Kein AKW Müll in die Ville

Bauschutt aus AKW: Bürger aus Erftstadt wollen Lagerung verhindern

Stand: 09.02.2023, 09:45 Uhr

In Erftstadt und Umgebung droht Ärger. Der Grund: Eine Mülldeponie, die zu Teilen von RWE betrieben wird. Die Bürgerinitiative "Uns stinkt’s" fürchtet, dass der Konzern dort Bauschutt aus Atomkraftwerken lagern will.

Von Sebastian Galle

Alle 30 Sekunden brettert ein Lastwagen an der Mülldeponie entlang. Auf der "Vereinigte Ville" herrscht Hochbetrieb. Vor den Toren des Haupteingangs haben sich Marion Sand und ihre Mitstreiter versammelt. Sie gehören zur Bürgerinitiative "Uns stinkt‘s" - auf ihren Plakaten steht "Kein AKW Müll in die Ville". Die Menschen sorgen sich, dass irgendwann in der Zukunft leicht radioaktiver Bauschutt, der beim Abbruch von Atomkraftwerken anfällt, auf der Deponie gelagert werden könnte.

Bürgerinitiative warnt vor kontaminiertem Material

Kein AKW Müll in die Ville

Widerstand an der Deponie

Marion Sand beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Radioaktivität. Sie ist sicher, dass "da immer etwas in die Umwelt entlassen wird, Staubpartikel, usw." Es gäbe immer "irgendwelche Emissionen, die in die Umwelt gelangen würden". Die Menschen rund um die Mülldeponie stellen sich die Frage, wie radioaktiv Bauschutt von stillgelegten Atomkraftwerken ist?

Behörden geben Entwarnung

Laut Behörden handelt es sich bei dem Bauschutt um sogenanntes freigemessenes Material. Detlef Beltz ist Mitglied der Entsorgungskommission, die sich im Auftrag des Bundesumweltministeriums mit dem Umgang von radioaktivem Bauschutt und der Freimessung beschäftigt. Er sagt: "Die Freigabewerte sind so festgelegt worden, dass freigemessenes Material immer ungefährlich ist. Das resultiert auf Studien, auf Forschungsergebnissen, dass man eine sogenannte triviale Dosis, Strahlendosis definiert hat. Das ist ein Wert von zehn Mikrosievert."

Zum Vergleich: Die natürliche Strahlung, der ein Mensch in Deutschland pro Jahr ausgesetzt sei, liegt zwischen 2.100 und 2.300 Mikrosievert. Wer seinen Brustkorb röntgen lässt wird beispielsweise mit rund 200 Mikrosievert belastet. Marion Sand und die Mitglieder der Bürgerinitiative haben trotzdem ein mulmiges Gefühl.

Niemand will den Müll aus Biblis haben

Laut hessischem Umweltministerium haben über 200 Deponien in Deutschland abgelehnt, Bauschutt aus Biblis entgegenzunehmen. Das Kernkraftwerk Biblis liegt in Hessen und ist seit Jahren stillgelegt.

Nach und nach wird es jetzt abgerissen. Vergangene Woche wurde der erste Kühlturm gesprengt. Im ersten Schritt fallen rund 3.200 Tonnen Abfall an, insgesamt rund 60.000 Tonnen.

Pläne, den Abfall auf einer Deponie im nahe gelegenen Büttelborn zu lagern, stoßen bei der dortigen Bevölkerung auf Widerstand. Sie fordern, dass der Kraftwerksbetreiber RWE, den Abfall auf seine Deponie in der "Ville" in Nordrhein-Westfalen bringt.

RWE dementiert

Ein RWE-Sprecher teilt auf WDR-Anfrage mit, dass "zur Sicherstellung der Entsorgung gegenwärtig ein Mitbenutzungsverfahren für einen südhessischen Deponiestandort laufe". Der entfernte Deponiestandort "Vereinigte Ville" komme dafür nicht in Frage.

Marion Sand

Marion Sand

Marion Sand macht sich trotzdem große Sorgen. "Ich weiß gar nicht was da raus kommt. Was sind denn das für Stoffe. Also welche radioaktiven Substanzen sind denn da überhaupt drin in diesem Bauschutt?"

Die Diskussion zeigt ein grundsätzliches Problem, das in den nächsten Jahren noch größer werden wird. Denn es müssen zahlreiche AKW abgerissen werden. Selbst wenn dieses Mal der Bauschutt von Biblis in Hessen bleiben sollte. Marion Sand und die Bürgerinitiative trauen der Sache nicht. Vor allem nicht, weil die Mülldeponie "Vereinigte Ville" in den nächsten Jahren massiv erweitert und die Laufzeit bis 2099 verlängert werden soll. Dazu äußerten sich die Deponie und RWE nicht.