Interview mit dem KRM-Sprecher Ayyub Axel Köhler
"Wir sprechen mit einer Stimme"
Stand: 11.04.2007, 15:10 Uhr
Vier muslimische Organisationen in Deutschland wollen erstmals mit einer Stimme sprechen. Dazu haben sie den "Koordinierungsrat der Muslime" (KRM) gegründet. KRM-Sprecher Ayyub Axel Köhler gab WDR.de Auskunft über die Pläne der Organisation.
Die vier großen muslimischen Verbände in der Bundesrepublik haben sich zu einem Dachverband - dem "Koordinierungsrat der Muslime" (KRM) - zusammengeschlossen. Dies erklärten die Türkisch-Islamische Union (Ditib), der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD), des Islamrats und der Verband der islamischen Kulturzentren (VIKZ) am Dienstagabend (10.04.07) in Köln. "Für mich geht damit ein Traum in Erfüllung", sagte der erste KRM-Sprecher, Ayyub Axel Köhler, am Mittwoch (11.04.2007) in Köln. Köhler ist zugleich ZMD-Vorsitzender.
Die Gründung des Koordinationsrates erfolgte bereits am 28. März 2007, wurde jedoch erst im Vorfeld einer Feier zu Ehren des Propheten Mohammed in der Köln-Arena bekannt gegeben.
WDR.de: Was ist das Ziel des Koordinierungsrates?
Ayyub Axel Köhler: Das Ziel des Koordinierungsrates ist, dass die muslimischen Dachorganisationen mit einer Stimme sprechen. In diesem Rat sind die vier großen Dachverbände vereint, bei denen die Mehrzahl der Moscheegemeinden, in denen das islamische Leben stattfindet, organisiert sind. Der Koordinierungsrat umfasst die Mehrzahl der islamischen Gemeinden in der Bundesrepublik. Er handelt immer in gemeinsamer Absprache mit den Dachverbänden. Er ist damit der alleinige Ansprechpartner, den sowohl die Muslime als auch Politik und Gesellschaft gewünscht haben.
WDR.de: Es hat lange gedauert, in der Bundesrepublik eine muslimische Dachorganisation zu gründen. Weshalb hat es nun geklappt?
Köhler: Es gab bereits einmal einen islamischen Arbeitskreis, der sich allerdings aufgelöst hat. Übrig blieben der Zentralrat des Muslime, Ditib, VIKZ und der Islamrat. In den letzten Jahren verdichteten sich die Bemühungen der Muslime, sich einen alleinigen Ansprecherpartner zu benennen. Gleichzeitig nahm die Einsicht bei den einzelnen Dachverbänden zu, nicht den Alleinvertretungsanspruch durchsetzen zu können.
WDR.de: Wieviel kann der KRM bewirken? Ist er lediglich ein Sprachrohr der vier Gründungsverbände oder eine selbstständige Organisation?
Köhler: Bewirken kann er beispielsweise, dass die Dachverbände auf der Deutschen Islamkonferenz mit einer Stimme sprechen und nicht auseinander dividiert werden können. Ein anderes Beispiel ist die Durchsetzung eines islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen - etwa in NRW.
Auch zur Kopftuchdebatte werden wir uns äußern müssen. Es werden viele Fragen der Gesellschaft an uns heran getragen. Wir sind nun dafür da, Antworten darauf zu geben. Unsere Absicht ist es, mit einer Stimme zu sprechen. Da die Glaubensgrundsätze des Islams in allen unseren Verbänden die gleichen sind, gibt es da keine Schwierigkeiten.
WDR.de: Ist eine Verschmelzung der Verbände geplant? Ist der KRM eine Vorstufe dazu?
Köhler: Die Gründungsverbände werden immer existieren - egal, wie sich der Koordinierungsrat entwickeln wird. Alle vier Organisationen bleiben, was sie sind. Das ist auch richtig so, denn die Gemeindearbeit ist eine Arbeit, die nach innen gerichtet ist, die müssen die Verbände weiterhin alleine leisten. Das braucht man nicht zu zentralisieren. Eine Verschmelzung ist daher nicht geplant.
WDR.de: Das Sprecheramt, das Sie momentan inne haben, soll jedes halbe Jahr neu besetzt werden. Ist bei einer so kurzfristigen Rotation eine kontinuierliche Arbeit denn möglich?
Köhler: Aber sicher. Das hat sich schon während unserer bisherigen Zusammenarbeit gezeigt. Wir haben regelmäßige, mindestens wöchentliche Konsultationen untereinander, bei denen wir alle Probleme miteinander abgleichen werden. Mein Amt beschränkt sich auf die Sprecherfunktion. Als Sprecher kann ich nur mitteilen, was unter uns Konsens ist. Selbstständige Entscheidungen kann ich nicht treffen.
WDR.de: Eines der KRM-Gründungsmitglieder ist der Islamrat, bei dem Milli Görüs Mitglied ist. Diese Organisation wird vom NRW-Verfassungsschutz beobachtet. Haben Sie da keine Berührungsängste?
Köhler: Wir haben keine Berührungsängste untereinander. Es werden fast alle Organisationen vom Verfassungsschutz seit Jahrzehnten beobachtet. Bis jetzt ist noch nichts rausgekommen, was zu einem Verbot oder zu einem konkreten Vorwurf geführt hat. Wir können also von der Unschuldsvermutung ausgehen.
WDR.de: Wie sehen die Pläne des KRM konkret aus?
Köhler: Wir sind zunächst dabei, unter uns alle Handlungen und Aussagen zu koordinieren. Dann ist unser nächstes Ziel, in den einzelnen Bundesländern solche Zusammenschlüsse zu fördern, damit auch dort Ansprechpartner gefunden werden können. Denn wegen der Kulturhoheit der Länder spielt sich die Islampolitik in den Bundesländern ab. Deshalb ist es wichtig, nicht nur bundesweit, sondern auch in den einzelnen Ländern derartige Strukturen zu schaffen. Und danach sehen wir weiter.