Autos auf einem Fahrradschutzstreifen

Vision: Autos und Fahrräder auf Augenhöhe

Stand: 28.05.2024, 18:08 Uhr

Mehr Infrastruktur und ein attraktiver ÖPNV - laut einer neuen Studie könnte so der Radverkehr bis 2035 verdreifacht werden. Voraussetzung wäre eine radikale Verkehrswende.

Der Straßenverkehr hat auch 2023 deutlich mehr Abgase verursacht als gesetzlich erlaubt. Nach Daten des Bundesumweltamts waren es statt der erlaubten 133 Millionen Tonnen Treibhausgase im vergangenen Jahr 146 Millionen Tonnen. Zum dritten Mal in Folge wurden damit die Klimaziele der Bundesregierung deutlich gerissen.

Dabei könnten die Emissionen des Verkehrs deutlich reduziert werden. So hat es das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe in einer aktuelle Studie vorgerechnet. Immerhin 19 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr weniger seien möglich, teilte das Institut am Dienstag mit. Dafür müsste allerdings der Fahrradverkehr bis zum Jahr 2035 verdreifacht werden, heißt es in einer Studie, die das Institut im Auftrag des Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Clubs (ADFC) durchgeführt hat.

Fahrradverkehr aktuell nur bei 13 Prozent

Demnach liegt der Fahrradanteil am Gesamtverkehr derzeit bei mageren 13 Prozent - bis 2035 müsste er auf 45 Prozent steigen. Voraussetzung für eine solche Entwicklung ist demnach vor allem eine "einladende Rad-Infrastruktur". Dazu müssten Radwege verdreifacht und verbessert werden, sie müssten dabei vom Autoverkehr getrennt sein und ein "dichtes, lückenloses Netz" bilden.

Außerdem sind nach Angaben des Fraunhofer Instituts gute Schnittstellen zu Bussen und Bahnen nötig. Haltestellen und Bahnhöfe müssen also gut angebunden sein und über Fahrradparkplätze verfügen. Besonders die Kommunen seien gefragt: Unter anderem durch Tempo 30 und eine Umgestaltung des Parkraums könnten sie fahrradfreundlicher werden.

38 Millionen für Radwege eingeplant

Auch wenn die völlige Umgestaltung der Verkehrsinfrastruktur bis 2035 ziemlich unrealistisch ist - zumindest Ansätze zu einer Verkehrswende gibt es bereits, auch in Nordrhein-Westfalen: Mehr als 38 Millionen Euro will die NRW-Landesregierung in diesem Jahr in den Bau und Erhalt von Radwegen an Landesstraßen investieren. 15,4 Millionen Euro sollen dabei in den Bau neuer Radwege und 23 Millionen Euro in die Sanierung von vorhandenen Wegen fließen.

Eine Fahrradstraße mit rotem Fahrbahnbelag.

Fahrradstraße in Münster

Dass eine Verkehrswende möglich ist, zeigt seit Jahren die "Fahrradstadt" Münster: Nach Zahlen der Stadt legen die Bewohner und Bewohnerinnen etwa 43 Prozent aller Wege mit dem Rad zurück. Dass Münster so oft bei der Wahl der fahrradfreundlichen Städte vorn liegt, hat Gründe: Insgesamt 480 Kilometer Radwege ziehen sich kreuz und quer durch das ganze Stadtgebiet. Auf vielen Wegen müssen die Radler den knappen Platz nicht mit Autos teilen - ein echtes Plus bei der Sicherheit.

NRW-Kleinstadt mit Bestnote

Auch Kleinstädte wie Wettringen im Kreis Steinfurt haben in den vergangenen Jahren alles daran gesetzt, mit breiten, gut ausgebauten Radwegen ihren Bürger und Bürgerinnen den Umstieg zu erleichtern. Auf einigen Strecken gibt es sogar Beleuchtungssysteme, die automatisch für mehr Licht sorgen, wenn Radfahrer sie passieren. Auch im Umland ist einiges passiert: Eine neue, 62 Kilometer lange Veloroute durch den Kreis Steinfurt schaffte es kürzlich in die Top-Projekte beim Deutschen Fahrradpreis.

Doch auch wenn immer wieder einzelne Projekte in NRW zeigen, dass es auch anders geht: Beim jüngsten Fahrradklimatest des ADFC im Jahr 2022 zeigte sich erneut, dass sich eine Infrastruktur, die ursprünglich auf Autos konzipiert wurde, nur schwer "heilen" lässt. Von den fünf am schlechtesten bewerteten Großstädten in Deutschland lagen vier in NRW: Duisburg, Krefeld, Hagen und Remscheid.

Quellen

  • Agence France Press
  • Pressemitteilungen ADFC
  • Stadt Münster
  • Stadt Wettringen