Traktoren blockieren Autobahnen in NRW | sv
00:24 Min.. Verfügbar bis 18.12.2025.
Bauern blockieren Autobahnen in NRW: Darum wird um Agrardiesel so gestritten
Stand: 19.12.2023, 12:26 Uhr
Auf mehreren Autobahnen in NRW gab es am Abend Staus wegen Protesten von Landwirten. Sie demonstrierten gegen das vorgesehene Aus für Subventionen in der Landwirtschaft. Was dahintersteckt.
Mehr als 15 Kilometer Stau. Die Wartezeit: zwei Stunden. Bauern blockierten am Montagabend mit Traktoren die A40. Und auch auf anderen Autobahnen in NRW stand der Verkehr durch die Bauern-Proteste still. In der Nacht und am Dienstagvormittag sei die Verkehrslage hingegen ruhig geblieben, hieß es aus dem WDR-Verkehrsstudio.
Protest gegen geplantes Aus für Agrardiesel
Anlass der Bauern-Proteste ist das von der Bundesregierung geplante Ende bestimmter Steuervergünstigungen für Landwirte, unter anderem das Aus des Agrardiesels. Aus diesem Grund gab es am Montag auch eine große Demonstration in Berlin, zu der Landwirte aus ganz Deutschland mit ihren Traktoren anrollten.
Christian Schulte Spechtel, Landwirt in Kleve
Einer, dem die Wut auf die Bundesregierung anzumerken ist, ist Christian Schulte Spechtel, Ackerbauer aus Kleve. "Das kann man nicht machen. Dann verteuern sich alle Produkte, die wir haben", sagte er dem WDR über das geplante Aus des Agrardiesels. "Im Endeffekt zahlt es der Verbraucher. Und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft geht runter."
Er könne auf Dieselfahrzeuge einfach nicht verzichten, sagte er. Noch bekommt er pro Liter Diesel, den er für seinen Betrieb verbraucht, 20 Cent vom Staat zurückerstattet.
Greenpeace: Wegfall von Agrardiesel verschmerzbar
Die Umweltorganisation Greenpeace erklärte hingegen, der Wegfall des Agrardiesels sei angesichts rekordverdächtiger Agrar- und Lebensmittelpreise und vieler weiterer Agrarsubventionen verschmerzbar. Er habe zwar Verständnis für die Bäuerinnen und Bauern, sagte Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter. Aber:
Anders als vom Bauernverband behauptet, werde das Ende der Dieselsubventionen kein massives Höfesterben zur Folge haben, meint Greenpeace.
Mehrere Autobahnen in NRW betroffen
Traktoren auf der A40 bei Moers
Nicht nur auf der A40, sondern auch auf anderen Autobahnen in NRW sorgten Bauern für Staus: Mehr als 200 Landwirte protestieren mit Traktoren an oder auf der A3, A57 und A61 sowie der Zufahrt zur A560.
Wo Bauern am Montagabend Autobahnen blockierten:
Auf vier Autobahnen in NRW und einer Autobahnzufahrt gab es am Montagabend Blockaden durch protestierende Bauern. Ein Überblick:
- A40: Hier blockierten nach 20 Traktoren die Strecke zwischen Wankum und Neukirchen-Vluyn, wie die Polizei dem WDR mitteilte. Es kam zu 15 Kilometern Strau.
- A57: An der Protestaktion auf der A57 in Richtung Köln beteiligten sich Landwirte mit 76 Traktoren, teilte die Polizei Wesel auf WDR-Anfrage mit. Die Fahrzeuge seien in Kamp-Lintfort von der Autobahn geleitet worden. Das WDR-Verkehrsstudio sah zwischen Alpen und Rheinberg etwa 6 km Stau wegen Landmaschinen auf der Fahrbahn.
- A3: In Voerde hatten Landwirte laut Polizei mit 26 Fahrzeugen versucht, auf die A3 zu gelangen. Dies wurde von der Polizei untersagt. Mit Polizeibegleitung fuhren die Traktoren anschließend nach Dinslaken, aber nicht über die Autobahn.
- A560: In Hennef blockierten etwa 70 Traktoren das Ausbauende der A560. Erst nach knapp anderthalb Stunden wurde die Aktion beendet, wie ein Polizeisprecher in Siegburg sagte.
- A61: Die Leitstelle der Polizei in Viersen teilte dem WDR am Montagabend mit, es handele sich auf der A61 um etwa 20 Traktoren, die beide Fahrstreifen blockierten.
Wie Polizei auf WDR-Anfrage mitteilte, nahm sie in fast allen Fällen die Personalien der Trecker-Fahrer auf. Nur im Fall der blockierten Zufahrt zur A560 wurden die Personalien nicht aufgenommen, da die Polizei die Aktion als Spontanversmmlung bewerte. Stattdessen wurde Strafanzeige gegen unbekannt gestellt.
Bauernpräsident warnt vor "einem sehr heißen Januar"
Silke Gorißen (CDU), NRW-Landwirtschaftsministerin
Bauernpräsident Joachim Rukwied warnte am Montag vor "einem sehr heißen Januar" für den Fall, dass die Ampel-Koalition ihre Pläne nicht zurücknimmt. Unterstützung bekam er unter anderem von NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU). Sie appellierte in einem Brief an die Bundestagsabgeordneten aus NRW, den Plänen der Koalition nicht zuzustimmen.
Einen typischen landwirtschaftlichen Familienbetrieb im Vollerwerb träfe allein die Streichung der Steuerrückvergütung beim Agrardiesel nach ersten Schätzungen je nach Betriebsform mit Mehrkosten jährlich von rund zweitausend bis viertausend Euro pro Betrieb, so Gorißen.
Auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) äußerte in der vergangenen Woche Bedenken. Am Montagabend wiederholte er seine Forderung, die Streichungen zu überdenken.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte bereits am Sonntag im "Bericht aus Berlin", dass er offen sei für Alternativen zur anvisierten Streichung. Er nehme die Bedenken "natürlich" ernst.
Unsere Quellen:
- Informationen der Polizei-Leitstellen Viersen und Siegburg
- Informationen des WDR-Verkehrstudios
- WDR-Anfragen bei der Polizei
- Material der Nachrichtenagentur dpa
- Ackerbauer Christian Schulte Spechtel im Gespräch mit dem WDR