Zwischen Frühlingsgefühlen und schlechtem Klimagewissen

Aktuelle Stunde 21.03.2025 11:16 Min. UT Verfügbar bis 21.03.2027 WDR Von Dorothea Schluttig

Gletschersterben: Wie sich der Klimawandel auf den Rhein auswirkt

Stand: 21.03.2025, 14:52 Uhr

Durch den Klimawandel schmelzen die Gletscher weltweit. Verschwindet das Eis in den Alpen, verändert sich auch der Rhein.

Gletscher auf der ganzen Welt schmelzen immer schneller. Nach Informationen eines am Freitag veröffentlichten Berichts der UNESCO verloren sie in den vergangenen drei Jahren mehr Eis als je zuvor seit Beginn der Messungen. Allein im vergangenen Jahr schmolzen demnach in den 19 Gletscher-Regionen der Welt 450 Milliarden Tonnen an Eismasse.

Gletscherschmelze im Verlauf der Jahrzehnte

Seit den 1980er Jahren bauen sich die Gletscher kaum noch auf

Zum Vergleich: Seit Beginn der Messungen 1975 gingen 9.000 Milliarden Tonnen Eis verloren. "Dies entspricht in etwa einem Eisblock von der Größe Deutschlands mit einer Dicke von 25 Metern", sagte Michael Zemp, Direktor des in der Schweiz ansässigen World Glacier Monitoring Service.

Gletschersterben hat Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft

Diese Entwicklung hat laut Wissenschaftlern drastische Folgen. "Die Erhaltung der Gletscher ist nicht nur eine ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Notwendigkeit. Es ist eine Frage des Überlebens", so Celeste Saulo, Generalsekretärin der Weltwetterorganisation.

Gletscherspalten auf dem Rhonegletscher

Auch der Rhonegletscher in den Alpen verliert an Eismasse

Welche extremen Auswirkungen das Abschmelzen von Gletschern hat, wird sich auch in NRW zeigen. "Die Folgen des Klimawandels haben dramatische Auswirkungen auf das Ökosystem Rhein", sagt Holger Sticht, NRW-Landesvorsitzender des BUND.

Gletscherwasser stabilisiert den Rheinpegel im Sommer

Damit, nämlich, wie genau diese Folgen aussehen, beschäftigt sich die Internationale Kommission für die Hydrologie des Rheingebietes (KHR), der unter anderem Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und des Schweizer Bundesamtes für Umwelt angehören.

"Die Gletscher speichern riesige Mengen Wasser, das im Sommer durch Schmelze in unsere Flüsse gelangt und besonders für den Rhein von großer Bedeutung ist", erklärt Martin Labadz im aktuellen "Gewässerwissen"-Podcast des BfG. Denn gerade in den trockenen Monaten stabilisiere dieser Zufluss aus den Alpen den Wasserpegel der wichtigsten Wasserstraße Deutschlands. Demnach kann dieser Anteil in den Sommermonaten im zweistelligen Prozentbereich liegen.

Weitreichende Folgen für die Wirtschaft

Je kleiner jedoch die Eismasse der Gletscher wird, desto weniger Wasser steht zur Verfügung, das gerade während besonders trockener Phasen im Rhein gebraucht wird. Phasen, in denen der Rheinpegel drastisch fällt, wie beispielsweise in den Sommern 2018 und 2022, könnten somit länger und intensiver werden.

Düsseldorf: Luftaufnahme vom Rhein nach Wochen permanenter Trockenheit

Der Rheinpegel beeinflusst Schifffahrt und Wirtschaft

Die Folgen sind dann in vielen Bereichen zu spüren. Unter anderem ist der Rhein eine wichtige Wasserstraße. Können darauf wegen Niedrigwassers keine Schiffe fahren und Rohstoffe sowie andere Güter transportieren, hat das wiederum Einfluss auf zahlreiche Industriezweige. Nach Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, kostete das Niedrigwasser im Jahr 2018 Deutschland etwa 0,4 Prozent an Wirtschaftsleistung.

Umwelt und Teile des Trinkwassers sind bedroht

Neben der Wirtschaft wirkt sich der Wassermangel im Rhein auch auf die Umwelt aus. "Dauerhaft weniger Wasser im Rhein bedeutet höhere Temperaturen und steigende Schadstoffkonzentrationen", sagt Holger Sticht vom BUND. Das sei nicht nur für die Tierwelt fatal, auch die Trinkwasseraufbereitung werde dadurch beeinträchtigt.

Denn Rheinwasser wird in NRW auch als Trinkwasser genutzt. In den meisten Fällen wird es laut dem NRW-Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) als Uferfiltrat mit Grundwasser gemischt, bevor es - nach der entsprechenden Aufbereitung - in die Leitungen eingespeist wird. Auch diese Ressource wäre bei länger anhaltenden Niedrigwasser bedroht.

Unsere Quellen:

  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP
  • Gespäch mit Martin Labadz vom BfG
  • "Gewässerwissen"-Podcast des BfG
  • Institut für Weltwirtschaft (IfW) Kiel
  • Trinkwasserbericht des LANUV NRW
  • Pressemitteilung des BUND NRW