Anne Willmes besucht die Konservenfabrik "La belle-iloise"

Salzkaramell, Port Anna und die "Le Corbeau des Mers", Schloss Suscinio, Geheimtipp Le Guerno, Vannes

Stand: 11.06.2023, 20:15 Uhr

Auf der Halbinsel Quiberon hat Romy Schneider Urlaub gemacht. Sardinenkonserven von dort sind weltberühmt, genauso wie das dort hergestellte Salzkaramell. Das Schloss Suscinio ist ein prächtiges Wasserschloss mit seltener Fliesenkeramik. In Le Guerno steht die Pfarrkirche Saint Jean Baptiste mit einer besonderen Atmosphäre. Über die bretonische Schifffahrt gibt es viele Geschichten zu erzählen.

Die Halbinsel Quiberon

Die Halbinsel Quiberon wird jährlich von 60.000 Touristen besucht. Die Côte Sauvage, die wilde Küste von Quiberon, ist berühmt für ihre Thalassokuren mit Meerwasser, Algen, Schlick und Sand, die bei akuten und chronischen Erkrankungen Linderung verschaffen soll. Romy Schneider hat in ihren letzten (schweren) Jahren hier einmal Urlaub gemacht.

Sardinen in der Dose

Wirtschaftlich lebten die Menschen auf Quiberon jahrhundertelang vom Sardinenfang. Die Männer fischten, die Frauen arbeiteten in der Fabrik an der Konservierung des Fangs. In der Konservenfabrik "La belle-iloise" kommt seit 1932 der Fisch in die Dose. Vieles daran war Handarbeit, und das ist heute zum Teil immer noch so. Haltbar gemacht wird die Sardine seit Jahrhunderten vor allem mit Salz. Es war übrigens der französische Zuckerbäcker Nicolas Appert, der Anfang des 19. Jahrhunderts die Konservierung von Fisch perfektionierte und die weltweit erste Konservenfabrik gründete. Am Anfang sterilisierte er die Lebensmittel zunächst im Glas, später benutzte er die klassischen Konservendosen. Das alles geschah auf Wunsch Napoleons, der ausreichend haltbares Essen für seine Truppen brauchte. Führungen durch die Ausstellung werden ausschließlich in französischer Sprache gehalten, doch die Objekte sprechen auch für sich.

Das Bonbon Niniche

Auf der Halbinsel Quiberon wird das berühmte Salzkaramell hergestellt. Der Süßwarenfabrikant Raymond Audebert hat zum Ruhm dieser Süßigkeit beigetragen. Sein spezielles Bonbon aus Salzkaramell zeichnet sich durch eine besonders lange Form aus, heißt Niniche und wurde mal zum "Besten Bonbon Frankreichs" gekürt. Mit seiner Frau hat er es ab 1946 in seiner Fabrik entwickelt. Bei einem Besuch im Haupthaus kann man die Herstellung der Süßwaren mit Hilfe von Maschinen miterleben, die aber immer noch mit viel Handarbeit verbunden ist.

Schloss Suscinio

Es gibt nicht viele Schlösser in der südlichen Bretagne. Um das Jagd- und Wasserschloss Suscinio bei Sarzeau ranken sich bedeutende Geschichten, die zahlreiche Besucher anziehen. Innen wartet noch ein weiteres Highlight auf sie – und zwar eine der größten mittelalterlichen Fliesensammlungen Europas! Manche davon stammen aus dem 13. Jahrhundert, aus der Zeit, als das Schloss erbaut wurde. Nach der französischen Revolution wurden viele Fliesenstücke rücksichtslos zerstört, denn das Schloss wurde an einen Händler verkauft, der das Gebäude quasi als Steinbruch genutzt hat. Heute wird immer noch nach alten Keramiken gesucht und geforscht.
Aber es gibt noch andere Geschichten, die man in Suscinio erfährt. 846 wurde ein bretonisches Königreich gegründet, das mehrere Jahrhunderte lang Bestand hatte. Eine prominente Königin der Dynastie war Anne de Bretagne, die 1488 den Thron bestieg. Nach ihrem Tod blieb die Bretagne zwar zunächst noch unabhängig, wurde allerdings immer stärker von Frankreich beeinflusst – sehr zum Unfrieden vieler Bretonen. Das war der Beginn des bretonischen Widerstandes.

Schloss Suscinio von oben neben einem See

Das Jagd- und Wasserschloss Suscinio bei Sarzeau ist ein beliebter Touristenort.

Geheimtipp: das Dorf Le Guerno

Es gibt viele schöne Dörfer in der Bretagne, manche davon sind aber in der Reisesaison extrem überlaufen, weil sie in den Reiseführern ausführlich empfohlen werden. Die Gemeinde Le Guerno dagegen ist ein noch nicht von vielen Touristen entdecktes, idyllisches Dorf mit gut erhaltenen historischen Häusern und einer besonders schönen Kirche. Die Pfarrkirche Saint Jean Baptiste in Le Guerno stammt aus dem Jahr 1570. Ihre Grundmauern jedoch sind noch viel älter, sie entstanden bereits im 12. Jahrhundert. Interessant ist die Kanzel an der Außenseite des Gebäudes – sie wurde errichtet, um einst den Ansturm von Pilgern zu bewältigen. Im Ort lädt zudem noch ein Schloss mit Park und einem schönen Gartencafé zu einem Besuch ein.

Blick auf den Altar der Pfarrkirche Saint Jean Baptiste

Die Pfarrkirche Saint Jean Baptiste in Le Guerno stammt aus dem Jahr 1570.

Die "Le Corbeau des Mers" und ihre Geschichte

Im Hafen Port-Anna am Golf von Morbihan liegt ein geschichtsträchtiges Schiff, die "Le Corbeau des Mers". Das Segelschiff diente früher dem Langustenfang. Die Seeleute blieben in der Regel eine Woche auf dem Boot. In der Mitte des Schiffes gab es ein Becken, das man zur Haltung der gefangenen Tiere nutzte und das drei Tonnen Wasser fasste. Bis zu 1.500 Langusten konnten darin aufbewahrt werden. 1931 wurde das Boot mit einem Motor aufgerüstet.
Eric Névo, Kapitän der "Le Corbeau des Mers", erzählt gern die Geschichte, bei der sein Schiff im Zweiten Weltkrieg mitgespielt hat. Im Juni 1940 verdienten sich auf diesem Boot bretonische Seeleute nämlich eine Ehrenmedaille. Die Bretagne war gerade fast kampflos an die Deutschen gefallen, als General de Gaulle von England aus zum Widerstand aufrief. 128 Seeleute auf sieben Booten fuhren nach England, um dort General de Gaulle zu treffen. Auf der "Le Corbeau des Mers" waren es 22 Personen. Es ist heute das letzte Boot aus dieser Gruppe, das noch existiert und im Einsatz ist.

Segelschiff mit reotem Segel

Die "Le Corbeau des Mers" ist ein Segelschiff mit Geschichte.

Vannes

Die Regionalhauptstadt Vannes mit 54.000 Einwohnern besitzt eine heute noch sehr pittoreske Altstadt. Die etwa 170 Fachwerkhäuser stammen noch aus dem Mittelalter. Überall entdeckt man das Wahrzeichen der Stadt: "Vannes et sa femme" – Vannes und seine Frau. Neben den historischen Sehenswürdigkeiten erleben die Besucher die Hauptstadt der Region Morbihan aber auch als modern. Mitten im Zentrum findet mittwochs und samstags ein Markt statt. Dieser – wie übrigens alle Märkte in der Bretagne – ist eine gute Gelegenheit, authentische Produkte und regionale Spezialitäten kennenzulernen.

Holzfiguren von Mann und Frau an einer Hausfassade

Das Wahrzeichen der Stadt "Vannes et sa femme" entdeckt man an vielen Stellen im Ort.

Lesetipps für die Bretagne

Marcus X. Schmid
Bretagne
Michael Müller Verlag, 12. Aufl. 2022
ISBN 978-3956549618
Preis: 27,90 Euro

Bretagne. Merian Magazin 9/21
Jahreszeitenverlag, 2021
ISBN ‎ 978-3834232885
Preis: 9,90 Euro

Marcus X. Schmid (Autor), Monika Steineberg (Fotografin)
111 Orte in der Bretagne, die man gesehen haben muss
Emons Verlag, 3. Aufl. 2023
ISBN 978-3740818807
Preis: 18,00 Euro

Thomas Rettstatt
Bretagne. Zwischen Mont-Saint-Michel und Saint-Nazaire. 50 Wandertouren
‎Rother Bergverlag; 10. akt. Aufl. 2023
ISBN 978-3763341535
Preis: 14,90 Euro