Zahlen mit dem "digitalen Euro" - wie funktioniert das?

Stand: 28.06.2023, 17:24 Uhr

Der "digitale Euro" rückt näher: Bargeldlos bezahlen, sogar ohne Internetverbindung - das ist die Idee, für die die EU-Kommission nun einen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Wie soll das gehen? Fragen und Antworten.

Von Nina Magoley

Deutschland ist Bargeldland: In kaum einem Land wird noch so viel mit Münzen und Scheinen bezahlt, wie hierzulande. Das soll sich ändern. Die EU-Kommission hat am Mittwoch einen Gesetzesvorschlag zur Einführung des "digitalen Euro" präsentiert.

Was ist der "digitale Euro"?

Ein Art digitales Bargeld, das nicht auf einem Bankkonto, sondern in einer digitalen Geldbörse aufbewahrt wird - einem sogenannten Wallet. Das kann zum Beispiel ein Smartphone sein.

Privatpersonen und Unternehmen könnten mit dem digitalen Euro jederzeit und überall im Euroraum bezahlen, versichert die EU-Kommission. Ein wichtiger Vorteil: Er soll sowohl online als auch offline genutzt werden können. Zahlungen sollen also auch ohne Internetverbindung möglich sein.

Welchen Vorteil soll der digitale Euro bringen?

Die EU will damit ein sicheres Zahlungsmittel schaffen, das im gesamten Euroraum eingesetzt werden kann - unabhängig davon, wo man sich gerade befindet, welche Bank oder welchen Zahlungsdienstleister man nutzt. Er soll auch ohne eigenes Bankkonto nutzbar sein. Es kann sofort Geld gesendet und empfangen werden, rund um die Uhr. Auch, wenn gerade kein Internet zur Verfügung steht - eine Vorteil in Gebieten mit schlechter Internetabdeckung oder häufigen Stromausfällen, aber auch in Tiefgaragen.

Europa brauche eine digitale Zahlungsmethode, mit der man "nicht abhängig ist von amerikanischen Konzernen", sagt WDR-Digitalexperte Jörg Schieb. Derzeit führen die Unternehmen Googlepay, Apple Pay und Paypal den Markt an, "und das ist nicht gesund für eine Ökonomie", so Schieb: Die Unternehmen lassen sich in Europa nicht kontrollieren, sie zahlen hierzulande keine Steuern, und für Verbraucher fallen Gebühren an.

Wie funktioniert das Ganze?

Ausgegeben wird der digitale Euro von der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken der EU-Mitgliedstaaten. Bei Online-Zahlungen soll es von der Handhabung her keinen Unterschied geben zu den bereits bestehenden elektronischen Sofortzahlungssystemen wie Paypal oder Apple Pay.

Für Offline-Zahlungen müssen Nutzer zuvor digitale Euros auf ihrem Gerät - zum Beispiel dem Handy - speichern, das dann wie Bargeld im Portemonnaie ausgegeben werden kann. So sind auch Sofortüberweisungen ohne Internetverbindung möglich. Allerdings müssen sich dazu die Geräte des Zahlenden und des Zahlungsempfängers in physischer Nähe zueinander befinden. Nutzer können dann sofort kontrollieren, ob die Zahlung korrekt stattgefunden hat.

Offline-Zahlungen sollen eher für kleinere Beträge in Frage kommen. Auch für das aufzuladende Guthaben soll es eine Obergrenze geben, vermutlich 3.000 Euro. Und: Das Aufladen des Euro-Guthabens funktioniert nur im Internet.

Wo soll das System zum Einsatz kommen?

Die EU-Kommission geht davon aus, dass im Lauf der Zeit immer mehr Zahlungsmöglichkeiten mit dem digitalen Euro entstehen werden. Langfristig soll er "für alle typischen Zahlungssituationen" zur Verfügung stehen - zum Beispiel für den Geldtransfer von Person zu Person, für das Bezahlen in Geschäften und Restaurants, im Internet oder bei Behörden.

Auch im großen Stil kann das System funktionieren: Wenn beispielsweise am Hamburger Hafen Container mit Waren eintreffen. In dem Moment, wo der Kran einen Container auf das Dock setzt, erkennt ein smartes System, dass die Ware nun in den Bereich des Käufers gelangt ist und wickelt die Zahlung automatisch ab - über digitales Zentralbankgeld.

Werden bei der Nutzung Gebühren fällig?

Nach Angaben der EU-Kommission ist die Nutzung der grundlegenden Dienstleistungen kostenlos: Kontoeröffnung, Überweisungen und Zahlungen, Abfrage von Guthaben. Banken könnten ihren Kunden lediglich Geschäftsbankkonten in Rechnung stellen, mit denen der digitale Euro verknüpft werden kann.

Soll der Digitale Euro Bargeld ablösen oder ist er eine zusätzliche Option?

Verbraucher in Europa sollen nach dem Willen der EU-Kommission künftig sowohl mit Euro-Münzen und -scheinen als auch mit einem digitalen Euro bezahlen können. Allerdings will das EU-Parlament eine Obergrenze für Bargeldzahlungen einführen. Sie soll künftig bei 7.000 Euro liegen. Viele EU-Staaten stimmen dem schon länger zu. In Griechenland ist Bargeldzahlung bereits jetzt nur noch bis 500 Euro möglich.

Was ist der Unterschied zu digitalen Zahlungsmethoden wie Paypal oder Kreditkarte?

Im Prinzip ist der digitale Euro eine Konkurrenz für Kreditkarten-Anbieter wie Visa oder Mastercard oder Zahlungsdienstleister wie Paypal, Apple Pay oder Klarna. Der Zahlungsvorgang mit dem digitalen Euro soll aber "schneller, sicherer und billiger" werden als die als klassische Zahlungssysteme, sagte Bundesbankvorstand Joachim Wuermeling.

Wie steht es um Sicherheit und Datenschutz?

Personenbezogenen Daten werden von der Bank oder dem Zahlungsdienstleister abgerufen und verarbeitet, bei dem man sein digitales Euro-Konto führt - wie bereits jetzt bei konventionellen Bankkonten. Diese Daten sind gefragt bei Ein- oder Auszahlungen, oder um digitale Euros auf ein lokales Speichergerät - wie das Handy - zu laden.

Verwendet man den digitalen Euro offline, kann die Bank nach Angaben der EU nicht auf Details der Transaktionen zugreifen. Das sei vergleichbar damit, dass die Bank nicht weiß, was mit Bargeld geschieht, das an einem Geldautomaten abgehoben wurde.

Die EZB hat demnach gar keinen Zugriff auf die Daten einzelner Nutzer. Sie hat lediglich Zugang zu verschlüsselten Daten und nur in dem Umfang, wie dies zur Abwicklung digitaler Euro-Transaktionen und zur Unterstützung der Zahlungsdienstleister bei der Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

Wann soll der Digitale Euro starten?

Die EU-Staaten und das EU-Parlament müssen den Kommissionsvorschlägen noch zustimmen. Änderungen sind daher noch wahrscheinlich. Die EU-Kommission geht davon aus, dass ein digitaler Euro frühestens im Jahr 2028 in Umlauf gebracht werden könnte. Den bisherigen Plänen zufolge will der EZB-Rat im Oktober beschließen, ob dem Projekt endgültig grünes Licht erteilt wird.