Ein Mann hält einen Döner in der Hand.

Streit um den Drehspieß: Wann darf ein Döner "Döner" heißen?

Stand: 26.07.2024, 12:18 Uhr

Eine türkische Vereinigung will bei der EU erreichen, dass der Döner als "traditionelle Spezialität" geschützt wird. Jetzt hat sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eingeschaltet - und dagegen Einspruch eingelegt.

Was genau in einen Döner gehört, ist bei den Menschen in Deutschland umstritten. Lieber Hühner- oder Kalbfleisch? Grüner Salat? Mit Gurkenstückchen, Tomaten und Zwiebeln? Knoblauch- oder Cocktailsauce? Oder beides? Und natürlich: scharf oder normal?

Döner Kebab gehört nach Angaben des "Vereins Türkischer Dönerhersteller in Europa" zu den beliebtesten Gerichten der Deutschen. Etwa 400 Tonnen des Grillfleischs vom Spieß, das üblichlicherweise im Fladenbrot serviert wird, werden täglich europaweit produziert. Der Umsatz beträgt 3,5 Milliarden Euro - gut zwei Drittel (2, 4 Milliarden) davon wird in Deutschland erzielt.

Geschützt wie Mozzarella oder Heumilch?

Wenn es nach einer Interessenvereinigung aus der Türkei geht, sollen Döner mit Kalb- oder Hühnerfleisch in Zukunft in der EU nicht mehr unter dem Namen "Döner" verkauft werden. Die "International Döner Federation " (Udofed) hatte vor einiger Zeit bei der Europäischen Union den Antrag eingereicht, den Döner als "garantiert traditionelle Spezialität" schützen zu lassen.

 Dönerspieße drehen sich in einem Imbiss.

Bald geschützt wie Mozzarrella? Dönerspieße in einem Imbiss

Ähnlich wie bei anderen geschützten Spezialitäten wie Mozzarella, Heumilch oder Pizza Napoletana dürfte der Döner nur noch nach einem traditionellem Rezept oder Herstellungsverfahren produziert werden. Falls nicht, dürfte er nicht mehr Döner heißen.

Kalb- und Hühnerfleisch wären Tabu

Bei den Wünschen der Udofed geht es nicht um Qualitätsstandards oder die Beilagen, sondern vor allem um das Fleisch. So gäbe es dann im Döner nur noch Lamm-Fleisch oder das von mindestens 16 Monate alten Rindern. Die ausschließlich per Hand abgeschnittenen Streifen müssten eine Dicke von zwei bis fünf Millimetern haben, die exakte Garzeit wird vorgegeben, die Marinade ebenfalls.

Bundesministerium schaltet sich ein

Beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft habe man den Vorstoß "mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen", so ein Sprecher am Mittwochabend. Deutschland lehne den Vorschlag ab. Die türkischen Vorgaben entsprächen nicht den Standards der deutschen Gastronomie. Das war heute auch Thema im WDR-Nachrichtenpodcast "0630".

Wirtschaftliche Schäden befürchtet

Sollte der Döner geschützt werden, sei "ein Eingriff in den deutschen Markt mit spürbaren wirtschaftlichen Auswirkungen zu erwarten", erklärte das Ministerium. Döner, wie er in Deutschland hergestellt und verkauft wird, sei nicht nur sehr beliebt, "sondern für viele Bürgerinnen und Bürger unseres Landes auch eine einträgliche Einnahmequelle".

Im Einklang mit den vorgesehenen EU-Verfahren habe Deutschland Einspruch bei der EU-Kommission eingelegt. Die Brüsseler Behörde prüfe dies nun und leite gegebenenfalls ein "Konsultationsverfahren" ein. In diesem Rahmen müssten sich Deutschland und die Türkei dann einigen.

Läden würden Döner wohl einfach umbenennen

Sollte es wirklich zum Schutz des Begriffs "Döner" kommen, würden wohl die allerwenigsten Restaurant-Betreiber in Deutschland ihr Produkt ändern. Geändert würde vermutlich meistens der Name, etwa in "Drehspieß-Fleisch" oder "Schawarma" - einem arabischen Fleischgericht, das dem Döner ähnelt.

Wer die geistigen Eigentumsrechte am Döner halten könnte, ist übrigens nicht ganz sicher. Klar ist: Den Döner im Fladenbrot gab es in der Türkei bereits in den 1960er-Jahren. Dort war er aber nie so beliebt wie in Deutschland, wo ihn türkische Einwanderer etablierten und er in verschiedenen Varianten seinen Siegeszug antrat.

Genaue Herkunft des Döners unklar

Wer genau als Erster die Idee mit dem senkrechten Dönerspieß hatte, ist umstritten. Einer der Ersten war Iskender Iskenderoglu aus dem türkischen Bursa. Früher waren Lammfleisch-Spieße waagerecht gegrillt worden. Die senkrechte Variante hat Vorteile: So entsteht kein Rauch durch Fleisch- und Fettstücke, die in die Glut fallen; zudem wird das Fleisch schonender gegrillt.

Unklar ist auch, wer den ersten Döner in Deutschland verkaufte. Einer der Menschen, die das für sich beanspruchen, ist der pensionierte Küchenchef Nevzat Salim aus Ulm. Er verkaufte 1969 als 17-Jähriger Dönerfleisch im Brötchen auf einem Straßenfest. Die Idee kam vom Türkischen Arbeitnehmerverein.

Steinmeier nimmt Dönerspieß mit in die Türkei

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (rechts) schneidet unter Anleitung Döner.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (rechts) schneidet unter Anleitung Döner.

Der deutsche Döner hatte im April bereits zu diplomatischen Verstimmungen geführt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war mit einem Dönerspieß aus Berlin im Gepäck zum Staatsbesuch in die Türkei gereist. Die Geste war als Würdigung der Lebensleistung türkischer Migranten in Deutschland gedacht, kam in der Türkei jedoch nicht bei allen gut an.

Unsere Quellen:

  • Nachrichtenagentur afpd
  • Verein Türkischer Dönerhersteller in Europa
  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
  • WDR-Sendung "Neugier genügt"