AfD Parteitag wählt Chrupalla und Weidel zur Doppelspitze

Stand: 18.06.2022, 13:06 Uhr

Beim Bundesparteitag im sächsischen Riesa wurden Tino Chrupalla und Alice Weidel mit klaren Mehrheiten zu Bundesvorsitzenden gewählt. Die NRW AfD gerät dadurch in Zukunft weiter unter Druck.

Von Nicolas VordonarakisNicolas Vordonarakis

Kurze Stille im Saal als sich der Blick der Delegierten zu den großen Bildschirmen mit dem Wahlergebnis wendet. "Noch 10 Sekunden bis zum Ergebnis", tönt es aus den Lautsprechern. Dann lauter Jubel, vor allem aus dem Lager vieler Ost-Delegierter. Chrupalla bleibt also im Amt an der Spitze der AfD.

Nach dem Abgang von Jörg Meuthen, der als gemäßigter Vertreter der Partei galt, führt Chrupalla die Partei seit einigen Monaten alleine. Der 47-jährige Sachse zieht seine Unterstützer vor allem aus dem radikaleren Lager der Partei. Jenes Lager, welches seine Unterstützung auf der Straße und im mitunter lauten und rechten Protest sucht.

Weidel mit mehr Stimmen als Chrupalla

Kurz darauf wieder Stille im Saal. 40 Sekunden um die Stimme digital abzugeben. Dann das Ergebnis: Auch Alice Weidel wird Bundesvorsitzende, zusätzlich zu ihrem Amt als Fraktionschefin. Doppelämter sind in der Partei eigentlich ungern gesehen, aber große Alternativen gab es nun einmal nicht.

Weidel vereint mit 67,29 Prozent noch mehr Stimmen als Chrupalla hinter sich. Mit ihr hat die Parteispitze nun auch wieder eine Gesicht aus dem Westen. Weidel ist ehemalige Spitze des Landesverbandes Baden-Württembergs. Insgesamt rückt die AfD auf diesem Parteitag ein weiteres Stück offen nach rechts, da die frisch gewählte Doppelspitze eher als Favorit des radikaleren Lagers gilt.

Gegenkandidaten deutlich gescheitert

Als Gegenkandidat zu Chrupalla stellte sich alleine Norbert Kleinwächter auf. Der 36-jährige Lehrer ist aktuell Bundestagsabgeordneter und gilt als gemäßigtere Stimme. Seine Kritik an der Coronapolitik, aber auch an Intrigen und internen Machtkämpfen der AfD brachten ihm im Saal zwar deutlichen Applaus ein, für seine Wahl reichte das aber nicht.

Er verlor mit 36,31 % der Stimmen. Als Gegenkandidat zu Weidel stellte sich der Europaabgeordnete Nicolaus Fest auf. Er verlor mit 20,75 Prozent der Stimmen. Kleinwächter und Fest hätten für einen stärker parlamentarischen Ton mit gemäßigterer Außenwirkung der Partei gestanden.

Chrupalla und Höcke mit geschlossener Linie

Björn Höcke spricht beim Bundesparteitag der AfD.

Immer wieder war auch eine Kandidatur vom rechtsextremen Björn Höcke, der auch vom Verfassungsschutz beobachtet wird, im Gespräch. Er trat aber nicht an. Höcke sagt, er wisse selbst, dass er die Partei zum jetzigen Zeitpunkt zu sehr spalte. Er unterstützte auf dem Parteitag offen die Kandidatur von Chrupalla.

Björn Höcke erhofft sich künftig wohl eher Chancen, in einer sogenannten Strukturkommission der Partei führende Kraft zu werden. Eine mit Macht ausgestattet Kommission, die die Stimmen der AfD-Basis gegenüber dem Bundesvorstand vertreten soll, um so Einfluss auf die Geschicke der AfD zu nehmen.

NRW AfD unter Druck

Die NRW AfD macht sich, wie andere Westverbände auch, Sorgen, durch einen weiteren offenen Rechtsruck der Bundespartei geschwächt zu werden. Unter dem aktuellen Bundesvorstand befürchte man in NRW den Verlust von Wähler-Stimmen und auch internen Rückhalt, heißt es aus Parteikreisen.

Aus Sicht des NRW-Verbandes wären die gescheiterten Kandidaten Kleinwächter und Fest die idealeren Partner auf Bundesebene gewesen. Denn: Hier im Westen will man eher mit gemäßigtem und konservativem Auftreten nach Außen hin punkten.

Für Landesparteichef und Fraktionsvorsitzenden Martin Vincentz wird es nun also eine große Herausforderung, mit seiner NRW-Partei weiter zu bestehen und einen bürgerlich konservativ wirkenden NRW Kurs geschlossen umzusetzen. Er muss mit deutlichem Gegenwind von der Bundes-AfD rechnen.

Der Bundesparteitag der AfD dauert noch bis Sonntag. Nach der Wahl des Bundesvorstandes wird die Partei am Wochenende um ihre inhaltlichen Ausrichtungen streiten.

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