Kommentar: Die trügerische Hoffnung der Schnelltests

Stand: 18.02.2021, 17:03 Uhr

Mal schnell testen und dann ab ins Konzert, zum Shoppen, zur Party, zum Oma-Knuddeln? Alles so wie früher? Bestimmt nicht! Ein Kommentar.

Von Bettina Altenkamp

Ab März kann ich dann also auf dem Weg zum Bäcker kurz beim Hausarzt oder in der Apotheke einen Zwischenstopp für einen schnellen Test einlegen. Rachenabstrich to Go und 15 Minuten später kann der Tag beginnen. Vorausgesetzt der Test ist negativ. Vorausgesetzt, die Apotheke hat Tests vorrätig und vorausgesetzt ich komme bei Quadratmeter-Beschränkungen pro Kunde überhaupt ohne stundenlanges Schlangestehen dran. Und dann?

Im Fall eines negativen Tests weiß ich, dass ich aktuell nicht hochgradig ansteckend bin. Vielleicht kann ich also etwas beruhigter, einen verantwortungsvollen Besuch bei älteren Verwandten in den Tag einplanen - immer noch auf Abstand, aber nicht mehr ganz so verkrampft vor Sorge und vielleicht auch etwas häufiger als bislang. Also, jedes mal NACH einem solchen Schnelltest mit negativem Ergebnis. Denn bereits am nächsten Tag kann so ein Test schon anders ausfallen.

Keine Rückkehr ins normale Leben

Bettina Altenkamp

Bettina Altenkamp

Schnelltests sind keine Befreiungstests für die Rückkehr ins ganz normale Leben mit Konzerten am nächsten Wochenende, ausgiebigen Shoppingtouren oder lang vermissten Partys. Schnelltests geben keine 100 prozentige Sicherheit - sind keine Befreiung von der ungeliebten Maske, Händewaschen, Lüften und Abstandhalten. Freitesten und dann können wir wieder locker werden - funktioniert nicht.

Schnelltests sind eine gute Ergänzung zu den bisherigen Regeln, können dabei unterstützen, Infektionen schneller zu entdecken - sind aber nicht zu verwechseln mit einer Abkürzung zurück ins normale Leben - also das VOR Corona. Aber genau diese Hoffnung wird durch die etwas voreilige Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Spahn geweckt. Fällt nach fast 12 Monaten Pandemie auch auf sehr fruchtbaren Boden. Und genau das ist gefährlich - denn enttäuschte Hoffnung lässt die Motivation, Regeln tapfer weiter zu befolgen, eher sinken.

Wer soll all die Schnelltests machen?

Wie sollen Schnelltests für alle überhaupt funktionieren, wenn schon jetzt das geschulte Personal dafür in vielen Pflegeheimen fehlt? Wie damit umgehen, wenn Apotheken und Hausärzte an ihre Grenzen stoßen? Und wie soll sichergestellt werden, dass auch jedem klar ist, ein Schnelltest ist eine Momentaufnahme und schon morgen kann die Ansteckungsgefahr vielleicht schon wieder viel größer sein?

Auch die mögliche Zulassung von Laientests ändert daran nichts. Dann fällt zwar die Notwendigkeit für geschultes Personal weg - nur bleibt es bei der zeitlich begrenzten Gültigkeit. Und hinzu kommt, dass völlig offen ist, wie dann positive Tests am heimischen Küchentisch auch tatsächlich gemeldet werden - mit dem Argument, ich fühle mich doch gar nicht krank, wird bei der Aussicht auf Quarantäne sicherlich der ein oder andere eine Meldung ans Gesundheitsamt gerne schlabbern - und munter weiter als potenzielle Virenschleuder unter Menschen gehen.

Schnelltests und Laientests finde ich grundsätzlich gut - fatal ist, dass damit - so wie es bislang kommuniziert wurde - viel zu viele falsche Hoffnungen geweckt werden.

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