Cold Cases: Hoffnung auf Aufklärung in Hunderten "alten" Mordfällen

Stand: 04.09.2023, 18:46 Uhr

Heute hat der Prozess um einen Mord im Kölner Karneval im Jahr 1988 begonnen. Auch der Fall einer getöteten Frau in Velbert aus dem Jahr 2007 ist offenbar aufgeklärt. Wie ist der Stand bei "Cold Cases" in NRW?

Rund 1.150 ungeklärte Mord- und Tötungsdelikte gab es zwischen 1970 und 2015 in Nordrhein-Westfalen. Seit November 2021 hatten in einem Projekt des Landeskriminalamts (LKA) etwa zwei Dutzend pensionierte Polizisten und Polizistinnen diese Altfälle noch einmal unter die Lupe genommen und nach neuen Lösungsansätzen gesucht. Nach eineinhalb Jahren endete die Arbeit der "Rentner-Cops" - doch die Suche nach den Tätern geht weiter.

Denn in rund 400 dieser "Cold Cases" ergaben sich bei der Untersuchung tatsächlich neue Hinweise, mit denen sie vielleicht eines Tages doch noch aufgeklärt werden können. Diese Spuren wurden in einer landesweiten Datenbank gesammelt, mit deren Hilfe die regulären Mordkommissionen im Land die Altfälle nun nach und nach wieder aufrollen wollen.

In welchen Fällen konnten Verdächtige identifiziert werden? Sind einige Tötungsdelikte bereits aufgeklärt? Ein Überblick.

1988: Mord im Kölner Karneval

Der Fall war eigentlich längst zu den Akten gelegt: In der Nacht zum Karnevalssonntag 1988 war in Köln eine 24-jährige Frau erwürgt worden. Ende vergangenen Jahres stellten die Ermittler den "Karnevalsmord" in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" vor. Mit Erfolg: Ein Zuschauer gab den Hinweis auf einen Bekannten: Er soll dem späteren Opfer nach einer Karnevalsparty gefolgt sein. Der heute 56 Jahre alte Mann steht seit Montag in Köln vor Gericht.

2007: Mord an Flugbegleiterin in Velbert

Die Leiche einer 47 Jahre alten Flugbegleiterin war am 1. Februar 2007 in Velbert von ihrem damals 14-jährigen Sohn entdeckt worden, als der Jugendliche von der Schule nach Hause kam. Es fanden sich keine Einbruchspuren, auch wurde offenbar nichts entwendet. Erst vor wenigen Tagen meldete die Polizei, dass der mutmaßliche Täter in Hessen festgenommen werden konnte. Am Montag erklärten Polizei und Staatsanwaltschaft, dass ein DNA-Treffer den Verdacht auf den 57-Jährigen gelenkt hatte.

Die DNA des Verdächtigen war bereits in den Datenbanken, weil er im Jahr 2007 elf bewaffnete Raubüberfälle begangen hatte. Nun erwartet ihn ein Prozess.

1987: Versuchter Totschlag in Kölner Wohnung

Im Mai 1987 wurde in einer Wohnung im Kölner Stadtteil Ehrenfeld der 50 Jahre alte Bewohner mit schweren Kopfverletzungen entdeckt. Der Mann überlebte den Angriff, hatte aber bis zu seinem Tod im Jahr 2013 mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Im Jahr 2022 hatten Ermittler die Tatwaffe - einen Pokal - erneut untersucht und konnten DNA-Spuren sichern. Damit konnte ein damals 56 Jahre alter Mann als mutmaßlicher Täter identifiziert werden. Er wurde unter dem Vorwurf des versuchten Mords vor Gericht gestellt.

Trotz eines Geständnisses wurde der Mann nach sieben Monaten U-Haft wieder freigelassen: Mordabsichten konnten dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden. Wäre der Prozess früher verhandelt worden, wäre der Angeklagte von der Kammer möglicherweise wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen worden. Doch diese Vorwürfe waren mittlerweile verjährt.

1987: Mord an 23-Jähriger in Lohmar

In Lohmar wurde im Mai 1987 die Leiche einer 23-Jährigen in ihrem Elternhaus entdeckt. Eine erneute Untersuchung von damals gesicherten DNA-Spuren führte im Jahr 2022 zu Festnahme eines damals 66 Jahre alten Tatverdächtigen. Dieser hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine 32 Jahre lange Haftstrafe wegen eines Doppelmords abgesessen.

Der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter läuft noch. Ob ihm die Tat nach so langer Zeit noch sicher nachgewiesen werden kann, ist unklar. Insbesondere gibt es Zweifel, ob bei der Sicherung der DNA-Spuren alles nach Vorschrift gelaufen ist.

1992: Mord an Spaziergängerin in Meerbusch

Währen eines Spaziergangs wurde im August 1992 in Meerbusch eine 50 Jahre alte Frau erstochen. Erst im vergangenen Jahr konnte durch DNA-Spuren unter den Fingernägeln des Opfers ein Verdächtiger identifiziert werden. Der heute 63-Jährige verbüßte zu diesem Zeitpunkt bereits wegen des Mordes an einer Zwölfjährigen eine lange Haftstrafe. Nun wurde er auch wegen des Mordes in Meerbusch angeklagt. Ein Urteil liegt noch nicht vor.

2014: Mord an Seniorin in Vlotho

Im Februar 2014 wurde die Leiche einer alleinstehenden 82 Jahre alten Frau in ihrer Wohnung in Vlotho entdeckt. Sie war an zahlreichen Stichverletzungen gestorben. Erst acht Jahre später wurde ein 38-Jähriger Mann unter dringendem Tatverdacht festgenommen. Seine DNA war an der Kleidung des Opfers festgestellt worden. Einen Prozess gegen den mutmaßlichen Täter wird es nicht geben. Er beging in der U-Haft Suizid.

Quellen