Junge Menschen sitzen auf einer Wiese und inhalieren Lachgas

Lachgas: Politiker fordern Verbot der Party-Droge

Stand: 23.05.2024, 21:47 Uhr

Lachgas ist als Droge bei jungen Menschen beliebt. Es ist legal zu bekommen. Harmlos ist es aber nicht. Jetzt wird die Politik aktiv. Fragen und Antworten.

Von Andreas Poulakos, Jörn Seidel und Lucie Jäckels

Der Konsum von Lachgas als Party-Droge ist vor allem unter jungen Menschen weit verbreitet. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Unionsfraktion im Bundestag drängen auf strengere Regeln. Die niedersächsiche Landersregierung plant nun eine Bundesratsinitiative. In Wuppertal hat kürzlich ein breits Parteienbündnis das Bundesfamilienministerium zum Handeln aufgefordert.

In Großbritannien ist der Besitz von Lachgas seit Ende 2023 illegal. Dort und in den Niederlanden ist Lachgas als Droge eingestuft. Auch die Schweiz und Dänemark haben strenge Vorgaben. Was ist das für ein Stoff und wie wird er eingenommen? Welche Gefahren sind mit dem Konsum verbunden? Und warum ist ein Verbot nur schwer umzusetzen? Ein Überblick.

Was ist Lachgas?

Das farblose Gas mit dem chemischen Namen Distickstoffmonoxid wird in vielen Bereichen verwendet. Es dient zum Beispiel als Treibgas in Spraydosen und Luftballons sowie in Kartuschen für Sprühsahne - und ist damit problemlos in vielen Supermärkten und Kiosken zu bekommen.

Auch in der Medizin wird Lachgas eingesetzt: zum Beispiel als Narkosemittel beim Zahnarzt oder in der Geburtshilfe. Wegen seiner euphorisierenden Wirkung ist Lachgas schon seit Langem auch als Droge bekannt. Sogenannte Lachgas-Partys wurden in England bereits im 19. Jahrhundert gefeiert.

Wie wirkt Lachgas und wie wird es eingenommen?

Konsumiert wird Lachgas vor allem aus gefüllten Luftballons. Nicht zu verwechseln ist das Gas übrigens mit Helium in Luftballons, das nach Inhalation die Stimme erhöht.

Lachgas als neue Spaßdroge

Kick mit Fruchtaroma

Beim Inhalieren von Lachgas kommt es zu einem kurzen, aber intensiven Rausch. Viele Konsumenten berichten über ein angenehmes Kribbeln und verstärkte Sinneseindrücke, die Wirkung hält etwa 30 Sekunden bis maximal einige Minuten an. Oft bleibt es nicht bei einem Ballon, starke Konsumenten verbrauchen an einem Tag mehrere oder sogar viele davon.

Manche User inhalieren das Gas auch direkt aus Sahne-Kartuschen. Allerdings kann Lachgas unter hohem Druck zu schweren Erfrierungen führen. Daher ist diese Form des Konsums besonders gefährlich.

Was sind die Risiken und Nebenwirkungen?

Haftbefehl live beim Autokultur-Konzert auf dem Schützenplatz in Hannover am 28.06.2020

Rapper "Haftbefehl"

Was Lachgas in hohen Dosen anrichten kann, konnten Besucher eines Konzerts des Rappers "Haftbefehl" vor zwei Jahren live miterleben. Der Musiker taumelte über die Bühne, verlor immer wieder das Gleichgewicht und wirkte maximal verwirrt. Das Konzert wurde abgebrochen.

"Das Gas macht einen komplett zum Zombie." Rapper "Haftbefehl" bei RTL

Vor seinem Entzug habe er manchmal Dutzende Kartuschen am Tag konsumiert. Inzwischen setzt sich der Rapper für ein Verkaufsverbot ein.

Häufige Nebenwirkungen beim Konsum kleiner Mengen sind Schwindel, Benommenheit und Kopfschmerzen. Laut European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction kann es auch zu Übelkeit und Ohnmacht sowie zu einem vorübergehenden Verlust der Orientierung kommen. Bei der Inhalation kann es passieren, dass das Hirn vorübergehend nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Empfindliche Personen können darauf mit Krämpfen reagieren.

Während die Symptome in den meisten Fällen schnell wieder nachlassen, kann Dauerkonsum zu schweren neurologischen Störungen führen. Laut EMCDDA (Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht) kann zu es chronischem Kribbeln oder Prickeln in Händen, Armen, Beinen oder Füßen kommen.

Der Grund ist eine Schädigung der sensorischen Nerven, die für die Übertragung von Empfindungen verantwortlich sind. Wenn Nerven betroffen sind, die für die Kontrolle der Muskeln verantwortlich sind, können im Extremfall sogar dauerhafte Lähmungen die Folge sein.

Prof. Dr. Volker Limmroth Chefarzt der Klinik für Neurologie Köln-Merheim der Kliniken Köln

Chefarzt Volker Limmroth

Seine Lachgas-Patienten könnten häufig die Beine schlecht bewegen, berichtet Volker Limmroth, Chefarzt der Klinik für Neurologie Köln-Merheim dem WDR. Das reiche "bis zum kompletten Verlust der Gehfähigkeit". Ein Patient habe von seinen Angehörigen in die Notaufnahme reingetragen werden müssen, erinnert sich Limmroth.

Man müsse dringend mehr über die Risiken von Lachgas aufklären, forderte die Deutsche Gesellschaft für Neurologie im März. Denn:

"Es gilt als vermeintlich risikoarm, da die Wirkung bereits nach wenigen Minuten nachlässt - doch das ist ein massiver Trugschluss!" Deutsche Gesellschaft für Neurologie über Lachgas

Je früher eine Therapie begonnen werden kann, desto größer seien die Chancen, dass keine Langzeitschäden bleiben, so der Ärzteverband.

Wie verbreitet ist der Konsum in NRW?

Weil der Besitz und der Konsum von Lachgas nicht strafrechtlich verfolgt wird, gibt es kaum aussagefähige Daten darüber, wie viele Menschen den Stoff konsumieren. Allerdings deuten Zahlen des Landeskriminalamts NRW (LKA) darauf hin, dass der Missbrauch zunimmt. Während im Jahr 2021 nur 68 Fälle polizeibekannt wurden, heißt es im "Lagebild Rauschgiftkriminalität 2022", die Zahl sei ein Jahr später bereits auf 215 Fälle gestiegen.

Die Dunkelziffer dürfte erheblich höher liegen, zumal der Konsum immer beliebter zu werden scheint. Chefarzt Limmroth berichtet, dass seine Klinik in Köln seit September etwa jede Woche einen Patienten oder eine Patientin aufnimmt, der oder die zu viel Lachgas konsumiert hat.

Warum wird Lachgas in Deutschland nicht verboten?

Lachgas komplett zu verbieten, könnte schwierig sein, weil für die Nutzung als Treibgas eine gleichwertige Alternative gefunden werden müsste.

Den Überlegungen der niedersächsischen Landesregierung zufolge könnte Lachgas in das so bezeichnete Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz aufgenommen werden, wie ein Ministeriumssprecher erläuterte. Mit dem Gesetz sollen vor allem junge Menschen vor neuen, synthetisch hergestellten Designer-Drogen, sogenannten Legal Highs, geschützt werden.

Unsere Quellen:

Lachgas: Legal, aber gefährlich

Y-Kollektiv Folge 21 28.05.2024 22:41 Min. UT Verfügbar bis 29.04.2026 ARD Online Von Carolin von Groeben und Joshua Werner