Hurra, sie ist da! Die Einigung der Ampel im Haushaltsstreit
Aktuelle Stunde. 13.12.2023. UT. Verfügbar bis 13.12.2025. WDR. Von Nils Rode.
Tanken, Heizen, Fliegen: Wie sich die Ampel-Beschlüsse auf Verbraucher auswirken
Stand: 13.12.2023, 19:50 Uhr
Nach langem Ringen hat die Bundesregierung den Streit ums Geld gelöst. Herausgekommen sind spürbare Belastungen für viele Bürger. 2024 dürfte es an mehreren Stellen teurer werden.
Von Christian Wolf
Wochenlang wurde darüber gerätselt, wie die Ampel-Regierung auf das milliardenschwere Loch im Haushalt reagiert. Wird die Schuldenbremse gelockert oder ausgesetzt? Gibt es Steuererhöhungen? Wo drohen Kürzungen? Die Ungewissheit, wie es finanziell weitergeht, ärgerte viele Menschen und stürzte die Ampel in eine schwere Krise.
Am Mittwoch wurde nun endlich eine Lösung präsentiert. So soll die Schuldenbremse 2024 eingehalten und an Zukunftsinvestitionen festhalten werden. Das Geld dafür soll über massive Einsparungen und höhere Einnahmen reinkommen. Zwar sind viele Details noch offen, aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass es im Alltag für viele Menschen teurer wird.
Heizen
Heizen mit Gas und Öl wird vermutlich teurer
Wer mit Gas oder Öl heizt, wird im kommenden Jahr voraussichtlich mehr zahlen müssen. Denn der CO2-Preis wird stärker angehoben als bislang geplant. Er wird auf jede Tonne ausgestoßenes CO2 fällig und soll dafür sorgen, dass "dreckige" Energien durch höhere Preise nach und nach unattraktiver werden. Derzeit beträgt der Preis 30 Euro pro Tonne. Ab 2024 soll er nun bei 45 Euro statt der bislang geplanten 40 Euro liegen. Die Große Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die 45 Euro bereits beschlossen gehabt, doch die Ampel bremste die Steigerung wegen der Energiekrise. Nun nimmt sie das wiederum zurück und die 45 Euro pro Tonne kommen doch ab 2024.
Das Vergleichsportal Check24 hat durchgerechnet, was das für einen Musterhaushalt mit Gasheizung und einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden bedeutet. Die Mehrkosten liegen demnach bei rund 20 Euro pro Jahr. Hinzu kommen 40 Euro, die sowie schon durch den höheren CO2-Preis fällig geworden wären. Insgesamt wird für den Musterhaushalt mit 370 Euro beziehungsweise 17 Prozent höheren Gaskosten in 2024 gerechnet. Denn: Auch der zuletzt reduzierte Mehrwertsteuersatz wird ab März wieder auf dem normalen Niveau liegen. Dieser Schritt war bereits beschlossen worden.
Auch auf das Heizöl gilt der höhere CO2-Preis. Das Vergleichsportal Verivox geht für den Anstieg von 30 auf 45 Euro je Tonne Kohlendioxid von jährlichen Mehrkosten in Höhe von 96 Euro aus für einen Musterhaushalt mit 20.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch.
Tanken
Die stärkere Anhebung des CO2-Preises wird sich voraussichtlich auch beim Spritpreis bemerkbar machen. So hat der ADAC ausgerechnet, dass ein Liter Benzin durch die heutigen Beschlüsse um 1,4 Cent verteuert wird. Insgesamt erhöhe sich der Literpreis einschließlich der bereits beschlossenen Anhebung des CO2-Preises von 2023 auf 2024 um rund 4,3 Cent.
Diesel-Fahrer müssen laut dem ADAC mit zusätzlichen 1,6 Cent gegenüber den ursprünglichen Planungen rechnen. Insgesamt dürfte sich der Liter Diesel damit um rund 4,7 Cent gegenüber 2023 verteuern.
Strom
Das Netzentgeld auf der Stromrechnung steigt
Beim Strompreis werden sich Änderungen bei den Netzentgelten bemerkbar machen. Diese sind ein Bestandteil des Strompreises und finanzieren das Stromnetz. Eigentlich sollte es 2024 einen milliardenschweren Zuschuss aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds geben. Doch der fällt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nun weg. Die Folge: Das Netzentgelt auf der Stromrechnung wird steigen.
Die Übertragungsnetzbetreiber haben das am Mittwoch bereits angekündigt. Demnach betragen die finalen Übertragungsnetzentgelte im Jahr 2024 im Mittel 6,43 Cent pro Kilowattstunde. Im laufenden Jahr lagen sie aufgrund des vom Bund gewährten Zuschusses bei 3,12 Cent. Das Unternehmen 50Hertz, ein Betreiber der Stromautobahnen, schätzt, dass es für einen Haushaltskunden mit durchschnittlichem Verbrauch von 3.500 Kilowattstunden im Jahr Mehrkosten von rund 60 Euro geben wird.
Fliegen
Die Deutsche Presse-Agentur meldet, dass die Spitzen der Ampel-Koalition eine Kerosinsteuer für innerdeutsche Flüge anstreben. Bislang ist das im gewerblichen Luftverkehr eingesetzte Kerosin von der Energiesteuer befreit. Das soll sich nun offenbar ändern. Die Folge wären höhere Ticketpreise, wenn die Airlines die Kerosinsteuer an die Kunden weitergeben.
Lebensmittel
Indirekte Auswirkungen bei Lebensmitteln möglich
Indirekt könnten die Ampel-Beschlüsse auch hier Auswirkungen haben. Denn die Einigung über den Bundeshaushalt sieht vor, dass bei Steuervergünstigungen für Land- und Forstwirte gekürzt wird. Aktuell können sich solche Betriebe einen Teil der für ihren Kraftstoffverbrauch gezahlten Energiesteuer auf Antrag zurückerstatten lassen. Außerdem sind land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit. Fällt das weg, könnten sich die höheren Ausgaben am Ende beim Preis für den Kunden bemerkbar machen.
E-Autos
Der Umweltbonus soll früher beendet werden
Wer sich ein E-Auto kaufen will, kann sich bislang über staatliche Prämien freuen. Damit soll der Umstieg vom Verbrenner erleichtert werden. Der eigentliche Plan der Bundesregierung war, den sogenannten Umweltbonus bis Ende 2024 laufen zu lassen. Wirtschaftsminister Robert Habeck kündigte am Mittwoch an, dass die Prämien früher beendet werden. Einen konkreten Zeitpunkt nannte er aber nicht. Bereits gestellte Anträge dürfte das aber nicht betreffen.
Plastik
Die Plastikabgabe könnte an Verbraucher weitergegeben werden
Im Alltag dürfte ein Beschluss nicht direkt zu spüren sein, doch über höhere Preise irgendwann doch bei den Verbrauchern ankommen. Gemeint ist die Plastikabgabe. Bisher zahlte der Bundeshaushalt 1,4 Milliarden Euro für das umweltschädliche Plastik an die EU. Doch damit soll nun Schluss sein.
Die Ampel will, dass die Firmen, die Plastik in Umlauf bringen, nun die Kosten übernehmen und den Bundeshaushalt so entlasten. Die Hersteller von Kunststoffverpackungen und -folien warnen bereits vor einer Mehrbelastung. "Eine Plastikabgabe würde von den Unternehmen an die Verbraucher in Form höherer Produktpreise weitergereicht. Das heißt, die Verbraucher zahlen die Abgabe an der Ladenkasse", sagt Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen.
Verbraucherschützer kritisieren "Schieflage"
Entsprechend ernüchtert reagiert Ramona Pop, Vorständin der Verbraucherzentrale Bundesverband, auf die Beschlüsse. "Gut, dass sich die Bundesregierung auf einen Haushalt 2024 geeinigt hat. Jedoch sehen wir eine Schieflage zulasten der Verbraucher:innen", beklagte sie am Mittwoch. Nach dem Aus für die Energiepreisbremsen kämen weitere Belastungen auf sie zu. Auch WDR-Wirtschaftsexperte Carsten Schabosky sagt: "Verbraucher werden an einigen Punkten auf jeden Fall mehr zahlen müssen."
Ramona Pop von der Verbraucherzentrale Bundesverbandes
So sieht das auch die oppositionelle Union. Sie spricht von einer "massiven Abgabenerhöhungen zu Lasten der Bürger und der Wirtschaft". Das Bundesfinanzministerium weist hingegen darauf hin, dass die Bürger ab Jahresbeginn über die Einkommensteuer parallel um 15 Milliarden Euro entlastet würden.
Unsere Quellen:
- Pressekonferenz von Scholz, Lindner und Habeck am 13.12.2023
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
- Bundesnetzagentur
- Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz