Hunderte bei interreligiösem Friedensgebet in Düsseldorf
Stand: 02.11.2023, 20:14 Uhr
Mit dem gemeinsamen Gebet demonstrierten die großen Religionsgemeinschaften am Donnerstagabend Zusammenhalt in Zeiten des Krieges in Nahost. Vertreter aller Glaubensrichtungen hatten sich vor dem Rathaus versammelt.
Von Peter Hild
Es war eine besondere, andächtige Atmosphäre auf dem Marktplatz vor dem Düsseldorfer Rathaus. Rund 300 Menschen waren gekommen, sprachen Psalme mit und lauschten den Andachten des jüdischen Rabbiners, der beiden großen christlichen Kirchen und des muslimischen Imams.
Schon eine knappe Stunde vor Beginn warteten die ersten auf dem Marktplatz, standen in Kleingruppen zusammen, unterhielten sich leise, viele mit ernsten, betroffenen Gesichtern.
Während der Veranstaltung erklangen Friedenslieder aller großen Religionen, außerdem leuchteten viele Kerzen und Handylichter zu einer Schweigeminute.
Sorge vor einem Weltkrieg
Einer, der schon früh da war, ist Heinz Nillessen aus Düsseldorf. Er sei noch nie auf einer Demonstration gewesen, erzählt er. "Aber als ich von diesem Gebet gehört habe, habe ich mit meiner Frau gesprochen und gesagt, da muss ich heute hin!"
Die Brutalität im aktuellen Nahost-Konflikt sei schon besonders, meint Nillessen, der sich sorgt, ob man vielleicht kurz vor einem Weltkrieg stehe. "Ich hoffe, dass die verschiedenen Gruppen durch solche gemeinsamen Aktionen vielleicht wieder näher zusammenkommen."
Jüdin: "Wir müssen unsere Identität verstecken"
Miel Koenigshaus ist mit zwei Freundinnen da. Die Jüdin ist froh über das gemeinsame Gebet: "Bisher wurden zwar viele schöne Worte gesprochen, aber es wurde kaum etwas getan." Die Juden in Düsseldorf müssten ihre Identität verstecken, erzählt sie, wenn es zu voll in der Stadt sei, trüge sie keinen Davidstern.
"Wie lang muss das noch so sein? Warum müssen wir das tun?", fragt sie mit besorgtem Blick. "Die Gebete so wie heute Abend geben uns viel Kraft. Schreien und Schimpfen bringen uns nicht weiter. Wir wollen uns in friedlicher und zivilisierter Weise äußern", betont Koenigshaus, die trotzdem viel Wut in sich spürt nach den Anschlägen der Hamas. Sie wolle gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde die Friedensgebete fortsetzen.
Mehr gemeinsam, als die Klischees vermuten lassen?
Der ehemalige Düsseldorfer Polizeipräsident Michael Dybowski hat das interreligiöse Gebet still mitten in der Menge verfolgt, stets die Hände verschränkt. "Es war mir ein persönliches Anliegen, heute zu kommen", sagt er. Er ist katholischer Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Düsseldorf.
"Durch gemeinsame Veranstaltungen stellen die Menschen verschiedener Religionen vielleicht fest, dass sie mehr gemeinsam haben, als man landläufig denkt", formuliert er seine Hoffnung. So könnten Menschen in diesen Zeiten dann auch wirklich zusammenhalten.
Teddybären als Symbol für entführte Kinder
Bereits am Donnerstagmittag hatte die Jüdische Gemeinde rund 30 weiße Teddybären für mehrere Stunden mitten auf dem Marktplatz platziert, ihre Augen mit schwarzen Tüchern verbunden, auf ihre Bäuchen geklebte Fotos einiger von der der Hamas entführten Kinder, um ihrer zu gedenken.