Corona, Landtag in Düsseldorf

Corona-Protokolle: Welche Aufarbeitung will der Landtag?

Stand: 26.03.2024, 11:15 Uhr

Die Veröffentlichung der sogenannten RKI-Files hat auch im NRW-Landtag zu einer weiteren Debatte um die Aufarbeitung geführt. Wie stehen die Parteien jetzt zu einem Untersuchungsausschuss?

Von Christoph Ullrich Christoph Ullrich

Dass die Dokumente aus dem RKI im politischen NRW mit einer gewissen Spannung betrachtet werden, ist wenig überraschend. War es doch die damalige schwarz-gelbe Landesregierung, die sich oft kritisch gegen besonders harte Corona-Maßnahmen ausgesprochen hat.

Schon am Wochenende äußerte sich der damalige Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) im ZDF. In den Papieren sehe man, wie differenziert das Robert-Koch-Institut eigentlich gearbeitet habe und "wie wenig von dieser Meinungsvielfalt dann am Ende in die konkrete Politik eingemündet ist", so Laschet.

Genugtuung Armin Laschets

Laschet, der während der Pandemie für seine aus damaliger Sicht "lockere" Corona-Politik in der Kritik stand, sieht sich schon länger in seiner Haltung bestätigt. Schon vor einem Jahr antwortete er im WDR mit einem knappen "Ja" auf die Frage, ob es ihm Genugtuung gebe, dass er zum Beispiel bei seiner Kritik an zu langen Schulschließungen Recht gehabt habe.

Trotzdem hatte es auch in NRW während der Pandemie lange Schulschließungen gegeben, auch bei den Lockdowns und Maskenpflichten in Länge und Ausmaß zog die Landesregierung am Ende im Großen und Ganzen immer mit.

Was den ein oder anderen aus der damaligen Regierung dabei stutzig machen dürfte ist folgende Passage in den veröffentlichten Akten. "Konsequenzen des Lockdowns haben zum Teil schwerere Konsequenzen als COVID selbst", heißt es Mitte Dezember 2020 nach einer Sitzung im RKI. Diese differenzierte Haltung des RKI hätte man sich auch bei den politischen Beratungen gewünscht, so ist aus Kreisen der alten Regierung zu hören.

Nachwirkungen in der Politik spürbar

Corona hat in der NRW-Politik bis heute offene Wunden hinterlassen. Die FDP flog aus der Regierung, musste bei Landtagswahl 2022 gar um den Wiedereinzug in den Landtag bangen. Auch wegen des Managements der Corona-Pandemie - die damalige freidemokratische Schulministerin Yvonne Gebauer wurde öffentlich teils heftig kritisiert.

"Wir sehen durch die Files unsere Position gestärkt, Corona-Maßnahmen kritisch auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen", antwortet ein Sprecher der FDP-Fraktion auf WDR-Nachfrage. Etwas zurückhaltender ist man beim ehemaligen Partner: "Es ist immer leicht, im Nachhinein auf Entscheidungen der Vergangenheit zu schauen", sagt CDU-Gesundheitspolitiker Marco Schmitz. "Mit dem Wissen von heute wären sicherlich Einzelentscheidungen anders ausgefallen", so Schmitz weiter.

Die Dokumente sind aber für die CDU ein guter Einblick in das Zeitgeschehen. Davon sprechen auch die anderen Fraktionen. Die SPD-Politikerin Lisa Kapteinat empfiehlt, dass die über 1.000 Seiten "umfassend geprüft werden, aber eben auf Grundlage wissenschaftlicher Evidenz." Damit meint die stellvertretende Fraktionsvorsitzende indirekt das Medium "Multipolar". Dieses hatte die Herausgabe der Protokolle mittels Informationsfreiheitsgesetz erwirkt, "Multipolar" wird unter anderem eine Nähe zu Verschwörungstheorien unterstellt.

Die Corona-Protokolle veröffentlicht: Was erfahren wir?

Aktuelle Stunde 25.03.2024 25:15 Min. UT Verfügbar bis 30.04.2024 WDR Von Astrid Houben

NRW-Reaktionen auf die RKI-Files

WDR 5 Westblick - aktuell 26.03.2024 06:41 Min. Verfügbar bis 26.03.2025 WDR 5


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Von Verschwörungstheorien bis zum verheimlichten Skandal

"Der Vorteil des Rückblicks ist der Erkenntnisgewinn. Nicht dazu gehören wohlfeile Besserwissereien oder Verschwörungsdenken", sagt deshalb der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Mehrdad Mostofizadeh. Die Debatte um den Rückblick und seine Aufarbeitung hat dennoch wieder Fahrt aufgenommen.

Für die AfD-Fraktion und ihren Vorsitzenden Martin Vincentz sind die Dokumente ein neuerlicher Anlass für die Forderung nach einer öffentlichen Aufarbeitung. Da man bereits in der letzten Legislatur die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in Spiel gebracht habe, "befürworten wir die Einsetzung natürlich auch jetzt", so Vincentz. Auch fordert er, dass Schwärzungen in den Protokollen zurückgenommen würden. "Es scheint, als hätte das RKI viel zu verheimlichen und versucht mit massiven Schwärzungen einen Skandal zu vermeiden", spekuliert der AfD-Politiker.

Auch wegen Äußerungen wie dieser wird die AfD die notwendigen Stimmen für einen Untersuchungsausschuss auch dieses Mal nicht bekommen. Alle anderen Parteien lehnen die Einsetzung eines speziellen Corona-Ausschusses ab. SPD-Parlamentarier Rodeon Bakum verweist zudem auf die bereits laufende Enquetekommission "Krisen- und Notfallmanagement". Hier werde man sich "dafür einsetzen, die richtigen und wissenschaftlich fundierten Schlüsse aus der Corona-Pandemie zu ziehen."

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