Die russischen Streitkräfte verlassen Berlin (am 31.8.1994)

WDR Zeitzeichen 31.08.2024 14:51 Min. Verfügbar bis 01.09.2099 WDR 5

Wie kam es zum Abzug dieser gigantischen Armee aus Ostdeutschland, mit dem bis zur Wende niemand gerechnet hätte – und warum ist das heute noch wichtig?

Zur Zeit der DDR sind die besten Truppenverbände der Sowjetunion dort stationiert. Eine halbe Million Soldaten der Roten Armee, die einst Hitler bezwang, Berlin im Häuserkampf eroberte und im Zweiten Weltkrieg mit Abstand die meisten Toten zu beklagen hatte. Es ist auch die Rote Armee, die 1953 mit wenigen Panzern eine Million protestierende DDR-Bürger zurück in ihre Häuser jagte. Am 31. August 1994 ziehen die letzten Soldaten der Roten Armee freiwillig nach Hause, das wiedervereinigte Deutschland wird frei von "verbündeten" ausländischen Soldaten. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Ilko-Sascha Kowalczuk (Historiker, Berlin) Dr. Wolfgang Puwalla (ehem. Vorsteher Bundesvermögensamt Potsdam) ***


Bis heute wird Michail Gorbatschow in Deutschland und den USA dafür gefeiert, dass er während der Wende die Panzer zurückgehalten hat. Dabei geht es dem Präsidenten der Sowjetunion weniger um die deutsche Einheit als um die Rettung seines eigenen Landes. Gorbatschow hofft, dass er durch eine neue Offenheit (Glasnost) und den Umbau des Systems (Perestroika) den Kern seines Imperiums bewahren kann.

Immerhin: Michail Gorbatschow ebnet den Weg für die deutsche Wiedervereinigung. Dazu gehört auch, dass die russischen Truppen möglichst schnell und reibungslos das Gebiet der ehemaligen DDR verlassen. Über Altlasten, Bodenverseuchungen und private Geschäfte der Russen mit Inventar wird dabei oft hinweggesehen.

Am 31. August 1994 ist es dann so weit. Fünf Jahrzehnte nachdem die sowjetische Armee das Gebiet des damaligen Deutschen Reiches erreicht hat, verlassen russische Soldaten wieder Deutschland. "Sie gehen nicht als Besatzung, sie gehen als Partner, sie gehen als Freunde", sagt Bundeskanzler Helmut Kohl während der feierlichen Abschiedszeremonie in Berlin. Deutsche und Russen stünden jetzt am Anfang einer neuen guten Zusammenarbeit.
Der russische Präsident Boris Jelzin betont ebenfalls, er vertraue auf das vereinte, erneuerte Deutschland. Russland dürfe von Europa nicht abgekoppelt werden.

Ein Festakt voller Zuversicht für ein friedliches Miteinander beider Seiten. Doch es kommt anders, drei Jahrzehnte später, hat Wladimir Putin die Ukraine überfallen und es herrscht eisige Kälte zwischen Deutschland und Russland.

In diesem Zeitzeichen erzählt Heiner Wember:
  • welche Rolle Wladimir Putin als KGB-Offizier bei der Wiedervereinigung gespielt hat,
  • warum die USA darauf gepocht haben, dass die Osterweiterung der Nato nicht mit Russland verhandelt werden soll,
  • über gemeinsame Saunabesuche und viel Wodka, den Deutsche und Russen während der Abzugsphase der russischen Armee zusammen getrunken haben,
  • wie Boris Jelzin bei der Feier zum Abzug der russischen Truppen von "ewigen Frieden für den ganzen Planeten" spricht.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Ilko-Sascha Kowalczuk (Historiker, Berlin)
  • Dr. Wolfgang Puwalla (ehem. Vorsteher Bundesvermögensamt Potsdam)
  • Ilko-Sascha Kowalczuk, Stefan Wolle: Roter Stern über Deutschland: Sowjetische Truppen in der DDR, Berlin, 2010

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Heiner Wember
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Alexander Buske

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