Corona-Last im NRW-Abwasser steigt stark

Stand: 02.07.2024, 15:30 Uhr

Im Abwasser der NRW-Klärwerke tummeln sich aktuell immer mehr Corona-Viren. Das bedeutet: Es haben aktuell deutlich mehr Menschen wieder Corona.

Von Sabine Schmitt

Zwar ist Sommer, trotzdem sind zurzeit viele in Deutschland krank. Nicht jeder, der betroffen ist, hat Corona. Aber Corona ist immer noch da - oder besser gesagt: wieder. Das gilt nicht nur auf der Straße, im Supermarkt, im Büro oder in der Schule. Es gilt insbesondere auch für das NRW-Abwasser. Das zeigt der am 1. Juli veröffentlichte Wochenbericht Abwassermonitoring des Landeszentrums Gesundheit Nordrhein-Westfalen.

Prozentualer Anstieg in Dortmund-Scharnhorst am höchsten

Beim Abwassermonitoring gibt es keine absoluten Zahlen zu Corona-Fällen. Gemessen wird die prozentuale Veränderung der Viruslast im Vergleich zur Viruslast am gleichen Proben-Nahmetag zwei Wochen zuvor. Ab einer prozentualen Zunahme von 15 Prozent sprechen die Experten des Landeszentrums Gesundheit von "stark steigend".

Die letzten berücksichtigten Messwerte der Viruslast stammen vom 19.06.2024. Gemessen wurden in 17 Kläranlagen in NRW. An allen Messtationen wurde eine stark steigende Viruslast gemessen. Am höchsten war der prozentuale Anstieg an der Kläranlage Dortmund-Scharnhorst mit 186 Prozent. Auch in Aachen-Soers (171), Wuppertal-Buchenhofen (170), Köln-Stammheim (132) und Dortmund-Deusen (130), Bottrop (128) und Paderborn (118) zeigt der Wert eine Steigerung von mehr als 100 Prozent im Vergleich zur Viruslast am gleichen Proben-Nahmetag zwei Wochen zuvor.

Das Abwassermonitoring spielt eine wichtige Rolle, um das Infektionsgeschehen zu beobachten. Denn seit dem 1. März 2023 gibt es in Deutschland keine Testpflicht mehr. Die meisten Infizierten machen deshalb keinen PCR-Test mehr und tauchen in der Statistik der 7-Tage-Inzidenz nicht mehr auf. Die 7-Tage-Inzidenz hat daher nur noch wenig Aussagekraft. Sie liegt in NRW laut Landesgesundheitsministerium bei 4,9 (Stand 02.07.2024). Die relevantere Größe ist die Krankenhausbelegung: 36 Menschen sind aktuell laut dem DIVI-Intensivregister wegen oder mit einer Covid-Infektion auf einer Intensivstation in NRW (Stand 02.07.2024), zehn davon werden beatmet. Von insgesamt 3.617 Intensivbetten in NRW sind aktuell 3.144 belegt - als frei gemeldet sind 473. Dazu gibt es noch eine Notfallreserve. Das sind 1.239 Intensivbetten, die innerhalb von 7 Tagen zusätzlich aufgestellt werden können. So sterht es im intensivregister.

Mit dem Abwassermonitoring will das Land NRW einen Überblick über das Infektionsgeschehen im Land bekommen und Corona-Wellen erkennen - auch schon bevor die Zahlen hoch sind. Für das Gesundheitsministerium NRW ist das Abwassermonitoring ein Frühwarnsystem - etwa um überfüllte Krankenhäuser zu vermeiden.

Ein weiterer Pluspunkt der Abwassertests: Sie können auch neue Varianten frühzeitig entdecken.

In welchen Kläranlagen in NRW findet Corona-Abwassermonitoring statt?

Zurzeit wird das Abwasser in NRW in bis zu 20 Kläranlagen auf Corona getestet. Wegen fehlender oder unvollständiger Daten werden nicht in jeder Analyse alle Kläranlagen berücksichtigt. Messstationen für Corona-Viren im Abwasser gibt es an folgenden Orten in NRW:

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Mit diesen Kläranlagen wird laut Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen das Abwasser von 5,98 Millionen Einwohnern aus NRW erfasst - das entspricht etwa 33 Prozent der Menschen in NRW.

Wie wird Abwasser auf Corona getestet?

In den Kläranlagen werden zweimal die Woche Proben genommen. Das Ziehen der Proben erfolgt vollautomatisch, erklärt der Wasserwirtschaftsverband Emschergenossenschaft/Lippeverband.

Kläranlage Bottrop testet Abwasser auf Corona | Bildquelle: WDR

Eine Maschine entnehme über 24 Stunden in regelmäßigen Abständen Abwasser und mische diese. Zweimal die Woche entnehme dann ein Mitarbeitender eine Probe und sende diese ans Labor für die Analyse.

Auf Basis dieser Daten veröffentlicht das Landeszentrum für Gesundheit (LZG.NRW) jeden Montag neue Werte.

Wie zuverlässig sind die Werte?

Das Abwassermonitoring in NRW ist Teil eines bundesweiten Forschungs- und Pilotvorhabens. Der Ansatz wird von Wissenschaftlern noch weiterentwickelt. "Das Infektionsgeschehen lässt sich aus den Daten des Abwassermonitorings bisher nicht immer zuverlässig abbilden", sagt eine Sprecherin des Landeszentrums Gesundheit Nordrhein-Westfalen.

Die Daten sind aber wichtig und ergänzen den Mix an Indikatoren, die Auskunft über die Anzahl an Corona-Infektionen in NRW geben. Weitere Indikatoren dafür sind die Krankenhausbelegung und die 7-Tage-Inzidenz.

Wie verhalte ich mich, wenn ich Corona habe?

  • Zu Hause bleiben: Das NRW-Gesundheitsministerium bittet Erkrankte um verantwortungsvolles Handeln: "Für Corona-Infizierte in NRW besteht keine Isolationspflicht mehr. Es kommt nun noch stärker auf die Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen an. Wer krank ist, sollte zu Hause bleiben", sagte ein Sprecher.
  • Testen: Wer sich nicht sicher ist, ob er eine Erkältung hat oder Corona, kann einen Test machen - die gibt es noch in Drogerien, Supermärkten und Apotheken zu kaufen. Manchmal muss man sie allerdings vorbestellen und dann am Folgetag abholen - am besten vorher online schauen, ob Tests in der Filiale erhältlich sind.
  • Maske tragen: Wer Corona hat und unbedingt aus dem Haus muss, kann mit einer Maske andere vor einer Infektion mit Corona schützen.

Unsere Quellen:

  • Aktueller Wochenbericht Abwassermonitoring
  • Infos vom Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen
  • Infos vom Wasserwirtschaftsverband Emschergenossenschaft/Lippeverband
  • Infos vom NRW-Gesundheitsministerium
  • intensivregister