Eine Flasche Bier mit Freunden nach Feierabend, ein paar Gläser Wein am Wochenende? Bisher hatte die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) den Standpunkt vertreten, dass geringe Mengen Alkohol nicht bedenklich seien. Das gilt jetzt nicht mehr.
Neue Studien, unter anderem aus Kanada, hätten gezeigt, dass das nicht stimmt. In ihrem neuen Positionspapier schreibt die DGE mit Sitz in Bonn: Alkohol ist nicht gesund - auch nicht in Maßen.
Hier die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:
Ist Alkohol wirklich so schlimm?
Alkohol kann das Risiko für viele Krankheiten erhöhen, sagt die DGE. Wer Alkohol trinkt, bekommt zum Beispiel eher Krebs - vor allem von Brust- und Dickdarmkrebs, Herz-Kreislauf-Krankheiten wie Bluthochdruck oder Lebererkrankungen. Vor allem große Mengen an Alkohol und Rauschtrinken erhöhten das Risiko für Krankheiten und früher zu sterben. Insgesamt stehe Alkohol im Zusammenhang mit mehr als 200 verschiedenen negativen gesundheitlichen Folgen wie Krankheiten und Unfällen, sagt die DGE.
Muss ich jetzt ganz auf Alkohol verzichten?
Eine Sprecherin der DGE sagt: "Wir wollen Alkohol nicht verbieten." Es sei aber wichtig zu wissen, dass Alkohol immer ein Risiko bedeute. "Es gibt keine risikofreie Alkoholmenge." Deshalb habe man die bisherige Empfehlung aufgehoben.
Wer trotzdem Alkohol trinkt, sollte möglichst wenig trinken. Dazu liefert die DGE auch eine Abstufung, was das Risiko angeht. Sie gilt unabhängig vom Geschlecht - also anders als früher für Männer und Frauen.
Wie viele Biergläser welches Risiko bedeuten
- Risikofrei: 0 Gramm Alkohol pro Woche
- Risikoarm: bis 27 Gramm Alkohol pro Woche; zum Beispiel 1 bis 2 kleine Gläser Wein pro Woche bedeuten laut DGE ein geringeres Risiko für alkoholbedingte Erkrankungen wie zum Beispiel Krebserkrankungen oder Bluthochdruck etc.
- Moderates Risiko: 27 bis 81 Gramm Alkohol pro Woche; zum Beispiel 5 kleine Gläser Wein pro Woche oder 6 kleine Bier (0,2 Liter)
- Riskant: mehr als 81 Gramm Alkohol pro Woche; zum Beispiel mehr als 5 kleine Gläser Wein pro Woche oder mehr als 6 kleine Bier (0,2 Liter) gelten als gesundheitlich riskant
Es hieß doch mal, ein Glas Rotwein sei gut für die Gesundheit?
Rotwein in Maßen könne das Leben verlängern und sei gesund. So was wird oft immer noch gesagt - es stimmt aber nicht, sagt die DGE mit Blick auf die aktuelle Studienlage. Auch wenn es mögliche positive Effekte gebe - diese sind laut DGE immer geringer als die schädlichen Effekte von Alkohol.
Für wen ist Alkohol besonders gefährlich?
Besonders gefährlich ist Alkohol laut DGE etwa für Kinder und Jugendliche, weil Alkohol das Nervensystem schädigen kann. Der Fachbegriff lautet Neurotoxizität. Alkohol könne demnach die physische und kognitive Entwicklung hemmen und berge auch das Risiko für späteren riskanten Alkoholkonsum. Auch Schwangere und Stillende sollten keinen Alkohol trinken.
Wie entsteht Alkoholabhängigkeit?
Eine Wechselwirkung zwischen Persönlichkeitsmerkmalen, sozialen, biologischen und genetischen Faktoren trage dazu bei, dass jemand abhängig wird. So ist die Wahrscheinlichkeit, alkoholabhängig zu werden, drei bis vier Mal so hoch, wenn es bereits ein Angehöriger ersten Grades war oder ist.
Alkoholsucht ist kein akutes medizinisches Problem, das sich mit einer Tablette, einer Injektion oder einer Operation behandeln ließe, sondern eine chronische psychische Störung, die mit Veränderungen im Gehirn einhergeht - dem Suchtgedächtnis. Genau dieses macht eine vollständige Heilung der Alkoholabhängigkeit unmöglich, so dass nur eine lebenslange Abstinenz den trockenen Alkoholiker vor Rückfällen bewahren kann.
Was macht der Alkohol im Gehirn?
Alkoholkonsum führt zu einer erhöhten Produktion von Endorphinen und Dopamin, wirkt also wie eine Belohnung. Botenstoffe wirken auf Rezeptoren - man fühlt sich euphorisiert, entspannt, angstlösend. Doch das ist nicht ungefährlich. Denn regelmäßiger Alkoholkonsum führt mit der Zeit zu einer Toleranzentwicklung an den Rezeptoren. Das bedeutet, dass immer mehr Alkohol getrunken werden muss, damit jemand die gleiche entspannende Wirkung erleben kann.
Ein dauerhafter Konsum führt zu Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, des Magen-Darm-Trakts, der Leber sowie anderer innerer Organe, aber auch des Gehirns. Ebenso sind psychische Belastungen wie Depressionen, Angst- und Panikstörungen und Psychosen zu erwarten.
Wie viel Alkohol steckt noch mal in Bier, Wein und Co?
Alkoholgehalt eines Standardglases
- 0,3 Liter Bier enthalten etwa 10 bis 12 Gramm Alkohol.
- Ein Glas Wein (0,125 Liter) enthält etwa 10 bis 12 Gramm Alkohol.
- Ein Glas mit 0,1 Litern Sekt enthält 10 bis 12 Gramm Alkohol.
- Ein Pinnchen Schapps (4 cl) enthält 10 bis 12 Gramm Alkohol.
Was sagen andere Organisationen zum Alkohol?
Neben der DGE rät auch die Weltgesundheitsorganisation WHO vom Alkohol ab. Die WHO hatte schon im Januar 2023 im Fachjournal The Lancet Public Health eine Erklärung veröffentlicht, deren Fazit lautet: "Beim Alkoholkonsum gibt es keine gesundheitlich unbedenkliche Menge." Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) unterstützt die Empfehlung, am besten komplett auf alkoholische Getränke zu verzichten
Wie viel Alkohol trinken die Deutschen eigentlich?
Alkohol-Konsum in Litern pro Kopf im Ländervergleich
Menschen in Deutschland trinken im weltweiten Vergleich durchschnittlich mehr als doppelt so viel Alkohol, sagt die DGE. Die durchschnittlich konsumierte Alkoholmenge in Deutschland liege bei 12,2 Litern pro Kopf und Jahr. Die durchschnittliche Trinkmenge weltweit bei 5,5 Litern pro Kopf und Jahr.
Dennoch geht der Konsum zurück. In den 1980ern Jahren tranken die Deutschen statistisch noch mehr als 15 Liter reinen Alkohol pro Kopf und Jahr. Und trotzdem: Viele Menschen müssen sich immer noch dafür rechtfertigen, wenn sie auf Alkohol verzichten. Auch auf Feiern fühlen sich viele von anderen zum Alkoholkonsum gedrängt.
Unsere Quellen:
- Website der Deutschen Gesellschaft für Ernährung: Am besten null Promille – neues DGE-Positionspapier zu Alkohol
- Gespräch mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung
- Infos der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
- Website der WHO: Beim Alkoholkonsum gibt es keine gesundheitlich unbedenkliche Menge
- The Lanceet: Health and cancer risks associated with low levels of alcohol consumption (Januar 2023)
- Stiftung Gesundheitswissen
- Pro Psychotherapie e.V.