Eine Hand hält eine Lupe über hölzernen "FAKE"-Buchstaben auf einer Tastatur

Fake News zum Ukraine-Krieg: So können User gefälschte Links erkennen

Stand: 01.09.2022, 12:21 Uhr

Fake News zum Ukraine-Krieg im Layout bekannter Medienhäuser werden immer öfter online verbreitet - um glaubwürdiger zu wirken. Die nachgebauten Seiten sind kaum vom Original zu unterscheiden.

Der Link scheint auf einen Spiegel-Artikel zu leiten - doch dann öffnet sich ein Text, der Russland im Ukraine-Krieg bejubelt: Sogenannte Fake-Links im Erscheinungsbild etablierter deutscher Medien tauchen derzeit immer häufiger auf. Sie sind kaum vom Original zu unterscheiden und werden in den Kommentarspalten sozialer Medien geteilt. Mit solchen Fake-Links sehen sich Community-Manager des WDR zuletzt bei Facebook regelmäßig in den Kommentaren konfrontiert.

Fake-Links werden von Fake-Profilen geteilt

Da wird vor dem Verlust hunderttausender Arbeitsplätze in Deutschland gewarnt und von einer Schule berichtet, die bei dem Versuch, Gas zu sparen, explodiert ist. Oder es wird eine massive Protestwelle für den Herbst prophezeit, auf deren "gewaltsame Unterdrückung" sich die Regierung vorbereitet.

Wo sie nicht wie bei der gewaltsamen Unterdrückung von Demonstrationen ins Absurde abdriften, enthalten die Beiträge hier und da wahre Aspekte wie etwa die Explosion, die es tatsächlich in einer Bremer Schule gab, betten diese aber in völlig neue und unwahre Zusammenhänge ein. Was wahr ist, wird durch Zuspitzung und Übertreibung völlig unkenntlich. Oft stammen solche Kommentare von Fake-Profilen - Accounts auf Social-Media-Plattformen, hinter denen kein realer Mensch steht.

Fälschung ist vom Original kaum zu unterscheiden

"Das erkennen wir daran, dass die Nutzer bei uns vorher noch nie kommentiert haben. Wenn wir uns ihre Profile näher ansehen, weisen die alle Merkmale eines Fake-Profils auf: Sie sind relativ neu, haben keine Freunde und nur ein Titel- und/oder Profilbild", sagt WDR-Community-Manager Calvin Bayer. Die von solchen "Usern" geteilten Artikel als Fake zu entlarven, sei deutlich schwieriger, da sie auf Seiten platziert sind, die vom jeweiligen Original deutscher Medienhäuser kaum zu unterscheiden sind.

"Wir hatten Artikel, die vermeintlich der Bild, dem Spiegel oder T-Online zuzuordnen waren. Dass die Artikel aber nicht von diesen Medien stammen konnten, ließ sich nur am Inhalt und kleinen Details in der Internetadresse oder auf der Seite selbst erkennen", so Bayer. Das sei für viele User schwierig: "Optik, Layout, sogar die aktuellen Einbindungen anderer Artikel stimmen mit dem Original überein", bestätigt WDR-Digitalexperte Jörg Schieb. Sie seien aber trotzdem eine Fälschung.

Wichtig ist, die genaue Adresse des verlinkten Artikels zu überprüfen. Jörg Schieb

Fake-Profile werden geblockt, ihre Kommentare gelöscht

Wird im WDR-Community-Management ein Fake-Profil samt entsprechender Fake-Links identifiziert, werde der "User" umgehend geblockt und der entsprechende Kommentar gelöscht, so Bayer. User können solche fragwürdigen Links aber auch selbst erkennen. Schieb erklärt, wie das geht:

"Wichtig ist, die genaue Adresse (URL) des verlinkten Artikels zu überprüfen. Hier handelt es sich in der Regel um eine Internetadresse, die an die jeweilige Publikation erinnert, aber nicht die Originaladresse ist. Bild.asia oder bild.pics anstatt bild.de, zum Beispiel", so Schieb.

"Bild.asia" ist kein Angebot der Bild-Zeitung, sondern ein Fake-Link

"Bild.asia" ist kein Angebot der Bild-Zeitung, sondern ein Fake-Link.

Das große Problem sei, dass sich solche Domains von jedem reservieren lassen, wenn sie noch frei sind. Erst wenn der Markeninhaber sein Recht darauf einklagt, könnten darüber keine Fake News unter journalistischem Deckmantel mehr geteilt werden. "Es gibt heute derart viele Top Level Domains (.today, .yacht, .pics, .asia …), dass keine Marke alle Domains registriert. Die ungenutzten können von jedem genutzt werden", so der Digitalexperte.

Auch, wenn es unbequem sei: Die verlinkte Internetadresse sollte immer gecheckt werden. "Im Zweifel kann man die Headline bei Google eingeben und '+ spiegel.de' oder '+ bild.de' eingeben, um zu überprüfen, ob es den Artikel überhaupt bei der bekannten Publikation gibt", sagt Schieb. Neben dem "+" führe auch die Suche mit Headline und "site:bild.de" zum Ziel. Erhält man kein Ergebnis, handelt es sich wohl um einen Fake-Link.

Durch das Suggerieren, es handele sich um einen Beitrag eines großen Mediums, soll Glaubwürdigkeit generiert werden. Katharina Nocun

Mögliche Strategie einer organisierten Desinformations-Kampagne

Die Politikwissenschaftlerin Katharina Nocun kennt sich im Spannungsfeld Digitalisierung und Demokratie gut aus und weiß aus der Vergangenheit, dass "solche Strategien auch im Rahmen von organisierten Desinformations-Kampagnen eingesetzt werden" können. Dabei verweist sie auf den US-Wahlkampf 2016, als zahlreiche Falschmeldungen auf Social Media kursierten, die Seiten verlinkt haben, die nach außen hin wie seriöse US-Medien aufgetreten sind, deren Betreiber aber tatsächlich im Ausland saßen und gezielt Falschinformationen verbreitet haben. Die Namen der Webseiten erinnerten oft an real existierende US-Newsportale.

In Anlehnung daran weist Nocun bei den Motiven neben dem etwaigen Generieren von Einnahmen über Online-Werbung auf die Möglichkeit der Einflussnahme hin: "Derartige Strategien können genutzt werden, um die öffentliche Meinung bei einem bestimmten Thema zu beeinflussen. Durch das Suggerieren, es handele sich um einen Beitrag eines großen Mediums, soll Glaubwürdigkeit generiert werden." Falschmeldungen auf Social Media und in den Kommentarspalten von Medien zu melden und zu löschen, sei der richtige Weg.

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