praktisches Jahr

Kaum Aussicht auf Besserung im Praktischen Jahr für Medizinstudenten

Stand: 15.01.2025, 16:19 Uhr

Das Praktische Jahr ist für viele junge Mediziner eine belastende Zeit. Die Landesregierung versprach Verbesserungen. Mit Erfolg?

Von Nicolas Vordonarakis

Das Praktische Jahr soll angehende Ärztinnen und Ärzte auf ihren Job vorbereiten. Doch für manche ist es am Ende der Grund, nicht den Job anzutreten. Der Grund: Extrem hohe Belastung, Prüfungsstress und geringe Vergütung. Im letzten Jahr demonstrierten zahlreiche Studenten für bessere Bedingungen. Die Landesregierung nahm sich der Sache an, doch ein Entschließungsantrag, den Schwarz-Grün jetzt vorlegt, reicht aus Sicht der Opposition und der bvmd-Präsidentin bei weitem nicht aus.

WDR: Wo liegt aus ihrer Sicht das größte Problem und der größte Verbesserungsbedarf beim Praktischen Jahr?

Giulia Ritter: Eigentlich ist das Praktische Jahr dafür da, dass wir nach diesen langen theoretischen Studium praktische Fertigkeiten am Patienten erlernen können und da auch eine gewisse Routine bekommen. Aktuell ist es so, dass das Ganze ein bisschen in Anführungszeichen missbraucht wird für jegliche Hilfstätigkeiten. Hier mal schnell Postbote spielen und da mal was hinbringen. Und da muss man ehrlich sagen dafür, dass wir ganz am Ende dieses Jahres dann eigentlich Ärzt:innen sind und für Patienten Verantwortung übernehmen sollen, sind wir aktuell nicht dabei, uns darauf vorzubereiten.

WDR: Bei dem Punkt Finanzierung, was könnte sich da verbessern?

Giulia Ritter: Wir sind natürlich Studierende und haben dann diese 40 Stunden Ausbildung im Krankenhaus. Und deswegen wird immer wieder gesagt, wir brauchen keine Vergütung oder eine Aufwandsentschädigung dadurch, dass wir noch im Studierendenverhältnis sind. Neben 40 Stunden arbeiten ist es dann aber sehr, sehr schwer, noch mal nebenbei zu arbeiten und sich irgendwie das Ganze zu finanzieren. Also entweder man nimmt einen Kredit auf, man hat Eltern oder Familie, die das Ganze unterstützen, oder man schiebt dann am Wochenende noch Nachtschichten.

WDR: Wenn man neben dem PJ noch arbeitet, was sind das für Belastungssituationen?

Giulia Ritter: Wir haben ganz viele Studierende, die nach diesem Jahr erst einmal sagen, jetzt brauche ich ein Jahr Pause. Das hat mich jetzt so fertig gemacht. Ich habe fünf Tage die Woche gearbeitet und dann die zwei Tagen am Wochenende noch mal gearbeitet. Und jetzt brauche ich erst mal eine Pause. Und dann entscheiden sie sich gegebenenfalls ganz am Ende gar nicht mehr für die Medizin, sondern für einen ganz anderen Zweig, indem sie arbeiten wollen. Oder es ist so, dass irgendwelche Behandlungsfehler bei Patient:innen passieren. Natürlich soll das Ganze immer durch Ärzt:innen supervidiert super werden. Wir sind natürlich noch Studierende und sollen nicht eigenverantwortlich handeln, sondern immer mit Überwachung. Aber es kann natürlich trotzdem mal passieren, dass dann irgendein Fehler beim Patienten ankommt.

Praktisches Jahr

WDR Studios NRW 15.01.2025 05:46 Min. Verfügbar bis 15.01.2027 WDR Online


WDR: Jetzt gibt es diesen Entschließungsantrag von schwarz-grün. Sie haben den sicher gelesen. Finden sie das reicht?

Viele junge Menschen in weißen Arztkitteln stehen zusammen mit Bannern, Transparenten und Plakaten

Giulia Ritter: Nein, wir sind schon sehr, sehr lange in diesen Verhandlungen. Wir waren bereits im Oktober letzten Jahres in einer Expertenanhörung hier im Landtag gewesen und haben noch einmal genau aus der Praxis erzählt, wie das Ganze so abläuft und wo vielleicht auch im FDP-Antrag noch Sachen hinzugefügt werden können. Wir waren total dankbar darüber, dass dieses wichtige Thema überhaupt mal angestoßen worden ist von Susanne Schneider. Gleichzeitig sind da immer noch ein paar Punkte gewesen, die uns sehr wichtig waren. Wir hatten daraufhin einen Runden Tisch nach der Demonstration letztes Jahr und haben dort noch einmal mit dem Wissenschaftsministerium und dem Gesundheitsministerium und den verschiedenen Unikliniken Punkte erläutert und Probleme angesprochen. Und das jetzt so unkonkrete Dinge auf diesem Antrag stehen, ist für uns doch sehr, sehr schade. Denn eigentlich ist die Zeit des Prüfens irgendwie vorbei.

WDR: Was ist ihre Sorgen, wenn die Politik das Thema PJ nicht stärker in den Vordergrund nimmt?

Giulia Ritter: Es ist tatsächlich auch mit mehreren Studien immer wieder bewiesen, dass Studierende sich entweder überlegen, bleibe ich an meinem Standort oder gehe ich dahin zurück, wo ich herkomme. Wenn ich hier hingezogen bin nach NRW, dann ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass Studierende auch wieder in ihre in ihrer Heimat zurückkehren. Und das heißt, da ist ein gutes PJ auch einfach für uns wichtig, um die Leute irgendwie hier zu halten. Für Deutschland an sich, also national, ist es in unseren Augen mehr als sinnvoll, sehr gut qualifizierte Ärzt:innen zu haben nach ihrem Studium. Wer sehen immer wieder das Problem von Ärzt:innen Mangel. Das wird auch groß diskutiert. Und das erste, was dann geschrien wird, sind mehr Studienplätze. In unseren Augen müssten wir die Ärztinnen, die wir ausbilden, erst einmal sehr gut ausbilden, damit sie direkt nach dem Studium in den Beruf starten können und bereit sind, Patienten zu versorgen. Das ist aktuell nicht der Fall.

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