AfD-Fraktion im Landtag bei der Sitzung am 24.01.2024

Landtagsdebatte über Rechtsextremismus: Dank an Demonstranten, Rüge für die AfD

Stand: 24.01.2024, 12:23 Uhr

Nach Berichten über die Nähe der AfD zu Rechtsextremisten und deren Vertreibungsplänen hat der Landtag über den Umgang mit der AfD und den Rechtsextremismus debattiert.

Von Christoph Ullrich Christoph Ullrich

Die Debatte war nach den vergangenen zwei Wochen erwartet worden. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte in seiner Rede, "wenn führende Köpfe einer Partei rechtsextrem sind, wenn sie Nazis sind, dann darf man sie auch als solche bezeichnen". Damit begründete er seine zuletzt getätigte Äußerung, die AfD sei eine "Nazi-Partei". Unter anderem von CDU-Bundeschef Merz war er dafür kritisiert worden, im Landtag gab es für die Äußerung jedoch größeren Applaus.

"Großes Dankeschön an die Demonstranten"

In der Bewertung der Demonstrationen gegen die AfD waren sich alle Parteien einig - von der AfD selbst abgesehen. Beispielhaft dafür sagte FDP-Fraktionschef Henning Höne, dass diese Debatte "vor allem ein großes Dankeschön an die zahlreichen Demonstranten ist". CDU-Amtskollege Thorsten Schick ergänzte, hinter den Demonstrationen "steckt kein Plan, keine Organisation".

Diese Aussage löste bei der AfD Gelächter aus. Einen Tag zuvor hatte die AfD-Fraktion in einer Pressekonferenz unter anderem davon gesprochen, bei den Demonstrationen handele es sich um ein "orchestriertes Meinungskartell" von CDU, SPD, FDP und Grünen.

"Die Hunderttausenden Demonstranten erwarten allerdings Lösungen von der Politik", so Schick weiter. Genau hier übte SPD-Fraktionschef Jochen Ott Kritik in Richtung der CDU und ihrem Ministerpräsidenten Hendrik Wüst. Dieser fordere eine Allianz der Mitte, aber es gebe kaum Antworten von ihm, wenn man ihm Angebote für politische Gespräche mache, sagte Fraktionschef Ott. "Verantwortung bedeutet auch, sich den Problemen zu stellen!" Als Beispiel nannte er die Demos der Wohlfahrtsverbände, wo Wüst bisher nicht das Gespräch gesucht habe.

Wüst sagte dazu in Richtung des Oppositionsführers, es schade dem Zusammenhalt, wenn man jetzt andere gegeneinander ausspiele. Auf den konkreten Vorwurf ging Wüst jedoch nicht ein. "Politische Ränder werden immer dann groß, wenn die politische Mitte Lösungen für Probleme nicht zustande bekommt", sagte Wüst.

Forderung nach IB-Verbot

Auch FDP-Fraktionschef Henning Höne warnte, dass die Parteien vor großen Herausforderungen stünden. "Manchmal glaube ich, dass der Wert des politischen Kompromisses abgenommen hat." Man könne aber nun nicht Extremismus mit Extremismus bekämpfen, so Höne.

Der FDP-Mann sagte weiter, man müsse die Treffen wie in Potsdam mit "kühlem Kopf" einordnen. Zwar habe die AfD keine Machtoption, um ihre Pläne umzusetzen. Aber Höne verwies auf die Mitte-Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Demnach habe die Zahl der Menschen mit rechtsextremistischen Einstellungen zugenommen - von zwei auf acht Prozent. Das liege auch daran, dass mit der "AfD der parlamentarische Arm des Faschismus" in deutschen Parlamenten sitze.

Auch ein Verbot der sogenannten Identitären Bewegung (IB) wurde ins Spiel gebracht. Dieses forderte SPD-Mann Ott. Die AfD hat zwar einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der als rechtsextremistisch eingestuften Vereinigung. Allerdings wird dieser seit Jahren von teilweise ranghohen AfD-Funktionären unterlaufen. Bei dem kritisierten Treffen in Potsdam war unter anderem die Galionsfigur der Bewegung, Martin Sellner, dabei.

Auseinandersetzung werde Jahrzehnte dauern

Verena Schäffer von den Grünen warnte davor, zuviel von einem möglichen AfD-Verbot oder dem Entzug der staatlichen Parteienfinanzierung zu erwarten. Man dürfe sich weder auf diesen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten noch auf den Demos ausruhen, betonte die grüne Fraktionschefin. "Die Auseinandersetzung mit rechtsextremer, völkischer und national-chauvinistischer Ideologie wird uns noch Jahre und Jahrzehnte beschäftigen", so Schäffer.

Nicht ans Mikro ging der Chef der AfD in NRW - Martin Vincentz. Die Partei schickte seinen innenpolitischen Sprecher Markus Wagner vor. Dieser sprach "von Ablenken von den eigentlichen Problemen". Er sehe nicht ein, seine Partei gegen diese "Propagandakampagne" zu verteidigen.

AfD-Redner kassiert Rüge von Landtagspräsident

Es sei "vollkommener Schwachsinn, dass wir massenhaft Leute fremder Herkunft deportieren wollen", so Wagner. Er verwies dabei auf AfD-Mitglieder wie seinen eigenen Sohn, die einen Migrationshintergrund hätten. Wagner sagte, mit der Äußerung, die AfD sei eine "Nazi-Partei", verharmlose Hendrik Wüst den Holocaust.

Für Wagners Äußerungen, dass man die Grüne Parteichefin Ricarda Lang nicht mehr "durchfüttern solle", wurde Wagner von Landtagspräsident André Kuper wegen unparlamentarischer Rede gerügt.

Der braune Kern der AfD

WDR RheinBlick 26.01.2024 41:25 Min. Verfügbar bis 24.01.2029 WDR Online


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