Das Bild zeigt ein Graffiti auf einer Hauswand. Dort steht "Tourists go home" - Touristen geht nach Hause.

Mallorca am Limit: Wie viel Tourismus verkraftet die Insel?

Stand: 16.08.2024, 20:59 Uhr

20 Millionen Touristen werden in diesem Jahr auf Mallorca und den anderen Inseln der Balearen erwartet. Das ist ein neuer Rekord - und der verärgert immer mehr Einheimische.

Mallorca ist seit Jahrzehnten ein echtes Lieblingsreiseziel der Europäer. Doch der anhaltende Zustrom von Touristen führt zu Problemen. Früher war Mallorca für viele eine idyllische Urlaubsinsel. Heute kämpft die Insel mit den Folgen des Massentourismus.

Die Ursachen für den Massentourismus sind vielfältig. Ein Grund dafür sind auch die günstigen Flugverbindungen, die einen Urlaub auf der Insel für viele Leute erschwinglich machen. Das Image von Mallorca als Partyinsel und Badeurlaubsziel, das vor allem durch die Sozialen Medien verstärkt wird, zieht jedes Jahr Millionen von Touristen an. Außerdem hat man lange Zeit versäumt, den Tourismus effektiv zu regulieren, weshalb er einfach ungebremst gewachsen ist.

Der Massentourismus hat für die Inselbewohner spürbare Konsequenzen. Die Infrastruktur kommt an ihre Grenzen: Straßen sind überfüllt, Strände überlaufen und öffentliche Verkehrsmittel sind oft am Limit.

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nah dran – die Geschichte hinter der Nachricht 16.08.2024 20:47 Min. Verfügbar bis 16.08.2029 WDR Online


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Das größte Problem für die Mallorquiner: Die Nachfrage nach Immobilien ist so hoch, dass die Preise durch die Decke gehen. Das stellt viele Einheimische vor eine echte Herausforderung. Es wird immer schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu finden, und die Lebenshaltungskosten steigen auch immer weiter. WDR-Moderator Jürgen Mayer lebt seit 22 Jahren auf Mallorca. Er sagt, es ist inzwischen wirklich schwierig für die Mallorquiner, eine Wohnung zu finden, die monatlich 1.200 bis 1.500 Euro kostet. Ein Angestellter oder Arbeiter verdient im Schnitt 1.400–1.500 Euro netto. Wenn das Gehalt oder der Lohn allein schon nur für die Miete reiche, sei genau das das Problem.

Außerdem verändert der Massentourismus die Lebensqualität. Die traditionelle Kultur und Lebensweise Mallorcas wird zunehmend vom Massentourismus beeinflusst. Lärm, Müll und Umweltverschmutzung schaden der Natur und dem Landschaftsbild. Ein weiteres Problem ist die Übernutzung von Ressourcen wie Wasser.

Protest aus der Bevölkerung

Mayer steht in einen Hörfunkstudio. Er schaut in die Kamera und lächelt. Neben ihm hängt ein Mikrofon.

WDR-Journalist Jürgen Mayer

Natürlich leben viele Bewohner Mallorcas vom Tourismus. Trotzdem gibt es immer mehr Widerstand gegen die immer größer werdende Masse an Urlaubern. In diesem Jahr sind bei den Großdemonstrationen in Palma jeweils mehrere tausend Menschen auf die Straße gegangen. Kürzlich haben Einheimische einen Teil des berühmten "Ballermann 6" symbolträchtig besetzt. Die Botschaft ist klar: Das ist auch unser Strand. In letzter Zeit sind an einigen Orten auf der Insel Graffiti-Botschaften an Hauswänden aufgetaucht. Unter anderem steht dort "Tourists go home" – "Touristen geht nach Hause". Die Mallorca-Zeitung berichtet auch über Graffiti-Botschaften an Hauswänden wie zum Beispiel "Kill a tourist".

Die Politik reagiert: Der Inselrat Mallorcas will die Zahl der Gästebetten um rund 4 Prozent reduzieren. Auch die bestehenden Einschränkungen für Kreuzfahrtschiffe sollen weiter gelten. Den Einheimischen geht das noch nicht weit genug. Viele kritisieren, dass die Maßnahmen das Hauptproblem, nämlich die Suche der Mallorquiner nach bezahlbarem Wohnraum, nicht lösen.

Auch WDR-Moderator Jürgen Mayer gehen die politischen Planungen nicht weit genug:

"Touristen müssen während ihres Urlaubs auf Mallorca kein schlechtes Gewissen haben. Gedanken müssen sich die machen, die Einfluss haben auf die Zahl der Touristen. Das ist die balearische Landesregierung, das sind aber auch die großen Hotelketten und Mietwagenfirmen." Jürgen Mayer, WDR-Moderator und seit über 20 Jahren Bewohner Mallorcas.

Mayer ist der Meinung, dass nur eine aktivere Tourismusbeschränkung das Problem auf Mallorca und den anderen Balearen-Inseln lösen kann. Als Beispiele nennt er die noch strengere Begrenzung von Hotelbetten und Kreuzfahrtschiffen, eine Reduzierung der Mietwagenzulassungen sowie weiterhin strenge Bauauflagen.  

Für "nah dran" erzählen unsere Reporterinnen und Reporter jeden Freitag, was sie bei ihren Recherchen erlebt haben. Sie werfen einen Blick hinter die Nachrichten, hören Betroffenen zu und erleben selbst mit, wovon die meisten nur kurz in den wöchentlichen Schlagzeilen lesen. Näher ran als sie kommt keiner – egal ob im Ausland, in der Hauptstadt oder direkt vor unserer Tür in der Region.

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