Genozid an Sinti und Roma: NRW gedenkt der Opfer

Stand: 02.08.2022, 10:06 Uhr

Am Dienstag wird der Europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma begangen. Am 2. August 1944 wurden 4.300 Angehörige der Minderheit im KZ Auschwitz-Birkenau von der SS ermordet.

An mehreren Orten in NRW wird am Dienstag der Europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma begangen. In Düsseldorf ist die Gedenkfeier an der Bronzefigur eines kleinen Mädchens des Künstlers Otto Pankok geplant. Die Plastik erinnert an ein Mädchen mit Namen Ehra, das aus Düsseldorf in ein Lager deportiert worden war und überlebt hatte.

Vertreter von Carmen, des Internationalen Kultur- und Sportvereins der Roma in Düsseldorf, wollen mit einer Ansprache, Gedichten und Blumen erinnern. In Dortmund findet um 17 Uhr eine Gedenkveranstaltung und Kunstaktion am Gedenkstein für die ermordeten Sinti und Roma statt. Auch in Minden und Herford sind Veranstaltungen geplant.

500.000 Menschen in Europa ermordet

Der Holocaust-Gedenktag wurde 2015 vom EU-Parlament in Erinnerung an die mehr als 500.000 Roma und Sinti, die im nationalsozialistisch besetzten Europa ermordet wurden, zum Gedenktag erklärt. Er findet immer am 2. August statt.

"In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wurden die letzten 4.300 Angehörigen der Minderheit - Frauen mit ihren Kindern und ältere Menschen - von der SS ins Gas getrieben", sagte Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, dem WDR.

Gefangene leisteten Widerstand

Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma.

Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma.

Eigentlich hatte die SS die "Liquidierung" des Lagers bereits früher geplant, doch die Menschen erfuhren davon und wehrten sich. "Als die SS mit Lkw vorgefahren ist, hat man sich in den Blocks verriegelt", sagte Rose. "Die SS hätte Maschinengewehre aufstellen können und draufschießen, aber zu dem Zeitpunkt umfasste das Gesamtlager rund 100.000 Menschen. Die SS hatte Angst vor einem Aufstand."

Die SS zog sich zurück, sortierte kräftige Männer vor allem mit militärischer Ausbildung aus und transportierte sie in andere Lager. Anschließend wurden die übrigen Menschen in den Gaskammern ermordet.

Antiziganismus weiter ein Problem

Heute sei die Erinnerung "eine Verpflichtung für die Gegenwart. Wir haben heute wieder einen Antiziganismus, der gefährlich ist und sich auch in Formen der Gewalt zeigt", sagte Rose. Es gehe nicht darum, Schuld auf die heutige Generation zu übertragen. "Aber wir müssen den Dingen entgegenwirken: Rassismus, Antiziganismus und Antisemitismus entfalten nur dann ihre Wirkung, wenn ihnen nicht widersprochen wird. Dazu müssen wir unsere Geschichte kennen."

Deutschland verhalte sich "in unseren Augen vorbildhaft im Umgang mit unserer Minderheit. Aber mit Blick auf die EU-Staaten muss ich mit meiner Kritik deutlich werden: Dort gibt es Formen der Apartheid, die wir in Südafrika und anderen Ländern überwunden haben."

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