Bekir Alboga in einer Moschee in Köln-Ehrenfeld

Sprecherwechsel beim Koordinationsrat der Muslime

Ein Muslim-Rat, den keiner braucht?

Stand: 27.09.2007, 14:21 Uhr

Der Koordinationsrat der Muslime hat Bekir Alboga als neuen Sprecher benannt. Was kann der Rat bewirken? Vom Ziel, sich als zentraler Ansprechpartner für Politik und Gesellschaft zu etablieren, scheint er weit entfernt.

Bekir Alboga ist neuer Sprecher des Koordinationsrates der Muslime in Deutschland. Er ist Dialogbeauftragter der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) und vertritt nun die islamischen Verbände gegenüber der Öffentlichkeit und der Politik.

Ayyub Axel Köhler, der seit März 2007 das Sprecheramt inne hatte, wertete die ersten sechs Monate seit der Gründung des Koordinationsrates als Erfolg. Das Gremium werde als einheitlicher Ansprechpartner für die Muslime wahrgenommen. Köhler ist gleichzeitig Vorsitzender des Zentralrates der deutschen Muslime. Alboga warb am Donnerstag um die Unterstützung der deutschen Politik für die Integrationsarbeit der muslimischen Verbände. Er betonte, Sprachförderung und bessere Ausbildungs- und Berufschancen seien für die Integration wichtig.

Rat stand schnell in der Kritik

Der KRM wurde am 28. März 2007 gegründet und versteht sich als organisierte Vertretung der Muslime in der Bundesrepublik. Ihm gehören die vier größten muslimischen Verbände an: Die Türkisch-Islamische Union (Ditib), der Islamrat (IRD), der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) und der Zentralrat der Muslime (ZMD).

Zustande gekommen ist die Gründung des Rates nicht zuletzt deshalb, weil die Politik im Vorfeld der zweiten Islamkonferenz im April 2007 Druck ausgeübt hatte. Die muslimischen Verbände bräuchten eine übergreifende Struktur, hatten Politiker unterschiedlicher Parteien gefordert. Das Ziel müsse sein, einen zentralen Ansprechpartner in Sachen Integration und Islampolitik zu haben.

Doch der neu gegründete Rat stand schnell in der Kritik. Wichtige Glaubensrichtungen wie die Aleviten seien nicht vertreten, hieß es. Außerdem repräsentierten die vier Verbände nur zehn Prozent der in Deutschland lebenden Muslime, bemängelte unter anderem Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Beim KRM hieß es hingegen, man spreche für 85 Prozent der Moscheegemeinden.

KRM-Sprecher gegen Kopftuch-Verbot

Nicht nur die Frage, wie viele Muslime der Rat vertritt, ist umstritten. Diskutiert wird auch über die Ansichten der Mitglieder in den Gründungsverbänden. So ist im Islamrat die Gruppierung Milli Görüs vertreten. Und diese wird seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet, weil sie "die Entstehung und Ausbreitung islamistischer Milieus in Deutschland" fördere. Durchaus denkbar also, dass Schäuble auf seiner Islamkonferenz mit Personen debattiert, die er gleichzeitig vom Verfassungsschutz überwachen lässt.

Auch der bisherige KRM-Sprecher Köhler zog sich Kritik zu. So sicherte er muslimischen Eltern, die ihre Töchter vom Schwimmunterricht in der Schule befreien wollten, seine Unterstützung zu. Außerdem sprach er sich gegen das Kopftuch-Verbot für muslimische Lehrerinnen aus, das in vielen Bundesländern gilt, darunter auch in NRW.

Innenministerium: Keine Notwendigkeit zu reden

Beim KRM sieht man das vergangene halbe Jahr positiv. "Wir sind eine junge Organisation, aber unserem Ziel, in wichtigen Angelegenheiten mit einer Stimme zu sprechen, sind wir näher gekommen", zieht eine Verbandssprecherin Bilanz.

Es stellt sich allerdings die Frage, wer diese Stimme überhaupt hören soll. Die Politik nämlich braucht den KRM als Ansprechpartner offensichtlich gar nicht. "Für uns besteht keine Notwendigkeit, mit dem Koordinationsrat zu reden, da die dort versammelten Verbände ohnehin alle in der Islamkonferenz vertreten sind", sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministerium gegenüber WDR.de.