Ungewollter Abschied von Wurst und Co.? Zecken lösen Fleischallergie aus

Stand: 31.07.2023, 15:21 Uhr

In den USA bekommen offenbar immer mehr Menschen eine Allergie gegen Fleischprodukte. Auslöser sollen Zeckenbisse sein. Auch in Deutschland gibt es dokumentierte Fälle.

Für manche US-Amerikaner sind es alarmierende Nachrichten: Ausgerechnet in den USA mit ihrer fleischlastigen Nationalküche breitet sich eine Krankheit aus, die Tausenden von Menschen den Appetit auf ihr Lieblingsgericht verderben könnte: Ein am Donnerstag vom Center for Disease Control and Prevention veröffentlichter Bericht spricht von mehr als 100.000 Menschen, bei denen seit 2010 eine bestimmte Fleischallergie diagnostiziert wurde: das Alpha-Gal-Syndrom.

Die Forscher befürchten, dass sogar bis zu 450.000 Amerikaner betroffen sein könnten - ohne es zu wissen. Damit wäre das Alpha-Gal-Syndrom die zehnthäufigste Nahrungsmittelallergie in den USA, sagt Scott Commins, Forscher der Universität von North Carolina und Mitverfasser des Berichts.

Wie erkennt man, ob man selbst unter der Allergie leidet? Was ist der Auslöser der Krankheit? Gibt es Therapien? Und sind Menschen in Deutschland auch gefährdet? Fragen und Antworten.

Was sind die Symptome?

Betroffene berichten über teilweise sehr starke allergische Reaktionen nach dem Verzehr von rotem Fleisch: Nesselsucht, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, starke Bauchschmerzen, Atembeschwerden, Schwindel sowie Schwellungen der Lippen, des Rachens, der Zunge oder der Augenlider sind möglich.

Viele Patienten brauchen außerdem sehr lang, bis sie ihr Leiden mit ihrer Ernährung in Verbindung bringen: Denn die allergische Reaktion tritt in der Regel erst Stunden nach dem Essen auf.

Wie wird die Krankheit ausgelöst?

Überträger Lone-Star-Zecke | Bildquelle: AP/ James Gathany

In den USA wird die Krankheit vor allem mit dem Biss einer bestimmten Zeckenart in Verbindung gebracht: der Lone-Star-Zecke, die vor allem im Nordosten und im Süden der USA verbreitet ist. Wenn diese Zecken Säugetiere befallen, nehmen sie dabei auch ein bestimmtes Zuckermolekül namens Alpha-Gal auf, das im menschlichen Körper nicht vorkommt. Wenn die Zecken später einen Menschen beißen, gelangt das Zuckermolekül dabei in die Blutbahn dieser Person.

Das menschliche Immunsystem identifiziert daraufhin Alpha-Gal als Eindringling und produziert Antikörper gegen das Zuckermolekül. Wenn Betroffene anschließend Fleisch essen, das Alpha-Gal enthält, kann es erneut zu teilweise heftigen Immunreaktionen kommen.

Ist die Allergie auch in Deutschland verbreitet?

Der Gemeine Holzbock | Bildquelle: IMAGO/ W. Willner

Ja - und es ist keine seltene Diagnose, sagt Hans Merk, emeritierter Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie an der RWTH Aachen. Seit einigen Jahren würden bei Allergie-Patienten immer häufiger Antikörper gegen Alpha-Gal festgestellt. Eine Meldepflicht gibt es allerdings nicht. Deshalb sei schwer zu sagen, wie viele Deutsche unter dem Syndrom leiden.

Wenig erforscht sind laut Merk auch die Übertragungswege in Deutschland. Die Lone-Star-Zecke kann für die heimischen Fälle nicht verantwortlich sein - sie kommt in Europa nicht vor. Allerdings gebe es diverse andere Zeckenarten, in denen das Alpha-Gal-Molekül bereits nachgewiesen wurde.

Darunter ist auch der Gemeine Holzbock, die häufigste heimische Zecke, die in allen deutschen Bundesländern vorkommt. Ob auch ein Biss des Gemeinen Holzbocks die Allergie auslösen kann, ist noch nicht sicher nachgewiesen - ausschließen könne man einen Zusammenhang aber nicht, so Merk.

Gibt es eine Therapie?

Nein, leider nicht. Zwar sind auch Fälle bekannt, in denen Patienten nur vorübergehend unter der Allergie leiden. Die Regel sei das aber nicht, sagt Allergologe Merk. Den Betroffenen bleibt meist nichts anderes übrig, als bestimmte Lebensmittel zu meiden. In der Regel sind das alle Arten von rotem Fleisch, manchmal aber auch Milchprodukte oder Gummibärchen mit Schweinegelatine.

Ganz auf Fleisch verzichten müssten Betroffene aber nicht, betont Merk. Geflügel und Fisch seien gewöhnlich frei von dem Allergen. Allerdings gebe es auch Ausnahmen: "Knorpelfische sind nicht empfehlenswert, darunter fallen zum Beispiel alle Haiarten."