Safer Internet Day - Let's talk about Porno

01:59 Min. Verfügbar bis 06.02.2026

Safer Internet Day: Wie kann man Kinder vor Pornos schützen?

Stand: 06.02.2024, 21:05 Uhr

Internet-Pornos sind allgegenwärtig. Früher oder später kommen auch Kinder und Jugendliche damit in Kontakt. Zum Safer Internet Day wirbt die EU-Initiative klicksafe für mehr Jugendschutz.

Nur wenige Klicks auf dem Smartphone genügen, und schon öffnet sich das ganze Porno-Universum: Noch nie zuvor in der Geschichte war es für Kinder und Jugendliche so einfach, an harte Pornografie zu kommen.

Zum Safer Internet Day 2024 wirbt die EU-Initiative klicksafe dafür, Minderjährige besser vor solchen Angeboten zu schützen. Außerdem müssten Kinder und Jugendliche intensiver über Pornos und digitale Grenzverletzungen aufgeklärt werden - sowohl zuhause als auch in der Schule.

Welche Folgen kann ein (zu) früher Pornokonsum haben? Wann kommen Kinder mit solchen Inhalten in Kontakt? Wie sollten Eltern damit umgehen? Und wie Lehrer und andere Pädagogen? Fragen und Antworten.

Wann kommen Kinder erstmals mit Pornos in Kontakt?

Mehr als jeder dritte Minderjährige in Deutschland hat sich bereits mindestens einen Porno angeschaut. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von 3.000 Kindern und Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW, die im August 2023 veröffentlicht wurde. Die meisten Befragten erklärten, dass sie erstmals zwischen dem 12. und dem 14. Lebensjahr mit pornografischem Material in Kontakt gekommen sind.

Ein Viertel der Minderjährigen gab dabei an, dass ihnen beim ersten Mal die Bilder oder Videos unfreiwillig gezeigt oder zugeschickt wurden. Absender waren meist Freunde oder Schulkameraden.

Warum gibt es keinen wirksamen Jugendschutz im Netz?

"Die Anbieter müssen eigentlich dafür Sorge tragen, dass Kinder und Jugendliche, also Minderjährige unter 18, keinen Zugang zu diesen Inhalten bekommen", erklärt Lisa Buschmann von der Landesanstalt für Medien.

Viele Anbieter von Internet-Pornoseiten sind aber im außereuropäischen Ausland angesiedelt. Deutsche Behörden haben dort keine Möglichkeit, die Regeln des Jugendschutzes durchzusetzen. Die Betreiber fragen zwar manchmal selbst nach dem Alter der Nutzer. Überprüft wird die Angabe aber nicht.

Ein Mann hält ein Smartphone in der Hand, auf dem Bildschirm sind Pornobilder

Kaum Jugenschutz im Netz

Die EU fordert schon seit Jahren, dass der Zugriff auf Pornoseiten nur mit einem zuverlässigen Altersnachweis möglich sein soll. Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass eine solche Vorschrift in absehbarer Zeit auch international durchgesetzt werden kann.

"Wir arbeiten da auf verschiedenen Ebenen, um das umzusetzen", sagt auch Buschmann. Auch sie gibt aber zu : "Das ein sehr langwieriger Prozess und der hilft vielen Eltern jetzt akut nicht weiter."

Was sind die Risiken eines frühen Pornokonsums?

Die meisten Kinder und Jugendlichen reagieren auf Pornos zunächst nicht mit Erregung, sondern mit einer Mischung aus Ekel und Belustigung, meint Madita Oeming. Die Kulturwissenschaftlerin ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung und setzt sich seit Jahren für mehr Aufklärung ein.

Madita Oeming

Madita Oeming

Oeming warnt davor, mit Strafen auf Pornokonsum bei Minderjährigen zu reagieren. Es sei völlig normal, dass Jungen und Mädchen mit Neugier auf solche Inhalte reagieren. Und die Sorge, dass Pornokonsum in früher Jugend grundsätzlich zu einer "sexuellen Verwahrlosung" führen könne, sei nach Lage der Forschung wohl unbegründet.

Im Einzelfall könne das Gesehene allerdings sehr verstörend sein, meint Oeming. Das gelte besonders dann, wenn Pornos die wichtigste Informationsquelle über Sexualität seien. Ungeschützter Geschlechtsverkehr, demütigende Praktiken und ein hochproblematisches Frauenbild - all das könne die Entwicklung mancher Kinder und Jugendlicher stören, wenn das Gesehene nicht im Rahmen einer seriöser Aufklärung eingeordnet werde.

Falsche Vorstellungen von Sexualität und problematische Rollen- und Körperbilder sind auch für Lisa Buschmann von der Landesmedienanstalt zentrale kritische Aspekte. "Kindern kann das vermitteln, dass sie nicht gut sind, wenn sie nicht so aussehen, wie die Menschen, die in diesen Pornos vorkommen", so Buschmann.

Was können Eltern tun?

Egal, wie gut die Jugendschutzeinstellungen auf den eigenen Geräten funktionieren: Früher oder später würden Kinder in der Regel doch mit Pornos im Internet konfrontiert, sagt Expertin Oeming. Deshalb sollten Eltern das Thema selbst ansprechen - und zwar lieber früher als später. Wichtig sei vor allem, Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, dass Pornos nur sehr wenig mit alltäglicher Sexualität zu tun haben.

Die Schatten zweier Eltern, die ihr Kind an den Händen halten, auf Pflasterstein.

Darüber reden ...

"Im Prinzip geht es um Medienkompetenz", so Oeming. Die Minderjährigen müssten verstehen, dass Pornos keine Dokumentationen, sondern fiktionale Werke sind. Ein weiterer wichtiger Punkt: "Vieles, was zum Sex dazu gehört, ist im Porno nicht zu sehen. Und vieles, was zu sehen ist, gehört für die meisten Menschen in Wirklichkeit gar nicht zum Sex dazu."

Allzu sehr ins Detail sollten Eltern dabei nicht gehen, rät die Expertin. Das Gespräch über bestimmte sexuelle Praktiken könnte für Kinder und Jugendliche oft recht peinlich sein. "Außer natürlich, es gibt konkrete Fragen. Die sollten altersgerecht beantwortet werden."

Was ist die Aufgabe der Schule?

"Schulen könnten viel mehr tun", sagt klicksafe-Leiterin Deborah Woldemichael. Im Sexualkundeunterricht gehe es meist um biologische Vorgänge, Schwangerschaft und Verhütung. "Aber leider noch viel zu wenig um Sexualität, Konsens und eben auch Themen wie Pornografie."

Man könne sich nicht darauf verlassen, dass alle Kinder mit ihren Eltern über solche Themen sprechen können. Viele würden mit ihren Fragen allein gelassen.

Wenn Schulen feststellen, dass in Klassenchats oder ähnlichen Foren pornografisches Material geteilt wird, sei es meist schon zu spät, meint Woldemichael. Viel besser sei es, bereits im Vorfeld klare Regeln für die Chats zu kommunizieren.

"Die Kinder müssen wissen, dass die Verbreitung von Pornografie in einem solchen Umfeld verboten ist." Wenn das Problem im Vorfeld besprochen werde, sei das die beste Prävention.

Helfen Jugendschutz-Einstellungen im Handy oder Rechner?

Technische Jugendschutzeinstellungen können helfen, dass Kinder und Jugendliche nicht ungewollt mit Pornos konfrontiert werden. Einen hundertprozentigen Schutz bieten sie aber nicht. Schritt-für-Schritt-Anleitungen zu vielen Geräten (Smartphones, TV, Spielekonsole, Soziale Medien) bietet zum Beispiel die Seite medien-kindersicher.de.

Für jüngere Kinder ist es empfehlenswert, nur kindgerechte Suchmaschinen, wie beispielsweise fragFINN oder Blinde Kuh zu nutzen. Diese zeigen nur altersgerechte Ergebnisse und keine Werbung an, durch welche Kinder in "normalen" Suchmaschinen mit pornografischen Inhalten in Kontakt kommen können.

Der WDR sendet heute Abend um 20.15 Uhr im Verbrauchermagazin "Markt" folgenden Beitrag zum Thema - "Sexualisierte Inhalte auf Insta: Wie Profile auf Kundenfang gehen".

Unsere Quellen:

  • Themenseite von klicksafe: Let's talk about Porno
  • Ergebnisbericht der repräsentativen forsa-Befragung von Eltern zum Thema Erfahrungen mit pornografischen Onlineinhalten bei Kindern und Jugendlichen
  • Umfrage: Erfahrung von Kindern und Jugendlichen mit Sexting und Pornos
  • Videos mit Madita Oemer auf klicksafe.de
  • Gespräch mit Deborah Woldemichael

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