Pflegekraft und Bewohner:in in einem Pflegeheim

Höherer Mindestlohn in der Altenpflege: Aber reicht das?

Stand: 01.12.2023, 15:45 Uhr

Zu wenig Geld, zu stressig, kaum Anerkennung. Die Pflegebranche kämpft seit Jahren gegen einen schlechten Ruf. Immerhin: Seit Freitag bekommen Altenpfleger, die den Mindestlohn erhalten, mehr Geld.

Zahlreiche Altenpflegerinnen und Altenpfleger erhalten ab Dezember mehr Geld. Für etwa 1,3 Millionen Beschäftigte in der Pflege gilt ein höherer Mindestlohn. Das gilt genauso für Pflegeeinrichtungen mit jüngeren Bewohnerinnen und Bewohnern, allerdings nicht für Krankenhäuser. Je nach Qualifikation steigt der Mindest-Stundenlohn um einen zweistelligen Cent-Betrag. Klingt zwar wenig, im nächsten Jahr steigt der Betrag aber weiter.

Wie viel Geld bekommen Altenpfleger bei Mindestlohn pro Stunde mehr?

Der Mindestlohn pro Stunde ist zum 1. Dezember für Pflegekräfte je nach Qualifikation so viel gestiegen:

  • auf 18,25 Euro (plus 60 Cent) für Pflegefachkräfte
  • auf 15,25 Euro (plus 35 Cent) für qualifizierte Pflegehilfskräfte
  • auf 14,15 Euro (+ 25 Cent) für Pflegehilfskräfte

Geregelt ist das in der "Fünften Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche". Zum 1. Mai 2024 und zum 1. Juli 2025 steigt der Pflegemindestlohn erneut, wie in der Grafik zu sehen:

Die Gewerkschaft Verdi rechnet vor, dass examinierte Pflegekräfte durch die Erhöhungen ab Juli 2025 bei einer 39-Stunden-Woche monatlich wenigstens knapp 3.500 Euro verdienen. Mit einer mindestens einjährigen Ausbildung kommen Beschäftigte demnach auf gut 2.900 Euro, ohne Ausbildung sind es mindestens 2.700 Euro.

Was sagen die Beschäftigten zu der Lohnerhöhung?

Verdi begrüßte die Steigerung des Pflegemindestlohns und ließ bereits im Sommer mitteilen:

"Der Mindestlohn sichert eine Untergrenze, die die jahrelang praktizierte Ausbeutung in kommerziellen Pflegeunternehmen verhindert." Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), am 29.8.2023

Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, sagte dem WDR, dass die Diskussion über die Mindestlöhne in der Pflege zwar in der Sache richtig seien, aber am Kern vorbei führe.

"Wir sollten in der Pflege nicht über Löhne auf Mindeslohnniveau sprechen, sondern über vernünftige Tarife, die der hohen Verantwortung dieses 24/7-Jobs gerecht werden." Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats

Vogler kritisiert auch das Lohn-Ungleichgewicht. Zum einen zwischen den verschiedenen Versorgungsgebieten, aber auch im regionalen Vergleich. Das Pflegepersonal in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise bekäme rund 500 Euro weniger als das Personal in Baden-Württemberg oder NRW.

Was sind weitere Forderungen der Pflegebranche?

Pflegekräfte fordern mehr Kompetenzen bzw. eine Handlungsautonomie. Bedeutet nach Angaben von Christine Vogler konkret: "Wir wollen selbstständig arbeiten dürfen. Heißt: Wir müssen zum Beispiel verordnen und aufklären können. Wenn ich als Pflegefachperson Wundmaterial verschreibe, brauche ich derzeit einen Arzt, auch wenn ich die einzige bin, die die Wunde gesehen hat."

Laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach soll das besser werden. Er hat ein Gesetz versprochen, dass Pflegekräften auch Tätigkeiten erlaubt, die bisher nur Ärzten vorbehalten war. Das soll den Job attraktiver machen - und das wäre wohl auch dringend nötig.

Vor allem der Pflegebranche kehren Fachkräfte den Rücken. Wenn die sich nicht mehr unterbezahlt und unterschätzt fühlen, so die Hoffnung, könnte das besser werden.

Unsere Quellen:

  • Fünfte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche
  • Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
  • WDR-Interview mit Christine Vogler
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Mitteilung der Gewerkschaft Verdi