Quecksilber-Werte zu hoch: Umwelthilfe verklagt NRW

Stand: 07.12.2022, 17:41 Uhr

In ganz NRW wird laut Deutscher Umwelthilfe der Grenzwert für gesundheitsschädliches Quecksilber in Fischproben überschritten. Hauptursache seien Kohlekraftwerke.

Von Sabine Tenta

Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wird in ganz NRW der gesetzliche Grenzwert für gesundheitsschädliches Quecksilber in Fischproben aus Oberflächengewässern "teils massiv überschritten". Bei Bad Honnef am Rhein sogar um das Elffache, wie die Organisation am Mittwoch mitteilte.

Darum habe die DUH Klage beim OVG Münster gegen die Landesregierung eingereicht. "Die Klage auf sauberes Wasser hat das Ziel, die Natur und die Gesundheit von Menschen und Tieren zu schützen", erklärte die Umwelthilfe. Deutschland und die Bundesländer seien durch das geltende europäische Wasserrecht verpflichtet, die Quecksilberbelastung massiv zu reduzieren.

Die Landesbehörden hätten trotz eines Antrags bislang nicht die nötigen Maßnahmen ergriffen, darum werde jetzt der Klageweg gewählt. Er werde von der internationalen Umweltrechtsorganisation Client Earth unterstützt.

Kohlekraftwerke als Ursache der Vergiftung?

Hauptursache dieser Gewässerbelastung sind laut DUH die Kohlekraftwerke in NRW: "Die größten Emittenten des Schadstoffs Quecksilber in Nordrhein-Westfalen sind Kohlekraftwerke. Über die Luft gelangen die Emissionen dieser Anlagen in Seen und Flüsse und belasten so Tiere, Umwelt und Gesundheit der Menschen." Mit knapp 0,9 Tonnen stamme der überwiegende Anteil der Quecksilberemissionen in NRW aus den drei verbliebenen Braunkohlekraftwerken von RWE.

Quecksilber ist für Tiere und Menschen hochgiftig. Die DUH erklärt: "Es kann vom Organismus schlecht ausgeschieden werden und reichert sich deshalb im Körper an. Quecksilber, das durch Fischverzehr aufgenommen wird, kann das zentrale Nervensystem insbesondere von ungeborenen Kindern schädigen sowie zu irreversiblen Hirnschäden führen."

Bessere Abgasreinigungstechnik sei nötig

Darum fordert die DUH von den Kraftwerksbetreibern als Sofortmaßnahme den Einbau wirksamer Abgasreinigungstechnik. Dadurch ließen sich die Emissionen deutlich minimieren. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, sagte: "Durch die Wiederinbetriebnahme und den Weiterbetrieb alter Kohlekraftwerke in Deutschland als Ersatz von Erdgasverstromung verschärft sich die Situation."

RWE äußerte sich auf WDR-Nachfrage nicht zur verwendeten Abgasreinigungstechnik, teilte aber mit: "RWE hält alle Grenzwerte, auch die für Quecksilber, sicher ein."

NRW-Umweltministerium bestätigt Quecksilber-Problematik

NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) sagte dem WDR: "Die DUH spricht eine Belastung an, die in NRW historisch gewachsen ist." Die Quecksilber-Belastung müsse angegangen werden, das hätten auch Gutachten früherer Landesregierungen deutlich gemacht. Der Minister betont: "Es zeigt sich, wie notwendig es ist, den Kohleausstieg zu forcieren und umzusetzen." Die bisherigen Regelungen auf EU- und Bundesebene müssten noch stärker die Reduzierung der Quecksilber-Belastung in den Blick nehmen.

Das Ministerium erläutert weiter, emittiertes Quecksilber verteile sich weltweit in der Atmosphäre, "in Europa ist die Verstromung von Braun- und Steinkohle die wichtigste Emissionsquelle", wie ein Sprecher erklärt. Sie wirke sich durch "diffuse Einträge" auch auf Gewässerorganismen aus.

Auch die Grenzwertüberschreitungen bestätigte das Ministerium: Der Bewirtschaftungsplan für NRW bewerte die Wasserkörper in NRW in Bezug auf Quecksilber als schlecht, "da davon auszugehen ist, dass aufgrund des Eintrags über die Luft und bestehende Vorbelastungen die Grenzwerte für Quecksilber überschritten sind". Es gebe aber auch Messungen, bei denen keine Überschreitungen festgestellt worden seien.

Neue Grenzwerte greifen erst 2025

Zu den Grenzwerten teilt das Ministerium folgendes Detail mit: Die Quecksilber-Emissionsgrenzen richteten sich nach der 2021 novellierten Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz. Sie setzt die europäischen Emissionsbegrenzungen für Kraftwerke und andere Großfeuerungsanlagen in deutsches Recht um.

Mit dieser Novelle seien die Emissionsgrenzen deutlich strenger geworden. Demnach sei nur noch die Hälfte des Ausstoßes erlaubt. Die Umsetzungsfristen laufen laut Ministerium jedoch zum Teil noch bis 2025.

Darum werde Das NRW-Umweltministerium "die Klage der DUH und mögliche Konsequenzen nun sorgfältig prüfen".

Problem seit Jahren bekannt

Die Quecksilber-Problematik ist in der NRW-Landespolitik kein neues Phänomen. Bereits 2016 hatte der damalige Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) eine Studie zur "Quecksilber-Minderungsstrategie für Nordrhein-Westfalen" vorgestellt.

Über dieses Thema berichtet der WDR am 7.12.2022 unter anderem im Hörfunk in der Sendung Westblick ab 17.05 Uhr.

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