche richtete", erinnert sich ein Anwohner Jahrzehnte später. Doch das ganze Ausmaß des Schadens wird erst mit dem Morgengrauen sichtbar. Meterhoch türmt sich der Schutt auf dem Kirchplatz. Zwei Glocken ragen aus den Trümmern.

Erste Schaulustige versammeln sich vor der Kirche, der Unglücksort wird mit Bauzäunen abgesichert. In den Tagen danach sorgt der Kirchturmeinsturz von Goch auch international für Schlagzeilen.

Ursache: Verkettung unglücklicher Umstände

Glocken in den Trümmern

Glocken lagen in den Trümmern

Schnell stellt sich die Frage, wie es zu diesem Unglück kommen konnte - immerhin war das Mauerwerk zwei Meter dick. Den Krieg hatte der Kirchturm unbeschädigt überstanden. Als gefährdet gilt der Turm trotz regelmäßiger Inspektionen nicht – bis zur Nacht des 24.05.1993.

Anfängliche Vermutungen zur Ursache reichen von einem Blitzeinschlag bis zu einem Sprengstoffanschlag. Die Ursachensuche gestaltet sich schwierig. Am Ende kommen Gutachter zu dem Ergebnis, dass eine Verkettung unglücklicher Umstände zum Einsturz geführt hat: Kriegsnachwirkungen, Schäden durch das Erdbeben von 1992, altersbedingte Rissbildungen und Veränderungen im Mauerwerk durch Reparaturen. Auch die Kräfte der schwingenden Kirchturmglocken waren demnach mit ursächlich.

Keine Verletzten, aber hoher Sachschaden

Die Menschen in Goch haben Glück: Niemand wird verletzt. Noch am Abend zuvor soll St. Maria Magdalena bei einem Gottesdienst gut besucht gewesen sein. Es bleibt bei einem Sachschaden von 20 Millionen Mark.

Der neue Kirchturm nach dem Wiederaufbau

Der neue Kirchturm nach dem Wiederaufbau

10 Jahre später ist in Goch ein neuer Kirchturm eingeweiht worden. Ein moderner, zeitgenössischer Turm, entworfen vom Xantener Architekten Heinz Wrede. Doch an der Spitze des neuen Turmes steht wieder das alte Kreuz.

Über dieses Thema haben wir am 24.05.2023 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Duisburg, 19.30 Uhr.

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