GDL: Superstreik trifft auf Super-Frust
Aktuelle Stunde. 23.01.2024. 03:45 Min.. UT. Verfügbar bis 23.01.2026. WDR.
Bahn: Warnstreik der GDL im Personenverkehr hat begonnen
Stand: 24.01.2024, 11:02 Uhr
Nach dem Güterverkehr bestreikt die Lokführergewerkschaft GDL seit Mittwochmorgen auch den Personenverkehr. Der Ausstand soll rund sechs Tage dauern - es wäre der längste Streik, den es bei der Bahn je gab.
Seit Mittwochmorgen rollen nur noch wenige Züge im Land. Die Bahn hat zwar einen Ersatzfahrplan erstellt, es werden aber viel weniger Fahrten angeboten als sonst. Die Fahrten, die in der Bahn-App angezeigt werden, sollen jedoch auf jeden Fall stattfinden. Nach Angaben der Bahn können Tickets auch zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden, die Zugbindung ist aufgehoben.
Bahn bietet Ersatzfahrpläne an
Situation am Kölner Hbf - im Nahverkehr fährt einiges.
An den Hauptbahnhöfen in Köln und Bonn meldeten am Morgen die Anzeigetafeln dank Ersatzfahrplan stündlich bis zu 15 Zugverbindungen. Vom Kölner Hauptbahnhof können Bahnkunden aktuell Richtung Aachen, Ruhrgebiet, Minden, Koblenz, Krefeld und Siegburg fahren.
Von Bonn aus sind Fahrten mit der S23 nach Euskirchen möglich. Auch die Mittelrheinbahn rollt über Koblenz nach Mainz. Im Fernverkehr gibt es einzelne Thalys- und ICE-Verbindungen nach Brüssel und Emden. Auch der private Flixtrain Köln-Berlin soll fahren. Wegen des Streiks müssen Reisende jedoch mit Störungen rechnen.
Ausfälle in Südwestfalen
Busse als Ersatz am Hbf Siegen
Die Deutsche Bahn meldet am Morgen, dass der Regionalexpress 57 von Winterberg nach Hagen nicht fährt. Auch der RE 9 von Aachen nach Siegen ist vom Streik betroffen. Dort setzt die Deutsche Bahn zwischen Köln und Siegen stündlich Busse ein.Trotz des Streiks fährt jedoch die Eurobahn im Raum Soest und Lippstadt. Laut Unternehmen kann es aber auch hier zu Störungen kommen, da auch die Stellwerke bestreikt werden.
Privatbahnen versprechen weitgehend Fahrt nach Plan
Die Regionalbahn-Linien in OWL werden von den privaten Bahn-Unternehmen Eurobahn, Westfalenbahn, Nordwestbahn und National Express bedient. Und dort sollen alle Züge zunächst mal planmäßig fahren, heißt es von den Unternehmen. Vereinzelt könne es dennoch zu Einschränkungen kommen, heißt es etwa von der Eurobahn. Reisende oder Pendler sollten sich vor Fahrtantritt sicherheitshalber trotzdem informieren.
Welche Rechte Bahnreisende im Falle eines Streiks haben, erklären wir hier:
Auto mieten oder Mitfahrgelegenheit suchen
Wer auf einen Leihwagen ausweichen will, könnte bereits zu spät dran sein. Man beobachte eine "deutlich erhöhte Nachfrage", erklärte ein Unternehmenssprecher von Sixt gegenüber dem WDR. Auch von Europcar heißt es, dass es schon "zahlreiche Buchungen" gebe. Stefan Bispinck von der Autovermietung Wucherpfennig & Krohn in Bielefeld sagte dem WDR, die Mietwagenfirmen profitierten vom Bahnstreik: "Insofern erwarten wir uns davon schon ein zusätzliches Geschäft."
Ähnlich ist das Bild bei den Mitfahrzentralen. Schon bei den beiden vergangenen Streiks habe man eine enorme Nachfrage gehabt, schreibt ein Sprecher von BlaBlaCar auf WDR-Anfrage. Auch auf der Plattform Fahrgemeinschaft.de registriert man schon eine "Verdreifachung der Nutzerzugriffe gegenüber dem Normalbetrieb" auf rund 10.000 am Tag.
Staus durch A1-Sperrung bei Leverkusen
Je nachdem, wo und wann man unterwegs ist, dürfte die Autofahrt allerdings auch eine Geduldsprobe werden. Denn aktuell ist unter anderem die Autobahnbrücke der A1 bei Leverkusen gesperrt. Außerdem sorgt zusätzlich die Sperrung der A42 zwischen Bottrop und Essen für lange Staus. Insgesamt über 230 Kilometer Stau gab es am Morgen bereits auf der Straßen in NRW - durchaus "eine deftige Verkehrslage", so das Verkehrsstudio.
Bahn weist Vorschlag der GDL ab
Am Abend hatte der BR berichtet, dass die GDL der Deutschen Bahn einen Kompromissvorschlag vorlegt hatte. Die Bahn hat bestätigt, dass sie den Vorschlag erhalten hat, lehnt ihn aber als "untauglich" ab. Die GDL fordert unter anderem eine Verkürzung der Arbeitszeit.
Die Bahn hatte den Beschäftigten vorab angeboten, wahlweise pro Woche eine Stunde weniger zu arbeiten oder mehr Geld zu bekommen. Weselsky kritisierte dieses Angebot. Denn das sei im Detail gekoppelt an die Frage, ob "genügend Personal an Bord" sei. Außerdem sei die Bahn im Hinblick auf einen Tarifvertrag für Fahrdienstleiter immer noch nicht gesprächsbereit. Er verteidigte den Arbeitskampf im ZDF-Morgenmagazin als "verhältnismäßig"und verwies insbesondere auf Verhandlungsergebnisse mit anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen als "mögliche Kompromisslinie". Das habe die Bahn abgelehnt.
Die Tarifverhandlungen mit der Bahn liegen derzeit auf Eis. Die Gespräche waren insbesondere an der Forderung einer Senkung der Wochenarbeitszeit von derzeit 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich gescheitert.
Rückkehr an Verhandlungstisch gefordert
DB-Personalchef Martin Seiler fordert von der Gewerkschaft, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Man solle "endlich wieder richtig verhandeln". Gegen den Streik will die Bahn aber keine Rechtsmittel einlegen, erklärte ein Konzernsprecher. Eine einstweilige Verfügung sei nach rechtlicher Prüfung aktuell nicht geplant.
Bundesverkehrsminister: kein Verständnis mehr
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat inzwischen deutliche Kritik am Vorgehen der GDL geübt:Der Tarifkonflikt nehme zunehmend "destruktive Züge an". Er habe "null Verständnis für diese Form der Tarifauseinandersetzung" und glaube nicht, dass Weselsky sich und seiner Gewerkschaft mit dem Stil einen Gefallen tue.
Unsere Quellen
- Lokführergewerkschaft GDL
- Deutsche Bahn
- Nachrichtenagentur dpa
- Europcar
- Sixt
- BlaBlaCar
- Fahrgemeinschaft.de
- Volker Wissing im ZDF-Morgenmagazin