Kiebitz: Der Kampf um den Vogel
02:44 Min.. Verfügbar bis 20.04.2026.
Artenschutz: Wie Ökologen und Bauern für den Kiebitz in NRW kämpfen
Stand: 20.04.2024, 05:51 Uhr
Früher gab es ihn auf fast jedem Feld. Heute ist der Kiebitz in Deutschland stark gefährdet. Schuld ist vor allem der Mensch. Ökologen, Landwirte und Spaziergänger können den Vogel des Jahres gemeinsam schützen.
Von Lucie Jäckels
"Kiwitt, kiwitt! Kiwitt, kiwitt!" - Immer wieder durchbricht der Ruf des Kiebitzes die Stille im Naturschutzgebiet Ahsewiesen im Lippetal. Mehrere Brutpaare kann Ökologe Christian Härting mittlerweile in jedem Frühling durchs Fernglas beobachten. Was vor ein paar Jahren noch ein alter Acker war, hat er mit der Biologischen Station Soest in ein geschütztes Vogelparadies umgewandelt.
Solche nassen Wiesenflächen sind wichtig für den Kiebitz, denn deutschlandweit gilt der Vogel des Jahres 2024 als stark gefährdet, sagt Härting: "Der Kiebitz mag weite Wiesen, auf denen Wasser steht und die erst spät im Jahr gemäht werden. Das bietet Nahrung und Schutz vor Fressfeinden wie dem Fuchs."
Christian Härting, Ökonom bei der Biologischen Station Soest
So Kiebitze erkennen und schützen
Erkennen kann man den Kiebitz an seinem auffälligen Federschopf am Kopf, dem markanten "Kiwitt"-Ruf und seinen spektakulären Sturzflügen. Er brütet am Boden und weil er nicht mehr genügend Wiesenflächen findet, weicht er auch auf Ackerböden aus. Dort werden Landwirte unabsichtlich zur Gefahr für seine gut getarnten Nester.
Kiebitz-Nester: gut versteckt und leicht zu übersehen
Christian Härting von der Biologischen Station Soest sucht deshalb zusammen mit Ehrenamtlichen ab März nach brütenden Kiebitzen auf den Ackerfeldern in der Region. Finden sie welche, werden die Nester mit rot-weißen Fähnchen markiert. "Diese Nester zu finden ist sehr zeitintensiv. Wir wollen es den Landwirten leicht machen, sie zu sehen, um die Nester so zu schützen."
Landwirte und Artenschützer als gemeinsames Team
Seit Jahren arbeitet er zum Beispiel mit Landwirt Sebastian Linnhoff aus Bad Sassendorf zusammen. Der ist dankbar für die Hilfe der Artenschützer: "Im Frühjahr ist so viel für Landwirte zu tun, da haben wir keine Zeit, Kiebitz-Nester zu suchen. Durch die Fähnchen ist es kein Problem, die Nester bei der Arbeit auf dem Acker zu umfahren oder einen kleinen Schutzkorridor zu bilden."
Landwirt Sebastian Linnhoff aus Bad Sassendorf
Die Zusammenarbeit von Artenschutz und Landwirtschaft geht noch weiter: Bei Nestkontrollen misst Ökologe Härting regelmäßig die Kiebitz-Eier aus. So kann er oft auf den Tag genau den Schlupftermin vorhersagen. Das hilft wiederum Landwirt Linnhoff: "Wenn ich weiß, wann die Küken schlüpfen, kann ich zum Beispiel noch fünf Tage bei dem Feld warten und erst auf einem Acker arbeiten, auf dem keine Kiebitze brüten."
Auch Spaziergänger können beim Kiebitz-Schutz helfen
Im Kleinen zeigt diese Zusammenarbeit von Landwirten und Artenschützern erste Erfolge. Aber deutschlandweit kann man so gerade einmal den jetzigen Bestand des Kiebitzes erhalten, sagt Ökologe Härting. Ein Forschungsprojekt der Uni Göttingen sagt, dass die Landwirtschaft sich grundlegend verändern müsste, um Vögel wie den Kiebitz zu schützen. Es braucht kleinere Felder, die auch mal brach liegen und mehr Abwechslung auf dem Acker.
Auch Spaziergänger können im Frühling beim Schutz des Kiebitzes helfen. Sie sollten nicht auf Ackerflächen rumlaufen, denn Kiebitz-Nester sind leicht zu übersehen. Wem die Vögel häufig an einem Feld auffallen, der kann die Landwirte oder zuständige Biologische Station informieren. Die kommen vorbei, stellen Fähnchen auf und helfen so dabei, dass der Frühling weiter nach "Kiwitt, kiwitt!" klingt.
Über das Thema berichten wir am Samstag ab 18.45 Uhr auch in der Aktuellen Stunde im WDR Fernsehen.
Unsere Quellen:
- Interview Christian Härting, Biologische Station Soest
- Interview Landwirt Sebastian Linnhoff
- Forschungsprojekt Uni Göttingen
- Dachverband Deutscher Avifaunisten
- NABU
- Bundesamt für Naturschutz: Vogelschutzbericht 2019
- Verbreitung Kiebitz Deutschland