Grafik von einem gelben Auto, das mit vielen Koffern und einem aufgeklappten Sonnenschirm auf dem Dach eine Straße entlang fährt.

Ab in den Urlaub: Tipps für eine entspannte Fahrt mit Kindern

Stand: 24.06.2023, 06:00 Uhr

Im Urlaub sein ist herrlich. Die Fahrt dorthin kann jedoch ziemlich anstrengend werden, vor allem für Kinder und manchmal auch für ihre Eltern. Muss aber nicht sein - so geht’s entspannt.

Von Jörn Kießler

"Wann sind wir da?", "Mir ist schlecht!", "Wie lange dauert’s noch?", "Mir ist langweilig!". Es sind Sätze, die wohl auf jeder längeren Autofahrt mit Kindern irgendwann fallen. Aber auch Reisen mit dem Zug können anstrengend werden. Und wer kann es den Kleinen bei langen Fahrten verübeln. Stundenlang ruhig sitzen, keine Bewegung, so gut wie keine Möglichkeiten zu spielen. "Es gibt wenige Dinge, die so kinderunfreundlich sind wie lange Fahrten mit dem Auto", sagt der Kinderarzt Dr. Michael Achenbach.

Wir zeigen Ihnen, wie Sie die Fahrt in den Urlaub für ihre Kinder nicht nur erträglicher, sondern richtig unterhaltsam gestalten können, sodass die ganze Familie möglichst entspannt und fit am Ferienort ankommt.

Das erwartet Sie in diesem Beitrag: 

Was sind die größten Belastungen für Kinder auf Reisen?

"Sehr viele Kinder kämpfen gerade bei Autofahrten mit der Reisekrankheit", erklärt der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin Dr. Michael Achenbach. Sprich: Den Kindern wird schlecht. Nicht selten müssten sich die Kleinen dann sogar übergeben.

"Dazu kommt, dass die Kinder angeschnallt sitzen müssen, was ihre Bewegungsfreiheit extrem einschränkt", sagt Achenbach. Das sei nicht nur langweilig, sondern auch eine Belastung für den ganzen Körper.

So wird den Kleinen nicht schlecht

Grafik von einem Jungen und einem Mädchen, die auf der Rückbank eines Autos sitzen und beide Kopfhörer aufhaben, mit denen sie ein Hörspiel hören.

Um zu verhindern, dass den Kindern schlecht wird, muss man zunächst verstehen, was die Reisekrankheit ist. Sie entsteht dadurch, dass die Bewegungen, die der Körper über das Gleichgewichtsorgan im Innenohr wahrnimmt, nicht mit den Informationen übereinstimmen, die über die Augen aufgenommen werden. "In der Medizin sprechen wir in diesem Fall von Kinetose - also der Bewegungskrankheit", sagt Achenbach.

Ein mann mit einem grauen Bart lächelt in die Kamera

Dr. Michael Achenbach

Vor allem auf kurvigen Strecken tritt das Phänomen auf, auch im Bus oder Zug. "Dagegen hilft vor allem, wenn die Informationen von Auge und Gleichgewichtsorgan wieder synchronisiert werden", erklärt der Kinderarzt. Dafür sei es wichtig, die Bewegungen des Fahrzeugs antizipieren zu können. Das funktioniere besonders gut, wenn man aus der Frontscheibe des Autos schauen könne. 

"Der beste Platz im Auto für Kinder ist daher der mittlere Sitz auf der Rückbank." Dr. Michael Achenbach, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin

Das Gleiche gilt für Fahrten im Bus. Möglichst weit vorne sitzen, rät Achenbach. "Auch weil die Fahrbewegungen weiter hinten im Bus noch ausgeprägter sind." In der Bahn sollten Kinder aber auch Erwachsene, die anfällig für die Reisekrankheit sind, wenn möglich in Fahrtrichtung sitzen.

Auch das Mitmachen der Fahrbewegungen helfe, so Achenbach. "Zum Beispiel sich einfach mit in die Kurve legen, wenn das Auto abbiegt." Vom Lesen oder Videos rät der Mediziner hingegen ab. "Beim Lesen bekommt der Körper über die Augen vermittelt, dass seine Position stabil ist." Über das Gleichgewichtsorgan nehme der Körper jedoch die Bewegungen des Autos wahr. Für noch mehr Verwirrung im System sorgen Filme: "Gerade Videos, in denen sich ja ebenfalls viel bewegt, liefern noch komplexere Informationen, die nicht zu denen im Innenohr passen."

Welche Ablenkung wirklich helfe: "Als meine Kinder noch klein waren, haben wir im Auto Lieder gesungen oder Rechenaufgaben gelöst", sagt Achenbach. Das habe noch einen weiteren Vorteil. 

"Wenn sich der Mund bewegt, wird Speichel gebildet und der Körper bekommt signalisiert, dass Nahrung in der 'richtigen' Richtung unterwegs ist." Dr. Michael Achenbach, Kinder- und Jugendarzt

Das helfe auch zu verhindern, dass Nahrung in die entgegengesetzte Richtung wandere. Derselbe Effekt tritt beispielsweise auch ein, wenn Kaugummi gekaut wird.

Eine weitere Option: die Augen einfach schließen. So würden auch keine Informationen zur Bewegung aufgenommen. Deswegen würde Kindern, die im Auto schlafen, in der Regel nicht schlecht. "Eine Alternative ist, wenn die Kinder Kopfhörer aufsetzen und Musik oder Hörspiele hören und dabei die Augen zumachen", sagt Achenbach. "Dadurch nehmen sie keine Bewegungsinformationen über die Augen auf und werden zudem noch abgelenkt."

Hörspieltipps für die Sommerferien

Spiele gegen die Langeweile

Grafik von einem Jungen und einem Mädchen, die auf der Rückbank eines Autos sitzen und ein Spiel spielen, bei dem man sich Post-its auf die Stirn klebt.

Für Ablenkung auf Autofahrten können aber nicht nur Hörspiele sorgen. Mit den richtigen Spielen haben die Kinder auch Spaß, ohne dass ihnen übel wird. "Dabei ist jedoch wichtig, dass sie möglichst aufrecht sitzen und aus dem Fenster schauen können", sagt der Kinderarzt Achenbach. 

Eine Frau mit kurzen dunkelblonden Haaren lächelt in die Kamera.

Sabine Koppelberg

Der Spiele-Expertin der Radiosendung "MausLive", Sabine Koppelberg, fallen da gleich mehrere ein. "Auf Autofahrten gibt es viele Möglichkeiten, je nachdem ob die Kinder schon lesen oder zählen können oder nicht und ob die Umgebung mit einbezogen wird oder nicht", so die ehemalige Leiterin der Jury des "Kinderspiel des Jahres".

Spieletipps für lange Autofahrten

Spiele für Kita- und Vorschulkinder

Ich packe meinen Koffer: Bei diesem Klassiker fängt eine Person an, und sagt, was sie in den Koffer packen würde. Die zweite Person zählt dann den ersten Gegenstand auf und fügt einen zweiten hinzu. Die dritte nennt die ersten beiden Gegenstände und einen dritten. So geht das Spiel reihum, bis eine Person nicht mehr alle Begriffe zusammenbekommt. Dann startet eine neue Runde

Ich sehe was, was Du nicht siehst: Eine Person guckt sich einen Gegenstand aus und beschreibt ihn mit einem Wort. Zum Beispiel "Ich sehe was, was Du nicht siehst und das ist rot". Die anderen dürfen nun raten, was es ist. Bekommen sie es nicht raus, gibt es weitere Tipps. Wer den Begriff errät, ist in der nächsten Runde mit dem Aussuchen des Gegenstandes dran.

Geschichten ausdenken: Hier denkt sich einer im Auto eine Geschichte aus, die er dann erzählt. Das Gute an dem Spiel: es kann variiert werden. "Zum Beispiel kann man sich vor der Fahrt sogenannte Geschichten-Würfel besorgen", sagt Koppelberg. "Darauf sind dann Bilder von einer Rakete, einem Auto oder Hunde oder einem Telefon." Die Gegenstände müssen dann in der Geschichte vorkommen. Eine andere Variante ist, dass immer wieder die Person wechselt, die die Geschichte weitererzählt. 

Spiele für Schulkinder

Kennzeichen-Spiel: Gerade auf der Autobahn bieten sich Spiele mit Kennzeichen an. "Zum Beispiel kann sich jedes Kind ein Städte-Kennzeichen aussuchen und wer dann zuerst fünf oder zehn Autos damit entdeckt hat, hat gewonnen", sagt Koppelberg. Weniger kompetitiv, dafür umso lustiger ist es, Begriffe und Sätze aus Kennzeichen zu bilden. Jeder Buchstabe auf dem Kennzeichen ist der Anfangsbuchstabe eines Wortes: D - EF wird so zu "Dusselige Elfenfänger” oder "Dicker Elefant furzt". Wer es schwieriger mag, kann in jeder Runde ein Motto vorgeben wie Tiere, Verkehr, Schule, etc.

Wer bin ich? Noch ein Klassiker, mit dem sich wunderbar langweilige Reisezeit überbrücken lässt. Die Spieler denken sich eine berühmte Person (oder auch eine Comicfigur, ein Pokémon oder eine Heldin aus einem Kinderbuch) aus, schreiben den Namen auf ein Post-it (das macht am besten einer der Erwachsenen) und klebt ihn einem anderen Spieler auf die Stirn, sodass dieser den Namen nicht lesen kann. Jetzt müssen die Spieler über Fragen, die mit Ja und Nein beantwortet werden können, herausfinden, wer sie selbst sind. Bei jeder Ja-Antwort darf der Spieler noch eine Frage stellen, bei Nein ist der nächste dran.

Wortketten: Hier beginnt der erste Spieler mit einem zusammengesetzten Wort, z. B. Hundeschule. Der zweite Spieler muss jetzt den zweiten Teil des  Begriffs nehmen und daraus ein neues Wort mit diesem Teil am Anfang bilden, z. B. Schulklo. Dann kommt der nächste dran und es geht weiter.

Noch einmal mehr Optionen gibt es, wenn man mit dem Zug reist, da dort nicht nur die Reisekrankheit seltener auftritt, sondern auch die Eltern mitspielen können. "Optimal ist natürlich, wenn man dafür Plätze an einem Tisch reserviert", sagt Koppelberg. Dort sind dann sogar Brettspiele möglich. Trotzdem sollten auch dann die Spielregeln nicht zu komplex sein und die Spiele nicht zu viel Platz in Anspruch nehmen, so die Spiele-Expertin von "MausLive".

Spieletipps für lange Zugfahrten

Karten- und Papier-Spiele

Karten-Spiele: Hier bieten sich Klassiker an wie "Schwarzer Peter", "Uno" oder das gute alte Quartett, z. B. zu Rekorden in der Tierwelt.

Schiffe versenken: Ebenfalls ein Klassiker, der sich mühelos mit zwei Blatt Papier und zwei Stiften spielen lässt. 

Stadt, Land, Fluss: Ein Spiel, bei dem alle mitmachen können und das sich ganz nach den eigenen Vorlieben anpassen lässt. So können neben den klassischen Kategorien, für die Begriffe mit dem zuvor festgelegten Anfangsbuchstaben gefunden werden müssen, auch Dinge wie Süßigkeit, Pokémon, Getränk, etc. hinzugefügt werden.

Spiele am Tisch

Brett-Spiel-Klassiker: Natürlich lässt sich im Zug gerade am Tisch auch gut Mühle, Dame, Schach, Backgammon oder Ähnliches spielen. "Am besten besorgt man sich dafür dann eine Spielesammlung, in der mehrere Spiele sind und diese als Reiseversion", empfiehlt Koppelberg. "Also mit magnetischen Spielfiguren, die an den Brettern haften bleiben."

Qwirkle Travel: Ebenfalls als Reisevariante gibt es das Spiel des Jahres 2011. Qwirkle ist ein Kombinationsspiel, in dem man strategisch Holzsteine mit verschiedenen Symbolen und Farben so aneinander legen muss, dass man möglichst viele Punkte bekommt.

Zug um Zug: Relativ materialintensiv und komplizierter, dafür aber thematisch passend ist das Spiel "Zug um Zug". Hier geht es darum, möglichst viele Bahnstrecken zwischen Städten zu bauen. Dafür gibt es Punkte, genau wie für besonders lange Verbindungen. Die Besonderheit: Es gibt unterschiedliche Versionen. Beim Original werden die Schienen in den USA verlegt, es gibt aber beispielsweise auch eine Deutschland-,eine Europa- und eine Skandinavien-Version. Und für jüngere Spiele eine Variante ab 6 Jahre - "Zug um Zug: Meine Erste Reise".

Pausen zum Auspowern

Grafik von mehreren Kindern die unterschiedliche Bewegungsspiele spielen: Fangen, Twister, Feuer, Wasser, Blitz und den gordischen Knoten.

Eine weitere Belastung für Kinder auf Reisen ist das lange Sitzen. Stundenlang ruhig auf einer Stelle zu sitzen, passt so gar nicht mit dem kindlichen Bewegungsdrang zusammen. Wer mit dem Zug reist, hat hier den Vorteil, dass man zwischendurch auch einfach mal aufstehen und zum Beispiel einen Ausflug in den Speisewagen machen kann. Vorausgesetzt, es ist nicht zu voll im Zug. 

Im Auto sind solche "Bewegungsausflüge" während der Fahrt nicht möglich. Umso wichtiger sind regelmäßige Pausen. "Dabei ist das Wichtigste, dass sich die Erwachsenen nach den Kindern richten und nicht umgekehrt", sagt Achenbach.

"Wenn der Fahrer oder die Fahrerin sich k.o. fühlt und eine Pause machen will, ist diese für die Kinder schon längst überfällig." Dr. Michael Achenbach, Kinder- und Jugendarzt

Mit diesem Ratschlag bezieht sich der Kinderarzt nicht auf die obligatorischen "Pipi-Pausen", die regelmäßig gemacht werden müssen. "Sie sollten im Durchschnitt alle eineinhalb Stunden einen Stopp einplanen", rät auch der ADAC. Dieser sollte lang genug sein, damit Kinder und Erwachsene sich ausreichend bewegen können. "Dabei sollte das Auspowern und der Spaß im Mittelpunkt stehen", sagt Achenbach.

Das kann vom klassischen Fangspiel bis hin zum spontan organisierten Kicken mit einer anderen Familie gehen, die gerade auch eine Pause auf derselben Raststätte macht. Hilfreich dabei: Spielsachen wie einen Ball, eine Frisbee oder ein Springseil so im Auto verstauen, dass man schnell dran kommt.

Bewegungsspiele für die Pause

Der Klassiker: Fangen

Das Verrenkungsspiel Twister: Dabei geht es darum, es möglichst lange auf einer Matte mit verschiedenfarbigen Punkten auszuhalten. Das Schwierige dabei: Jede Runde wird eine Drehscheibe gedreht, die vorgibt, wo der Spieler, der gerade am Zug ist, seinen Fuß oder seine Hand absetzen muss (z. B. linke Hand, grüner Punkt). Dabei darf die Matte nur mit Händen und Füßen berührt werden. Wer umfällt oder mit dem Knie, Ellenbogen oder einem anderen Körperteil den Boden berührt, scheidet aus.
Das Gute daran: Man braucht nicht unbedingt das Originalspiel. Kreide in vier unterschiedlichen Farben für die Punkte am Boden und eine selbst gebastelte Drehscheibe tun es auch.

Für die Kleinen - Feuer, Wasser, Blitz: Alle rennen durcheinander, bis der vorher ausgewählte Spielleiter eines der Stichwörter ruft. Bei "Feuer" legen sich die Kinder auf den Bauch, bei "Wasser" klettern sie auf einen Gegenstand (Bank, etc.) und bei "Blitz" bleiben sie wie angewurzelt stehen.
Das Gute daran: Das Spiel lässt sich an die Gegebenheiten anpassen und erweitern. Wer sich auf der Raststätte nicht auf den Boden legen will, kann bei "Feuer" bspw. auch ausmachen, dass auf der Stelle gehüpft werden soll, etc.

Kniffelig - der gordische Knoten: Alle stellen sich in einen Kreis und strecken die Hände nach vorne aus. Dann gehen alle zur Mitte des Kreisen und greifen wild durcheinander - bis sie eine Hand oder einen Arm zu fassen bekommen. Jetzt muss der Knoten wieder aufgelöst werden, ohne, dass einer der Teilnehmer loslässt.

Der Aspekt Bewegung kann auch schon bei der Reiseplanung berücksichtigt werden. Gerade große Unternehmen, die Autobahnraststätten betreiben, bieten auf ihren Internetseiten Infos über die einzelnen Standorte. Etwa auf den Internetseiten der Betreiber "Serways" oder "Tank & Rast" kann man sich nicht nur über die Essensmöglichkeiten an den jeweiligen Raststätten informieren, sondern sieht auch, ob es dort einen Spielplatz gibt.

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