Masken-Scham gegen alle Vernunft Aktuelle Stunde 01.09.2023 10:21 Min. UT Verfügbar bis 01.09.2025 WDR Von Alexander Klein

Kommen die Masken wieder?

Stand: 02.09.2023, 15:38 Uhr

Maskenpflicht nein, Eigenverantwortung ja. So steht die Bundesärtzekammer zum Thema Masken. Aber wie sieht die Realität in NRW aus?

Von Andreas Schneider und Alexander Klein

Die Corona-Infektionszahlen steigen leicht, auch Erkältungen und Fälle von Sommergrippe sind auf dem Vormarsch. Wird es Zeit für eine Maske? Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hat sich gegen eine Maskenpflicht für den Herbst und Winter ausgesprochen.

Etwas strenger sieht es der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Janosch Dahmen. Auch er fordert zwar keine Maskenpflicht, empfiehlt aber dringend, wieder in sensiblen Bereichen Maske zu tragen. Also in Pflegeeinrichtungen, Kliniken und anderen Teilen des Gesundheitswesens.

Schutz für Menschen mit Vorerkrankung

"Klar ist doch, dass Menschen, die vorerkrankt sind, die kein gutes Immunsystem haben, die schon mit anderen Krankheiten im Krankenhaus, in der Arztpraxis im Pflegeheim zu kämpfen haben, dass die besonders verwundbar sind", sagte Dahmen im WDR 5 Morgenecho am Samstag. Für sie könne es durchaus sinnvoll sein, selbst eine Maske zu tragen oder auch, dass die Menschen in ihrem Umfeld eine trügen.

Diese Empfehlung - statt einer Pflicht - hält Jonas Meine, Leiter des Seniorenzentrums Rosenhöhe in Bielefeld, für richtig: "Wenn wir die Freiwilligkeit haben, glaube ich, dass die Akzeptanz eine höhere ist, als wenn wir es verpflichten würden", sagte er im WDR 5 Morgenecho.

Der Hausärzteverband Nordrhein wiederum findet Masken generell sinnvoll. Vor allem bei Veranstaltungen mit größeren Menschenaufkommen. Wie sehen es die Menschen in NRW?

Maske kein Alltagsbegleiter mehr

Aktuell tragen in NRW nur die wenigsten Menschen eine Maske. Stichprobe unseres Reporters der "Aktuellen Stunde" im Bus der Linie 871, der am Freitag durch Euskirchen fährt: Etwa 100 Menschen steigen in zwei Stunden ein- und wieder aus. Nur eine Frau trägt eine Maske. 

Alexandra Falkenberg | Bildquelle: WDR (Alexander Klein)

Trotzdem finden einige Masketragen sinnvoll. So wie Alexandra Falkenberg: "Ich habe mitbekommen, das einige schon wieder an Corona erkrankt sind, ich bin deswegen dafür, dass man so leichte Maßnahmen wie Maskenpflicht in Bussen schnell wieder in Gang setzt". Sie fühle sich dadurch einfach sicherer. Aber einen Lockdown wolle sie auf keinen Fall nochmal, schiebt sie schnell hinterher.

"Ich fühle mich auch ohne Maske gut"

Georg Plattner | Bildquelle: WDR (Alexander Klein)

Anders sieht das Georg Plattner. Der 18-jährige Schüler empfand die Maske schon in der Hochzeit der Pandemie als störend und ist deswegen froh, sie los zu sein: "Jeder, der sich mit Maske sicherer fühlt, soll sie tragen, aber ich fühle mich auch ohne gut und trage deswegen keine."

Anita Böhm | Bildquelle: WDR (Alexander Klein)

Und auch die 74-jährige Rentnerin Anita Böhm möchte nicht freiwillig wieder Maske tragen. Obwohl gerade Menschen wie sie davon profitieren würden. Sie hat die chronische Lungenkrankheit COPD und ist damit in der Hochrisikogruppe für eine Corona-Erkrankung. Aber wegen genau dieser Krankheit fiel ihr das Atmen mit Maske schwer. Und daher will sie möglichst auf die Maske verzichten.

Pflegeheime finden Empfehlung richtig

Jonas Meine aus dem Pflegeheim Rosenhöhe in Bielefeld begrüßt eine Empfehlung zum Masketragen in sensiblen Einrichtungen. Eine Pflicht hält er für falsch: "Durch die Freiwilligkeit erhöht sich die Akzeptanz", und das mache es letztendlich sinnvoller. Das sei zumindest seine Erfahrung aus den letzten Jahren.

Virologe Streeck ruft zu Grippeschutzimpfung auf

Mit Blick auf die steigenden Infektionszahlen warnt derweil der Virologe Hendrik Streeck davor, sich im Herbst und Winter zu sehr auf das Coronavirus zu konzentrieren und die Grippegefahr zu vernachlässigen. "Eine Erkrankung, die von vielen unterschätzt wird, ist die Grippe, also die Influenza", sagte der Virologe der "Augsburger Allgemeinen" (Samstagausgabe).  "Es hat sich eine Einstellung breitgemacht: Wenn es nicht Corona ist, dann ist alles in Ordnung." Er rate aber allen, die zu einer Risikogruppe gehören oder mit vielen Menschen in Kontakt kommen, zu einer Grippeschutzimpfung.