Eine Lehrkraft schreibt in einer Klasse Mathematikaufgaben auf eine Tafel.

Kommentar: Lehrerberuf attraktiv machen

Stand: 25.05.2024, 06:00 Uhr

Schulministerin Feller hat eine erste Bilanz gezogen, wie ihr "Handlungskonzept Unterrichtsversorgung" vorankommt. Sie zeigt sich zufrieden, etwa bei den steigenden Zahlen der Alltagshelfer. Doch die Abordnungen und Teilzeitregelungen können auf junge Leute auch abschreckend wirken.

Von Nadja Bascheck

Es ist ein klassisches Dilemma: Setze ich auf eine sichere Zukunft oder auf mehr Selbstbestimmung im Hier und jetzt? Eine Frage, die sich junge Leute stellen, wenn sie vor der Wahl stehen, Lehrer zu werden - oder eben nicht. Sie können sich überlegen: Verzichte ich, bei einer anstehenden Verbeamtung, lieber auf etwas Gehalt und die private Krankenversicherung, aber kann dafür selbst über meine Zeit entscheiden? Und über den Ort, an dem ich arbeite? "Aber Kind, denk' mal an die Pension!", sagen die Älteren.

Abordnungen passen nicht immer zum Lebensentwurf

Doch eine drohende Abordnung wirkt auf viele abschreckend. Abordnung an eine Schule in einer anderen Stadt, pendeln, vielleicht sogar an einer fremden Schulform unterrichten. Und Teilzeit? Im Zweifel nur dann, wenn ich ein Kind habe oder meine Mutter pflegen muss? Wo bleibt da die eigene Freiheit? Das passt nicht zu den Vorstellungen von flexibler Arbeitszeit, von selbstbestimmter Arbeit, wie wir das aus anderen Jobs kennen. Der Lehrerberuf hat damit etwas Anachronistisches.

Lehrerin sitzt erschöpft mit Schülern am Tisch

Am Ende ist es sowieso eine individuelle Entscheidung. Und ja, am Ende entscheiden sich bestimmt viele für Gehalt, Sicherheit und Pension. Doch Achtung an die Verantwortlichen: Sie müssen aufpassen, dass die jungen Lehrer, die noch viele Jahre vor sich haben, nicht verheizt werden. Das droht nämlich, wenn die Arbeitsbelastung weiter steigt. 

Handlungskonzept bietet viele Maßnahmen

Und das bleibt ein Problem, vor dem alle Schulministerinnen stehen. Sie müssen den Beruf attraktiv machen. Denn klar: Schüler brauchen Unterricht. Und zwar guten Unterricht, keine Vertretungsstunden, in denen sie Filme schauen oder Stillarbeit erledigen. Unterricht, der Bildungsdefizite ausgleicht. Eine Aufgabe, die so schlicht wie banal erscheint.

Bei den Ergebnissen von Bildungsstudien, die regelmäßig für Entsetzen sorgen, ist das aber keineswegs banal und der Druck entsprechend hoch. Insofern ist es ein Mammutprojekt, um das sich Schulministerin Feller und alle, die ihr folgen werden, kümmern müssen.

An einer Tafel ist zu lesen, dass die ersten beiden Unterrichtsstunden ausfallen.

Mit ihrem Handlungskonzept hat Feller bereits viele Maßnahmen auf den Weg gebracht, die kurzfristig helfen. Pensionierte Lehrer kommen zurück in den Dienst, Alltagshelfer entlasten Lehrkräfte, Seiteneinsteiger kommen neu dazu.

Berufsentscheidung auf lange Sicht

Doch es geht auch darum, den Beruf wirklich attraktiv zu machen. Und zwar auf lange Sicht. Das weiß auch die Ministerin, die selbst von einem Marathon spricht. Ein Marathon für Bildungspolitiker, ja. Aber das Berufsleben ist auch ein Marathon, kein Sprint, wie es so schön heißt.

Und all denen, die sich trotz Abordnung und eingeschränkter Teilzeitoptionen für den Job entscheiden und von Herzen gerne unterrichten, sollten das Gefühl bekommen, dass sie nicht direkt ins Burnout laufen. Dass auch sie sich auf einen Marathon einlassen, der anstrengende Phasen mit sich bringt, wie etwa zwei Jahre an einer anderen Schule. Ein Lauf, der aber auch mal Zeit zum Durchatmen lässt. Das würde der nächsten Generation sicher bei der Entscheidung für den Lehrerberuf helfen.

Lehrkräftemangel: "Arbeit attraktiver gestalten"

WDR 5 Morgenecho - Interview 25.05.2024 04:52 Min. Verfügbar bis 25.05.2025 WDR 5


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