Polizisten stehen in Köln vor dem Hauptbahnhof neben dem Kölner Dom (Archivfoto 2016)

Silvester-Ausschuss befragt erste Zeugen

Stand: 07.03.2016, 10:43 Uhr

  • Untersuchungsausschuss zur Kölner Silvesternacht befragt erste Zeugen
  • Aussagen sollen der Leiter des Kölner Ordnungsamtes und die ehemalige Pressesprecherin der Kölner Polizei
  • Wie kam es zu der verharmlosenden Pressemeldung am Neujahrstag?

Von Rainer Kellers

Es ist bereits das dritte Mal, dass der Untersuchungsausschuss zu den Kölner Silvester-Vorfällen zusammenkommt. Nach einem Vor-Ort-Termin in Köln und einem organisatorischen Treffen geht es am Montag (07.03.2016) erstmals um die Beweisaufnahme. Geladen sind die ersten beiden Zeugen. Es handelt sich um einen Mitarbeiter des Kölner Ordnungsamtes und eine ehemalige Pressesprecherin der Kölner Polizei.

Über 1.100 Anzeigen und eine verharmlosende Pressemeldung

Untersuchungsausschuss zu Silvester-Übergriffen

Mitglieder des U-Ausschusses bei einem Vor-Ort-Termin

Am Silvesterabend waren in Köln und anderen Städten Frauen von Männergruppen bedrängt, sexuell belästigt und teilweise bestohlen worden. Es hat auch einzelne Vergewaltigungen gegeben. Die mutmaßlichen Täter wurden von Zeugen durchgehend als Nordafrikaner oder als Männer arabischer Herkunft beschrieben. Mittlerweile liegen über 1.100 Anzeigen vor, und die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 106 Verdächtige, sehr viele davon sind Asylbewerber aus den Maghreb-Staaten. Die Polizei war in die Kritik geraten, weil sie am Neujahrstag in einer Pressemeldung von einer weitgehend friedlichen Nacht gesprochen hatte. Erst vier Tage später wurde das wahre Ausmaß der Vorfälle bekannt. Warum das so war, wer wann von den Vorfällen wusste, und ob es Bestrebungen gab, die Vorgänge unter der Decke zu halten - alles das soll der Untersuchungsausschuss des Landtags aufklären.

Am Montag wird es zunächst um die Einsatzplanung von Stadt und Polizei gehen. Als erster Zeuge sagt Jörg Breetzmann aus, der Leiter des städtischen Ordnungs- und Verkehrsdienstes. Er hat die Einsatzvorbesprechung der Stadt geleitet. Von ihm dürften die Abgeordneten insbesondere Details zur nicht erfolgten Sperrung der Hohenzollernbrücke wissen wollen. Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte im Landtag behauptet, die Stadt Köln habe sich im Vorfeld der Feierlichkeiten gegen eine Sperrung ausgesprochen. Die Stadt weist diese Darstellung zurück. Wie der "Express" berichtet, musste der Zugverkehr in der Silvesternacht unterbrochen werden, weil Personen über die Gleise geklettert waren. Das habe zu einem Rückstau im Bahnhof geführt, der es den Täter umso leichter gemacht haben soll.

Als zweite Zeugin ist Martina Kaiser geladen. Die langjährige Leiterin der Pressestelle der Kölner Polizei war wegen der Pressemeldung am Neujahrstag massiv in die Kritik geraten. Knapp zwei Wochen nach den Vorfällen gab sie ihr Amt auf. Kaiser wird im Ausschuss erklären müssen, wie es zu der verharmlosenden Pressemeldung kommen konnte. Eigentlich wollte der Ausschuss mit der Befragung des Polizei-Einsatzleiters in Köln beginnen. Mit Rücksicht auf dessen Urlaub wurde die Befragung aber verschoben.

Das ist bisher zu den Kölner Silvesterübergriffen bekannt:

  • Am Kölner Hauptbahnhof gab es massenweise Straftaten in der Silvesternacht; Frauen wurden von Männergruppen bedrängt, bestohlen und sexuell belästigt; mittlerweile sind fast 1.110 Anzeigen eingegangen (Stand 4. März).


  • Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 106 Beschuldigte, dabei handelt es sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft "weit überwiegend" um Asylbewerber.


  • Vor allem der Nachweis von Sexualstraftaten ist für die Ermittler schwierig. Von den Beschuldigten, die zurzeit in U-Haft sitzen, wird nur einem ein Sexualdelikt vorgeworfen.


  • Viel Kritik gab es am Polizeieinsatz. Eine Kernfrage ist, wann welche Dimension der Ausschreitung erkennbar war. Der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers wurde nach den Vorfällen in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.


  • Die Kölner Polizei geht davon aus, dass sich die Täter über soziale Netzwerke verabredet haben. Hinweise auf organisierte Kriminalität gibt es bisher nicht.

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