Lieferengpass: Darum sind einige Medikamente knapp

Stand: 12.07.2022, 14:14 Uhr

In Apotheken sind bestimmte Medikamente gerade nicht auf Lager. Paracetamol- und Ibuprofensäfte für Kinder zum Beispiel sind fast überall Mangelware. Welche Medikamente sind rar? Was sind die Gründe?

Welche Medikamente sind gerade besonders schwer zu kriegen?

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte listet derzeit rund 250 Medikamente auf, die nicht lieferbar sind - meist nur zeitweise und oft nur in bestimmten Verpackungsgrößen. Aktuelle Beispiele von bekannten Medikamenten: Paracetamol- und Ibuprofensäfte für Kinder, Asthmasprays, Blutdrucksenker, Narkosemittel, Antidepressiva und Jod-Tabletten.

Probleme bei der Lieferung von Arzneimitteln sind nach Angaben des deutschen Apothekerverbandes aber kein neues Problem. Bereits 2016 mussten mehr als 50 % der Apotheken ihren Patienten ein- oder mehrmals eine weniger geeignete Darreichungsform oder einen Arzneistoff zweiter Wahl geben. Bei einer Umfrage hätten rund zwei Drittel der selbstständigen Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland Lieferengpässe als eines der größten Ärgernisse im Berufsalltag angegeben.

Was sind die Gründe für die Lieferengpässe in Apotheken?

Die Gründe sind sehr vielfältig. Aktuell ist die Versorgungssituation durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg verschärft. Laut dem deutschen Apothekerverband ist die Nachfrage von Kunden und Kliniken derzeit vor allem bei Schmerz- und Narkosemitteln erhöht - zudem auch bei Jod-Tabletten. Darüber hinaus sind durch die Krisen auch die Lieferketten beeinträchtigt. Denn aus Kostengründen werden Wirkstoffe von Arzneien in ein paar wenigen Betrieben zum Beispiel in China und Indien produziert.

Während im Jahr 2000 noch 59 Prozent der Wirkstoffe in Europa produziert wurden und 31 Prozent in Asien, hat sich das Verhältnis mittlerweile umgekehrt: 2020 kamen 63 Prozent der Wirkstoffe aus Asien. Und dort gibt es lokal weitere Konzentrationsprozesse: In Indien werden diese Wirkstoffe vor allem in vier Bundesstaaten, in China vornehmlich in fünf Provinzen produziert - auch das macht Lieferketten anfällig für Störungen.

Wie wird sich das Problem entwickeln?

Das ist schwer zu sagen und hängt auch davon ab, wie sich die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg entwickeln. Unabhängig davon sei es besser, die Produktion von Medikamenten wieder zurück nach Europa zu verlagern, sagte etwa Thomas Metz vom Bayerischen Apothekerverband dem Bayerischen Rundfunk. Dann sei man weniger von willkürlichen Produktions- und Lieferstopps betroffen. In den Fabriken sollte dann auch nach europäischen Standards zum Beispiel beim Umwelt- und Arbeitsschutz beachtet werden. Das sei in den bisherigen Herstellungsländern in Indien oder China oft nicht der Fall.

Doch ganz einfach sei eine Rückverlagerung nach Europa auch nicht. Nach Meinung von Experten würde es Jahre dauern, bis man wieder eine nennenswerte Produktion in Europa haben könne. Es sei auch eine Kostenfrage, so Metz. Die Frage, was sei es uns wert, nach europäischen Standards Medikamente wieder hier herzustellen, müsse gestellt werden.