Die Ausbildung zum Bankkaufmann ist vielleicht nicht der typische Start ins Berufsleben für einen Sozialdemokraten, findet Frank Müller. "Ich habe beim Klassenfeind Deutsche Bank gelernt", sagt er scherzhaft. Doch damals waren Ausbildungsplätze rar - und der Ruhrgebietler wollte etwas Sicheres lernen.
Ausbildung beim "Klassenfeind"
Durch ehrenamtliche Arbeit beim Roten Kreuz entdeckte er seine Begeisterung für Medizin und begann 1999 sein Studium - zur gleichen Zeit, als er der SPD beitrat. Mit steigendem Arbeitspensum in der Partei ließen sich Uni und Beruf über die Jahre aber nicht mehr vereinbaren. Er brach das Medizin-Studium vor dem Physikum ab.
Themen Schule und Bildung
Das Ruhrgebiet stehe vor großen Herausforderungen, vor allem bei der Bildung, meint Mülller. Es gebe hier noch ganz andere Probleme als auf dem Land oder in schicken Städten wie Düsseldorf. Es müsse sich dringend etwas an dem über 200 Jahre alten, "willhelminischen" Bildungsystem tun, an dem seit der Kaiserzeit nur an "kleinen Stellschrauben hier und da" etwas verändert würde. Die Gliedrigkeit, das Trennen von Schülerinnen und Schülern, und vieles Weitere könne "heute so nicht mehr funktionieren“, so Müller im Westblick-Interview.
"Wir müssen sehr stark auf den einzelnen Menschen gucken“, sagt Müller. Es benötige Leute, die vor allem für benachteiligte Kinder Partei ergreifen und diese unterstützen. 30 Kinder in einer Klasse seien schlicht zu viele für einen einzelnen Lehrer, so könnten Kinder auch nicht adäquat gefördert werden. Er sei Fan der Idee vom "Zwei-Lehrer-Team".
Frühkindliche Förderung als Schlüssel
Müller ist Vorsitzender eines Trägers von 24 Kitas in Essen und Mühlheim, vor allen in sozialen Brennpunkten. Er ist überzeugt: "Der Schlüssel ist die Familie, das Kind und die sehr frühe Förderung." Er wundere sich nicht, dass der Start für viele Kinder in der ersten Klasse holperig verläuft, wenn diese vorher keinen Kitaplatz und dortige frühkindliche Förderung erhalten haben. Außerdem müsse Eltern auch gezeigt werden, wie sie ihre Kinder am besten unterstützen können: "Eltern müssen das auch lernen". Er wünscht sich mehr Familienbildung und mehr Familienzentren.
Schlechte Umfragewerte und die AfD
Und woran liegt es, dass die SPD gerade bei Umfragewerten von nur noch 18 Prozent liegt? Der Abgeordnete sieht dafür viele Gründe. Es gebe viele Krisen und die Ampel in der Bundesregierung schneide gerade nicht gut ab. Dort sorgen viele "Streits" zwischen den Koalitionspartnern für Vertrauensverluste.
Auch müsse die Partei neue Wege der Kommunikation finden, da sich immer weniger Menschen für Landtagsdebatten interessierten oder die Tageszeitung läsen. Die Menschen informierten sich jetzt in den sozialen Medien oder ließen sich durch die Meinung Bekannter beeinflussen.
Viele ehemalige SPD-Wähler im Ruhrgebiet seien zur AfD gewandert. Müller meint, das länge daran, dass die AfD vermeintlich einfache Antworten für komplexe Probleme hat. Sie würden gerne Schuldzuweisungen machen, zum Beispiel in Richtung Zugewanderter. Und wo die soziale Not groß ist, verfingen sich manche dann in vermeintlichen Wahrheiten.
Doch sich auf einen Platz zu stellen und Parolen zu schreien habe das Leben für die Bevölkerung noch nie besser gemacht.
Frank Müller, SPD, Essen II, Landtagswahl
02:36 Min.. UT. Verfügbar bis 31.12.2026.