Am Ende überwog offenbar die Überzeugung, dass ein umstrittener Koalitionsvertrag besser sei als eine Bundesregierung ohne die SPD. Selbst in Dortmund, wo die Partei monatelang geschlossen eine Koalition mit CDU/CSU abgelehnt hatte, sei die Stimmung in den letzten Tagen gekippt, sagte die Dortmunder SPD-Vorsitzende Nadja Lüders.
"Viele hatten offenbar Bedenken, dass wir die heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der SPD nicht in den Griff bekommen würden, ohne an der Führung in Berlin beteiligt zu sein", so Lüders.
"Schwung der Diskussionen mitnehmen"
Selbst in den Unterbezirken sei zuletzt so intensiv diskutiert worden, wie lange nicht. Ihr Wunsch: "Diesen Schwung müssen wir jetzt mitnehmen", sagt die Dortmunderin, man müsse selbstkritisch prüfen, "wo wir unsere Inhalte neu aufstellen müssen, wo wir eventuell mit alten SPD-Standpunkten brechen müssen".
"Stille Mehreit"
Prominente Gegnerin einer GroKo war auch die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Britta Altenkamp. Sie sei von dem Ergebnis überrascht, sagt Altenkamp, die Stimmung in NRW habe ein stärkeres Nein erwarten lassen. Das jetzige Ergebnis zeige, dass es offenbar eine stille Mehrheit in der Partei gebe, die selten bei Veranstaltungen auftauche.
"Hartes Ding": Britta Altenkamp
Nun sei die Frage, ob es der SPD gelingen wird, ihre innere Zerrissenheit zu überwinden, während sie gleichzeitig in Regierungsverantwortung steht. "Das wird ein hartes Ding werden", glaubt Altenkamp. In der Opposition hätte sich die Partei dieser Aufgabe wesentlich besser widmen können.
Jetzt aber müsste die SPD gleichzeitig neue Antworten liefern auf Fragen nach einem sozialen Sicherungssystem, nach neuen Formen der Arbeit im digitalen Zeitalter.
Kutschaty: Alle müssen jetzt mitmachen
Altenkamps Mitstreiter in der NoGroKo-Bewegung war der ehemalige NRW-Justizminister und Vize-Fraktionschef der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Kutschaty. Angesichts des Votums sagte er: "Ich erwarte von allen, jetzt alles dafür zu tun, dass die Beteiligung der SPD in der großen Koalition auch ein großer Erfolg wird".
Auch auf Twitter gab es viele Reaktionen auf das Ergebnis aus NRW. Tief enttäuscht äußerten sich die Jusos NRW.
"Handwerker der Demokratie"
Rolf Mützenich, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Köln, sorgt der Personalmangel in seiner Partei. Aber: Grundfalsch sei es, wenn sich die SPD nun auf eilig definierte "Lichtgestalten" konzentrierte, wie es erst Martin Schulz und jetzt der Juso Kevin Kühnert erlebten. "Wir sind Handwerker der Demokratie", sagt Mützenich, und es dürfe nicht darum gehen, "dass Lichtgestalten den Maschinenraum betätigen, sondern seriöse Handwerker".