Erst im Mai erklärte die Weltgesundheitsorganisation den Corona-Gesundheitsnotstand für beendet - mehr als drei Jahre nachdem sie die Verbreitung des Coronavirus zu einer weltweiten Pandemie erklärte. Schon vor der kommenden Erkältungszeit im Herbst und Winter zeigt sich nun: In Nordrhein-Westfalen steigt die Zahl der Corona-Infektionen wieder. In der vergangenen Woche sind insgesamt 643 Fälle für NRW gemeldet worden. Das sind 153 Fälle mehr als in der Woche zuvor. Die Zahlen teilte ein Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums der "Rheinischen Post" mit.
Gibt es eine neue Corona-Welle?
Hinweise auf eine sich abzeichnende Coronawelle in Nordrhein-Westfalen gibt es zum aktuellen Zeitpunkt aber keine, wie ein Ministeriumssprecher in der Dienstagsausgabe der Tageszeitung sagte. Darauf weise auch das Abwasser-basierte Monitoring in Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland hin.
Experten gingen davon aus, dass Corona nun in eine endemische Phase übergeht und damit Teil einer jährlichen Erkältungswelle sein werde, heißt es in dem Artikel weiter. Auch das Robert Koch-Institut geht davon aus, dass SARS-CoV-2 - ähnlich wie viele andere Viren, die akute Atemwegserkrankungen verursachen - besonders im Herbst und Winter Erkrankungswellen verursachen wird. Daher sei auch künftig mit einem Anstieg der Fallzahlen in diesen Jahreszeiten zu rechnen.
Es gehe aktuell nicht darum, Corona-Infektionen zu verhindern, sondern nur schwere Erkrankungen, sagt Prof. Dr. Carsten Watzl, Immunologe der TU Dortmund, dem WDR: "Das schaffen wir im Moment sehr, sehr gut, mit dieser Grundimmunität, die wir alle haben."
Was tue ich bei einer Infektion?
Ende Februar 2023 ist die Schutzverordnung für NRW ausgelaufen. Auch die wenigen Verordnungen die danach noch galten, gehören der Vergangenheit an. Doch jetzt sitzen immer mehr Freunde, Bekannte, Kollegen schniefend zu Hause und fragen sich: Hab ich Corona und was muss ich tun?
Die Infos im Netz dazu sind meist veraltet. Das Gesundheitsministerium setzt auf verantwortungsvolles Handeln: "Für Corona-Infizierte in NRW besteht seit 1. Februar keine Isolationspflicht mehr. Es kommt nun noch stärker auf die Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen an. Wer krank ist, sollte zu Hause bleiben", sagte der Sprecher. Aber reicht das? Das Robert Koch-Insitut rät Betroffenen mit Symptomen einer akuten Atemwegsinfektion auf seiner Informationsseite zu folgenden Maßnahmen:
- Personen mit Zeichen einer akuten Atemwegserkrankung sollten für die Dauer der Symptome zu Hause bleiben und sich ggf. (auch telefonisch) ärztlich beraten lassen.
- Bei unvermeidlichen Kontakten mit anderen Menschen kann das Tragen einer Maske helfen, diese nicht anzustecken.
- In Notfällen (z.B. bei akuter Atemnot) sollen sich Betroffene an den Notruf 112 oder die Rettungsstelle eines Krankenhauses wenden.
Welche Corona-Varianten gibt es derzeit?
Aktuell stehen drei Varianten im Fokus: Neben EG.5 werden auch die Varianten XBB.1.5 und XBB.1.16 beobachtet. Bei XBB handelt es sich um eine Omikron-Subvariante. XBB.1.5 kommt vor allem in Europa und dem amerikanischen Kontinent vor, XBB1.16 besonders häufig in Asien. EG.5 ist eine neue Coronavirus-Variante, die die WHO unter erhöhte Beobachtung gestellt hat. Sie wird von Experten aber als nicht besonders gefährlich angesehen. Die Variante EG.5 habe zwar eine Mutation, die eventuell dazu führe, dass sie dem Immunsystem etwas leichter entgehen könne, sagte Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel. "Die gleiche Mutation ist aber auch in anderen Varianten zu finden."
Auch die WHO geht nach derzeitigem Wissen von einem geringen Risiko durch EG.5 für die öffentliche Gesundheit aus. EG.5, manchmal auch Eris genannt, verbreite sich zwar bemerkenswert rasch und könne dem Immunsystem vergleichsweise leicht entwischen. Die Krankheitsschwere sei im Vergleich zu anderen aktuellen Varianten aber unverändert. Angepasste Impfstoffe, die auch gegen EG.5 wirksam sein sollen, sollen im Herbst auf den Markt kommen.
Corona-Impfung: Jetzt boostern oder erst im Herbst?
"Wir rechnen in den nächsten Wochen mit der Zulassung dieser neuen Impfstoffe. Bis dahin sollte man mit der Booster-Impfung warten", sagte der Chef des Apothekerverbands, Thomas Preis, der "Rheinischen Post". Er rät in erster Linie Risikopatienten zu einer erneuten Impfung - am besten im Herbst. Denn: "Der Schutz der Auffrischungsimpfung ist in den ersten Monaten nach der Impfung am höchsten und hält etwa zwölf Monate."
Mehrere Hersteller teilten mit, dass ihre angepassten Stoffe in Studien wirksam gegen die Eris-Variante (EG5) seien. Der Herstellers Moderna glaubt, seinen Impfstoff noch rechtzeitig zur Impfsaison im Herbst auf den Markt zu bringen.
Wo kann man sich noch impfen lassen?
Wer seinen Impfschutz auffrischen möchte, kann bei seinem Haus- oder Facharzt nachfragen. Auch die eine oder andere Apotheke in NRW kann helfen - doch auch hier müssen Betroffene selbst zum Hörer greifen. Der sogenannte Apothekenmanager im Netz spuckt zwar Apotheken in NRW aus, die angeblich Imfpungen und Tests anbieten. Doch ein Anruf zeigt: Der Service wurde vielerorts eingestellt. Auch hier ist also Eigeninitative gefordert.
Was tun, wenn Masken und Selbsttests abgelaufen sind?
Wer noch Masken und Selbsttests zuhause hat, sollte auf das Ablaufdatum achten. Wenn das Haltbarkeitsdatum einer FFP2-Maske abgelaufen ist, ist ihre Schutzwirkung nicht mehr garantiert. Deshalb dürfen beispielsweise Arbeitgeber laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ihre Angestellten nicht einfach mit abgelaufenen Masken ausstatten.
Im Privatgebrauch ist das etwas anders: Viele Masken seien trotzdem noch nutzbar, solange das Gummiband nicht ausleiert und reißt, erläutert Prof. Dr. Christopher Niehues von der FH Münster.
Ähnlich verhält es sich mit Selbsttests. Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA empfiehlt, abgelaufene Schnelltests für zuhause nicht über das Verfallsdatum hinaus zu verwenden - die Tests könnten mit der Zeit ungültige oder ungenaue Ergebnisse liefern.
Der Bremer Virologe Prof. Andreas Dotzauer sagte der Nordsee-Zeitung im Januar, dass man die Tests aber dennoch noch einige Wochen nach Ablauf verwenden kann - wenn sie nicht zu warm gelagert wurden. "Wenn sie bei Raumtemperatur aufbewahrt wurden, dann würde ich sie noch zwei bis drei Monate über das Verfalldatum hinaus nutzen", so Dotzauer. "Länger aber nicht."
Mit Material der Rheinischen Post, des Robert Koch-Instituts, der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und der WHO.