Parken auf Gehwegen

Urteil zum Parken auf Gehwegen: Anwohner haben mehr Rechte

Stand: 06.06.2024, 21:20 Uhr

Eigentlich dürfen Autofahrer nicht auf Gehwegen parken, viele Behörden dulden es trotzdem. Am Donnerstag hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über eine Klage entschieden: Unter bestimmten Umständen können Anwohner dagegen vorgehen.

Ist nicht genug Platz auf dem Gehweg vor der eigenen Haustür, haben Anwohnerinnen und Anwohner einen Anspruch darauf, dass Städte und Kommunen die Situation vor Ort prüfen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) hat Klägern aus Bremen damit Recht gegeben, die vor fünf Jahren gegen die Mobilitäts- und Innenbehörde der Hansestadt geklagt haben.

Die parkenden Autos müssten allerdings die Nutzung des Gehwegs erheblich einschränken, sagt das BVG, erst dann müssten Städte und Kommunen die Situation prüfen. Was genau "erheblich eingeschränkt" bedeutet, haben die Richter nicht ausgeführt. Außerdem haben Anwohnerinnen und Anwohner nur einen räumlich begrenzten Anspruch auf Prüfung.

Anspruch auf Prüfung nur "vor eigener Haustür" - kein generelles Handeln nötig

Melden sich Betroffene bei der Stadt, wird die nur einen begrenzten Bereich vor der Haustür prüfen. Erst einmal nur den Gehweg auf der Straßenseite der Betroffenen und den auch nur bis zur nächsten Querstraße. Denn danach würden Anwohner allgemeine Gehwegbenutzer sein und würden sich nicht mehr von anderen Verkehrsteilnehmern auf dem Gehweg unterscheiden.

Aus dem Urteil ergibt sich auch kein direkter Handlungsauftrag an Städte und Kommunen - sie müssen also nicht überall Bußgelder ausstellen oder falsch parkende Autos abschleppen. Es würde zum Beispiel ausreichen, wenn "die Kommune mit einem Konzept am stärksten betroffen Straßen priorisiere", sagte der Fachanwalt für Verwaltungsrecht Henning J. Bahr der Deutschen Presse-Agentur.

Verkehrsclub Deutschland und Deutsche Umwelthilfe sehen Städte in der Pflicht

Der Verkehrsclub Deutschland leitet aus dem Urteil eine Forderung ab: ab sofort müssten Städte und Kommunen die Straßenverkehrsordnung durchsetzen - also illegales Gehwegparken konsequent ahnden. Sie sollten außerdem mit einem Mobilitätskonzept Parken effektiver steuern.

Ähnlich sieht das die Deutsche Umwelthilfe. Sie fordert Städte und Kommunen explizit auf, gegen parkende Autos auf Gehwegen ein Bußgeld zu verhängen oder sie abzuschleppen. Würden die Behörden das nicht machen, sollten Betroffene die Verstöße dem zuständigen Amt melden und auf eine Verfolgung der Ordnungswidrigkeit bestehen.

Urteil zum Parken auf Gehwegen: Mehr Rechte für Anwohner

WDR Studios NRW 06.06.2024 00:54 Min. Verfügbar bis 06.06.2026 WDR Online


Bremer Fall ging bis zum Bundesverwaltungsgericht

Fünf Menschen in Bremen wollten die Situation vor ihrer Haustür nicht länger hinnehmen und sind vor Jahren vor Gericht gezogen. Sie sind oder waren Eigentümer von Immobilien in Straßen, in denen viele Autos regelmäßig auf Gehwegen parken. Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht haben sich schon mit dem Fall befasst. Da sind aber sowohl die Kläger als auch die Stadt in Berufung gegangen.

Forderung: Gleichberechtigung der Bedürfnisse des Fußverkehrs

Fuß e.V., die Interessenvertretung der Fußgänger in Deutschland, fordert schon lange, dass die Bedürfnisse des Fußverkehrs gleichberechtigt zu denen von Auto- und Radverkehr behandelt werden. Allerdings sei Gehwegparken auch eine gewisse Nothandlung, weil es nicht genug Platz in den Städten geben würde. Staat und Politik hätten da die Aufgabe für weniger Autoverkehr zu sorgen.

Thorsten Niebuhr vom Fuß e.V. aus Wuppertal spricht von einer Ungerechtigkeit gegenüber Fußgängern, wenn beim Gehwegparken mehr als die Hälfte des Fußwegs blockiert wird: "Wir fordern seit Jahren, dass Fahrzeuge, die den Verkehr behindern, nicht mehr toleriert werden. Wir wünschen uns da mehr Druck vom Gesetzgeber auf die Städte." Dass etwas passieren müsse, sei ganz klar.

Autos sind heute breiter, länger und schwerer

Laut einer Untersuchung des ADAC aus dem Jahr 2021 sind mittlerweile 70 Prozent aller neu zugelassenen Autos inklusive Außenspiegel breiter als zwei Meter. Das kann vor allem in Baustellen zu Problemen führen. Generell sind Autos in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr in die Breite gegangen, im wahrsten Sinne des Wortes. Der Spiegel führt dazu Daten von 2019 an: Demnach sind PKW 22 Zentimeter breiter als noch 1960. Außerdem sind sie im Schnitt 55 Zentimeter länger.

Unsere Quellen:

  • Deutsche Presse-Agentur (dpa)
  • Bundesverwaltungsgericht Leipzig
  • Auswertung des ADAC
  • Spiegel-Bericht
  • Deutsche Umwelthilfe
  • Verkehrsclub Deutschland

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 06.06.2024 auch im Fernsehen: WDR aktuell, 21.45 Uhr.

Kommentare zum Thema

45 Kommentare

  • 45 Bernd 08.06.2024, 11:10 Uhr

    Es sind nicht nur Gehwegparker. In Wohngebieten wird an Kreuzungen im Scheitelpunkt geparkt und ausserhalb der ausgewiesenen Stellflächen. Dazu kommen nicht zurückgeschnittene Hecken oder Müllbehälter. In vielen Neubaugebieten gibt es gar keine Gehwege mehr. Viele Eigentümer wandeln den Garten vor dem Haus in Stellplätze um und entziehen so der Allgemeinheit Parkplätze am Straßenrand. Dort steht dann oft das eigene Auto falls Besuch kommt. Die Garagen sind derweil voll mit alten Möbeln oder sonstigem Zeug. Leider interessiert die Ordnungsämter das alles nicht. Bevor eine solche Umwandlung genehmigt wird, sollte vorher vom Bauamt der Inhalt der Garage geprüft werden.

  • 44 Jörg 08.06.2024, 06:59 Uhr

    Das Parken auf dem Gehweg ist laut StVO grundsätzlich verboten. Leider haben dies viele Verkehrsteilnehmer nach ihrer Führerscheinprüfung vergessen. Da sollten einfach die Strafen erhöht werden. Vor allem dann, wenn andere und insbesondere Rettungsfahrzeuge behindert werden.

  • 43 Random Leser 07.06.2024, 15:02 Uhr

    Hä? Ist es falsch mit einem Rad auf dem Gehweg zu stehen? Ich dachte man müsste so parken. Es geht nur darum wenn Leute ZU weit auf dem Gehweg stehen, richtig?

    Antworten (3)
    • Drucker 08.06.2024, 01:20 Uhr

      Das ist falsch. Gehwegparken, auch nur mit einer Längsseite, kostet ab 55 Euro aufwärts, je nachdem, ob Behinderung, Gefährdung oder Sachbeschädigung hinzukommen. Erlaubt ist es nur dann, wenn es durch das Verkehrszeichen 315 angeordnet ist.

    • Jörg 08.06.2024, 07:00 Uhr

      Ja

    • Jörg 08.06.2024, 07:01 Uhr

      Parken aus dem Gehweg ist laut StVO grundsätzlich verboten, auch mit einem Rad.

  • 42 Frank 07.06.2024, 13:53 Uhr

    Nicht nur Gehwgparken sollte konsequent verfolgt werden. Auch sollten alle Parkplätze auf öffentlichem Grund kostenpflichtig sein. Warum soll die Allgemeinheit dafür zahlen, dass jemand sein Auto abstellen kann? Bei uns stehen z. B. nur Einfamilienhäuser mit Garagen und Einfahrten, die anderweitig genutzt werden, währen die Pkw, Anhänger und Wohnmobile an der Straße parken. Ein bisschen weiter gibt es Tiefgaragen und anmietbare Stellplätze, die alle leer stehen, weil die Anwohner lieber kostenlos an der Straße (und auch auf Gehwegen) parken. Wenn man grundsätzlich fürs Parken zahlen müsste, würden die alle ganz schnell auf ihren eigenen Grundstücken parken. Lösen könnte man das ähnlich wie bei der Bahn mit Tages-, Wochen-, Monats- und Jahrestickets, die man online oder per App kaufen kann.

  • 41 Besserwisser 07.06.2024, 11:45 Uhr

    Übrigens lautet Abkürzung für das Bundesverwaltunggericht: BVerwG

  • 40 ArneMalte 07.06.2024, 11:25 Uhr

    Das Urteil "legalisiert" Gehwegparken durch die Hintertür und ist mehr oder weniger ein ausgestreckter Mittelfinger an alle Fußgänger.

  • 39 Karin 07.06.2024, 11:19 Uhr

    "nur den Gehweg auf der Straßenseite der Betroffenen und den auch nur bis zur nächsten Querstraße. Denn danach würden Anwohner allgemeine Gehwegbenutzer sein und würden sich nicht mehr von anderen Verkehrsteilnehmern auf dem Gehweg unterscheiden." Was genau ist der unterschied? Hier in Frankfurt/M haben Rollstuhlfahrer gar keine Chance mehr. Ich bin heute auf kurzer Strecke 2- mal auf die Straße ausgewichen, weil alle bis vor die Haustüre parken. Manchmal max. 20cm Platz bis zu Mauer . Als Fußgänger bist du das letzte Glied in der Kette.

  • 38 AufgabefürKommunen 07.06.2024, 11:08 Uhr

    Endlich können die Kommunen nicht mehr wegschauen abwimmeln und verniedlichen, sondern können gezwungen werden, "falschparkende Autos" zuverlässig von Gehwegen zu entfernen. Ich freue mich auf die Umsetzung spätestens nach Klagen.

  • 37 Frank 07.06.2024, 09:25 Uhr

    es brauchen die Gesetzte und Regeln die vorhanden sind, nur konsequent umgesetzt werden und entsprechend gehandelt werden.

  • 36 Tinr 07.06.2024, 05:36 Uhr

    In Koblenz zahlst du 55€ auch wenn nur ein Rad auf dem Gehweg ist. Richtig so

  • 35 Ruby 07.06.2024, 05:14 Uhr

    Ich stelle immer wieder fest, dass Autofahrer immer rücksichtsloser werden. Trotz Bußgeld Erhöhung wird bei uns fleißig auf Geh- und Radwegen geparkt, da ja selten einer vom Ordnungsamt vor Ort ist. Da schließe ich mich einem anderen Kommentar an: es gibt anscheinend viele Fußkranke in Deutschland.

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