Als die Pläne bekannt wurden, lösten sie im Landtag Unruhe aus. SPD-Fraktionschef Jochen Ott mutmaßte gar vor Journalisten, dass die Landesregierung den "ganzen Laden" umbauen wolle, weil sie sich nicht traue, an der Spitze der Landeszentrale eine Veränderung vorzunehmen.
Stabsstelle auf Kosten der politischen Bildung?
Vor allem die Grünen hadern immer wieder mit der Leitung der Landeszentrale für politische Bildung. Die Institution müsse zum Beispiel mehr als nur eine kostengünstige Möglichkeit sein, Bücher zu kaufen, hieß es immer wieder aus der Fraktionsspitze des kleinen Koalitionspartners.
Und dann wurden im November des vergangenen Jahres Umbaupläne im für die Landeszentrale zuständigen Wissenschaftsministerium bekannt. Dort sollte - angesiedelt bei der Staatsekretärin - eine größere Stabsstelle für die Extremismus-Prävention eingerichtet werden. Auf Kosten der Landeszentrale - denn von dort sollten Stellen und Aufgaben verschoben werden.
Von einem "Kahlschlag" bei der politischen Bildung war die Rede. Einige der Pläne nahm Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) nach den Protesten auch wieder zurück. Kompetenzen - wie die Erinnerungskultur - bleiben nun doch bei der Landeszentrale. An der Stabsstelle wolle man jedoch festhalten, beharrt das Ministerium.
Wem soll die Landeszentrale angehören?
Trotzdem beschäftigen die Pläne weiterhin den Landtag. In einer Anhörung wurden die Pläne der schwarz-grünen Regierung von Sachverständigen überwiegend kritisch gesehen. So sagte Thomas Groll, Professor für Sozialwissenschaften in Dortmund, dass man Extremismusprävention und politische Bildung nicht so trennen könne, wie es die Regierung vorhabe. "Viele in der Extremismusprävention sehen sich als Teil der politischen Bildung", so Groll.
Die ehemalige Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung, Maria Springberg-Eich, fordert gar, dass die Landeszentrale aus dem Wissenschaftsministerium ausgegliedert werden müsse und "in eine exekutivferne Organisationsform überführt " werden solle. Sie könne sich auch nicht vorstellen, wie eine Institution arbeiten könne, wenn man acht bis zehn Personen aus ihr herausnimmt.
Mehr als "schöne Broschüren" nötig
Damit liegt sie auf der Linie der Partei, der sie angehört: Die SPD will die Landeszentrale dem Landtag unterstellen, auch die FDP sieht die Zukunft eher in dieser Lösung. Womit es eigentlich um eine viel größere Frage geht. "Unabhängig von der institutionellen Verankerung der Landeszentrale für politische Bildung muss sie ihre Aufgaben objektiv und frei von parteipolitischem Einfluss ausführen und erfüllen können", schreibt zum Beispiel der Leiter der Landesanstalt für Medien, Tobias Schmid.
Allerdings sagt Schmid auch, dass der Anlass gegeben ist, verstärkt in die Extremismusprävention zu investieren. "Es braucht aktuell mehr als schöne Broschüren", so Schmidt. Für ihn gehe es mehr um klare Botschaften, Kampagnen und Ansprachen an identifizierte Empfängergruppen. Dabei fordere er aber, bestehende Institutionen zu nutzen. "Ich werde immer hellhörig, wenn von neuen Strukturen die Rede ist", erklärte Schmid.
"Heiße Phase der politischen Bildung"
Das schaffe keine Organisation alleine, was auch Auswirkungen auf die Struktur habe. Bettina Levy von der jüdischen Gemeinde in Köln stimmte zu, dass es dazu auch eine gewisse Schnelligkeit brauche, weshalb die Landeszentrale hier mehr Menschen auf digitalem Weg erreichen müsse.
Diese Forderung zieht sich durch die Stellungnahmen der Sachverständigen. "Wir bezeichnen die aktuelle Situation gern als heiße Phase der politischen Bildung", schreibt das in Sachsen zuständige Justizministerium. Man habe einen guten Mittelweg gefunden, die eigene Landeszentrale operativ selbständig zu erhalten, ohne als Ministerium einzugreifen.
Debatte wird weitergehen
Damit "erhalte man eine Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit", sagt Ministeriumsvertreter Stefan Schönfelder. Ganz rausgelöst aus der Zuständigkeit der Regierung hat man die Institution in Baden-Württemberg.
Dort untersteht die politische Bildung direkt dem Landtag und damit einem Kuratorium bestehend aus Mitgliedern der Fraktionen. Damit erfülle man den Anspruch einer überparteilichen Institution, heißt es in der Stellungnahme aus Stuttgart. "Bei uns liegen Demokratieförderung, Landesbezug und Extrimismusprävention weiter unter einem Dach und davon profitiert das ganze Haus", sagt Sybille Thelen, eine Direktorin der baden-wüttembergischen Landeszentrale.
Thelens Aussage dürfte ein deutlicher Fingerzeig für die politische Debatte der nächsten Wochen sein. Ob es tatsächlich bei den Plänen der Landesregierung bleibt, die Landeszentrale künftig mit 24 statt bisher 33 Stellen auszustatten, bleibt abzuwarten.