Oberverwaltungsgericht

Verfassungsbeschwerde: OVG wohl noch lange ohne neuen Chef

Stand: 27.03.2024, 14:39 Uhr

Das Oberverwaltungsgericht NRW ist seit Jahren ohne Präsidenten. Die Suche schien endlich beendet. Doch ein weiterer Rechtsstreit verhindert jetzt die Besetzung. 

Von Philipp Raillon

Erst vor wenigen Wochen schien die langjährige Suche nach einem neuen Chef für das Oberverwaltungsgericht NRW beendet: Das OVG selbst hatte Anfang März in einem Rechtsstreit um das Bewerbungsverfahren dem Land Recht gegeben. Demnach habe NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) seine bevorzugte Bewerberin auswählen dürfen. Bei der Besetzung geht es um den Posten des höchsten Verwaltungsrichters des Landes.

Unterlegener Bewerber legt Beschwerde ein

Doch einer der unterlegenen Bewerber will nach WDR-Informationen nicht klein beigeben. Er hat Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Damit will er den Beschluss des OVGs von Anfang März überprüfen lassen.

Oberverwaltungsgericht vorerst ohne neuen Chef

WDR Studios NRW 27.03.2024 00:53 Min. Verfügbar bis 27.03.2026 WDR Online


Konkret dürfte es dabei um eine eidesstattliche Versicherung dieses Bewerbers gehen. Darin hat er versichert, dass ihm von einem CDU-Bundestagsabgeordneten sowie der Landesregierung ein Rückzug seiner Bewerbung nahegelegt wurde. Doch mit dieser eidesstattlichen Versicherung, die eine mögliche politische Einflussnahme nahelegen kann, hat sich das OVG in seinem Beschluss nur oberflächlich beschäftigt. 

Das dürfte einer der Hauptansatzpunkte für die Verfassungsbeschwerde beim Gericht in Karlsruhe sein. Die Frage ist, ob der Anspruch des Mitbewerbers auf rechtliches Gehör verletzt wurde.

OVG wohl noch viele Monate ohne Präsidenten

Benjamin Limbach (Bündnis 90/Die Grünen), NRW-Justizminister

Benjamin Limbach (Grüne), NRW-Justizminister

Bis die Verfassungsrichter in Karlsruhe eine Entscheidung über die Beschwerde treffen dürften Monate oder sogar Jahre vergehen. Die Landesregierung hat nach WDR-Informationen zugesichert, bis dahin keinen der Bewerber zum OVG-Präsidenten zu ernennen. Das ist soweit das normale Prozedere bei einem Rechtsstreit um einen Richter- oder Beamtenposten. 

Es bedeutet für die OVG-Richter in Münster aber auch, dass dieses noch viele weitere Monate auf einen neuen Chef warten müssen. Dort wird die Arbeit derweil vom Vize-Präsidenten kommissarisch übernommen.

FDP: "Schaden ist immens"

Die Verfassungsbeschwerde unterstreiche "die gravierenden Bedenken, die wir als FDP-Landtagsfraktion seit Beginn dieses Prozesses geäußert haben", erklärte Werner Pfeil, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, gegenüber dem WDR. Die Zusicherung der Landesregierung, erstmal keinen der Bewerber zu ernennen, bezeichnete er als "Schritt in die richtige Richtung".

Aber: "Der Schaden, den NRW-Justizminister Limbach angerichtet hat, ist immens", so Pfeil weiter. "Wir fordern erneut eine vollständige und umfassende Aufklärung der Vorgänge um die Stellenbesetzung." Es gehe hier nicht nur um die Besetzung einer einzelnen Position, sondern um das Vertrauen in die Integrität und Unabhängigkeit des Justizsystems.

Kritik auch an Nathanael Liminski

Die SPD sieht nicht nur Justizminister Limbach und die Justiz beschädigt, sondern auch die Staatskanzlei: "Entgegen dem vorgesehenen Auswahlverfahren haben der Chef der Staatskanzlei Nathanael Liminski und der Justiziar der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ansgar Heveling ihre Hände mit im Spiel gehabt.", so Elisabeth Müller-Witt, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion. Sie findet, dass verloren gegangens Vertrauen zurückgewonnen werde müsse: "Für uns ist Herr Limbach dabei aber nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems."

Grüne wollen weiter abwarten

Die Grünen kommentierten den Vorgang, der ihren Justizminister nun vermutlich noch länger beschäftigen wird, nur knapp: "Es bleibt allen von dem OVG-Beschluss Betroffenen unbenommen, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, um die Entscheidung auf spezifische Grundrechtsverletzungen überprüfen zu lassen. Das weitere Verfahren bleibt abzuwarten", teilte Dagmar Hanses mit, rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion.

Über das Thema berichten wir unter anderem auch in unseren Hörfunk- und Fernsehnachrichten "WDR Aktuell" am 27.03.24.

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