Das wahre Leben in zwei Minuten: BeReal

Stand: 26.08.2022, 13:02 Uhr

Die App BeReal will das neue Instagram werden: Das wahre Leben der Freunde sehen statt inszenierter Wirklichkeit und aufgehübschter mit etlichen Filtern. Bei BeReal haben die User nur zwei Minuten Zeit für ihr nächstes Bild. Das kommt an! WDR-Digitalexperte Jörg Schieb über den neuen Trend.

Immer wieder gibt es neue Ideen und Trends, die selbst große Netzwerke wie Facebook, Instagram oder TikTok nicht ignorieren können. Mit BeReal aus Frankreich ist es mal wieder so weit. "Deine Freunde in echt“, versprechen die Macher der App – und die Erfinder des Prinzips. Ein Angriff auf die Künstlichkeit der Influencer und Realitätsverzerrung des ewig Schönen und Tollen auf Instagram.

BeReal kommt aus Frankreich

Die Idee: Wer beim bereits 2019 gestarteten BeReal mitmacht, soll keine Zeit haben für inszenierte Aufnahmen. Einmal am Tag erreicht die User der Aufruf, eine Aufnahme zu machen – und diesem Aufruf müssen sie innerhalb von zwei Minuten nachkommen. So schnell kann sich niemand schminken und elegant positionieren. Es sei denn, er oder sie wartet den ganzen Tag auf den Aufruf.

Nur Gucken geht nicht: Wer die Fotos seiner Freunde sehen will, muss auch selbst Fotos posten | Bildquelle: WDR/Schieb

Nur innerhalb dieses Zeitfensters können die User eine neue Aufnahme online stellen. Die Chance kommt nur einmal am Tag. Alle Nutzer in Europa erhalten den Aufruf zur selben Zeit. Das sorgt für einen magischen Moment, da man sieht, was Freunde zu genau demselben Zeitpunkt gerade gemacht haben.

Front- und Rückkamera kombiniert

Die App kombiniert die Aufnahmen von Front- und Rückkamera. Ein Mix aus Selfie und Beauty Shot. Die Idee: Es sollen Aufnahmen aus dem "richtigen Leben" entstehen. Bei der Arbeit, beim Gassigehen mit dem Hund, beim Umziehen oder Essen...

Es gibt keine Chance zu entrinnen – wenn man denn mitmachen möchte.

Genau zwei Minuten bleiben den Usern, nach einer Benachrichtigung ein Foto zu machen | Bildquelle: WDR/Schieb

Alle Fotos bleiben nur einen Tag online. Filter gibt es bei BeReal nicht, die App hat bislang kaum weitere Funktionen. Eine weitere Besonderheit: Wer die Fotos seiner Freunde und Kontakte sehen möchte, muss auch selbst mitmachen. Nur Angucken geht nicht: Nur wer selbst Fotos postet, sieht auch die Bilder seiner Freunde und kann darauf reagieren.

Noch kein Massenphänomen

Aber was, wenn jemand die magischen zwei Minuten verpasst – in denen alle User posten sollen? Nicht jeder kann am Arbeitsplatz sofort ein Bild machen, im Flugzeug gibt es keinen Empfang und bei der Morgen-Routine möchte man vielleicht keine Aufnahmen machen... Macht nichts: Dann lässt sich eine Aufnahme nachreichen. Die wird dann aber auch markiert, damit alle sehen: Hier hat jemand gegen die Regeln verstoßen.

Die Idee: Sehen, was die Freunde zur selben Zeit treiben | Bildquelle: WDR/Schieb

Noch ist BeReal kein Massenphänomen. Doch die App macht aktuell von sich Reden und findet immer mehr Interessenten. Noch im Januar hatte BeReal weltweit zwei Millionen täglich aktive Nutzer, im Juli waren es bereits 7,9 Millionen.

Angriff auf Instagram

Instagram ist ein Social Network, das gute Ideen in anderen Netzwerken gern und schnell kopiert. So hat Instagram zum Beispiel schon recht früh "Reels“ in sein Programm aufgenommen. Nun testet Instagram offenbar eine Funktion, die dem Konzept von Bereal ähnelt: Das zumindest lässt ein Screenshot vermuten, der von einem italienischen Entwickler auf Twitter gepostet wurde.

Instagram fordert die Benutzer hier auf, an einer "IG Candid Challenges teilzunehmen“ und "jeden Tag eine Benachrichtigung zu erhalten, um ein Foto in zwei Minuten aufzunehmen und zu teilen“. Genau das Grundkonzept von BeReal.

Der Meta-Konzern, der Instagram betreibt, will diesmal offensichtlich keine Zeit verlieren und testet das Potenzial der neuen Funktion bereits aus.

Über den Autor

WDR-Digitalexperte Jörg Schieb | Bildquelle: WDR

Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.