Tarifverhandlungen für öffentlichen Dienst gescheitert - So geht es jetzt weiter
Stand: 30.03.2023, 09:47 Uhr
Arbeitgeber und Gewerkschaften haben im Ringen um einen neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst keine Einigung erzielt. Darum müssen Bürger - zumindest vorerst -trozdem nicht mit größeren Streiks rechnen.
Tagelang haben Arbeitgeber und Gewerkschaften in der dritten Runde verhandelt - und doch gab es keine Einigung für die 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Die Arbeitgeber kündigten am Donnerstagmorgen an, die Schlichtungskommission einzuberufen. Zuvor hatten die Gewerkschaften die Gespräche für gescheitert erklärt. So geht es jetzt weiter:
Wie läuft die Schichtung ab?
Nach festen Regeln und Fristen. Ab Sonntag setzt eine Friedenspflicht ein. Bis dahin sind laut Verdi allenfalls noch kleinere regionale Warnstreiks geplant. Mit Einsetzen der Friedenspflicht sind Warnstreiks bis nach Ostern dann ausgeschlossen.
Die Vorsitzenden der Schlichtungskommission sind der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt von der Arbeitgeberseite und der ehemalige Bremer Staatsrat Hans-Henning Lühr für die Gewerkschaften - Lühr mit der im Zweifelsfall entscheidenden Stimme.
Im Idealfall endet die Schlichtung mit einer Einigung - wenn beide Seiten den Mitte April erwarteten Schlichterspruch annehmen. Wie das Beispiel der bisher letzten umfassenden Streiks im öffentlichen Dienst zeigt, bringt aber auch eine Schlichtung nicht immer den Durchbruch. 1992 wurde ein Schlichterspruch nicht angenommen - rund zehntägige flächendeckende Streiks folgten.
Was liegt auf dem Verhandlungstisch?
Die Arbeitgeber boten acht Prozent mehr Einkommen (bei einem Mindestbetrag von monatlich 300 Euro) sowie eine Einmalzahlung von 3.000 Euro an. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) meinte, damit hätte man direkt im Mai den Menschen sehr schnell helfen können - schließlich seien die Kosten gerade jetzt sehr hoch. "Und ich glaube, das wäre im Sinne der Beschäftigten gewesen, jetzt eine schnelle Lösung zu haben."
Verdi-Chef Frank Werneke sprach aber von unüberbrückbaren Unterschieden. Die öffentlichen Arbeitgeber seien "nicht in der Lage, den ersten Schritt auf die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften zuzugehen, um einen tatsächlich sozial gerechten Abschluss möglich zu machen". Die Gewerkschaften hatten 10,5 Prozent mehr Lohn geforderte, mindestens aber monatlich 500 Euro mehr.
Neben einer Erhöhung des Einkommens ist die Laufzeit des neuen Tarifvertrags ein Knackpunkt in den Verhandlungen. Die Gewerkschaften haben zwölf Monate gefordert, die Arbeitgeber zunächst 27 Monate angeboten. Wie es in Verhandlungskreisen hieß, waren hier beide Seiten kompromissbereit, aber für eine Einigung reichte es wohl nicht.
Wie ist die Streikbereitschaft der Gewerkschaften?
Ob Busfahrer, Krankenpflegerinnen, Erzieherinnen, Müll- und Klärwerker, Straßenbahnfahrer oder Angestellte an Flughäfen: Beschäftigte zeigten seit Monaten reihenweise große Streikbereitschaft. In Umfragen bekundeten weite Teile der Bevölkerung für sie Verständnis - und für das Argument, dass viele öffentlich Bedienstete eher unterbezahlt seien.
Verdi sieht sich durch die massiven Warnstreiks der vergangenen Wochen gestärkt - und verzeichnete über 70.000 Eintritte in den vergangenen drei Monaten. Verdi-Chef Werneke steht im September beim Bundeskongress seiner Gewerkschaft auch zur Wiederwahl an - dann zählen gute Tarifabschlüsse und erfolgreiche Mobilisierung.
Den Forderungen der Arbeitnehmer stehen viele Kommunen mit leeren Kassen gegenüber. Sie rechneten vor, bei ihnen würde eine Umsetzung der Forderung 15,4 Milliarden Euro kosten.