Parteien zur Landtagswahl 2012 (Teil 1)
17 Parteien auf dem Wahlzettel
Stand: 17.04.2012, 13:46 Uhr
17 Parteien nehmen mit ihren Landeslisten an der Landtagswahl teil und kämpfen um Sitzplätze im Parlament. Von SPD und CDU über die Piraten bis zur Tierschutzpartei - WDR.de stellt alle zugelassenen Parteien und ihre Wahlprogramme kurz vor.
Am 14. April 2012 hat der Landeswahlausschuss die Landeslisten von 17 Parteien zur Landtagswahl 2012 zugelassen. "Wir haben damit weniger Listen als bei der letzten Landtagswahl", sagt Landeswahlleiterin Helga Block. Hauptgrund seien die engen Fristen angesichts der vorgezogenen Wahl. Parteien, die noch nicht im Landtag vertreten sind, müssen 1.000 Unterstützungsunterschriften einreichen. Diese Hürde sei vor allem für kleine Parteien eine "besondere Herausforderung" gewesen, so Block. Zum Vergleich: Vor der Landtagswahl 2010 wurden 28 Bewerberlisten eingereicht, 25 Parteien erhielten eine Zulassung.
Dieses Mal wollten 21 Parteien mit Landesliste zugelassen werden, vier scheiterten jedoch. Vor allem weil sie nicht mindestens 1.000 Unterstützungsunterschriften eingereicht hatten, wurden folgende Parteien abgelehnt: die Partei "Ab jetzt... Bündnis für Deutschland, für Demokratie durch Volksabstimmung" (Volksabstimmung), die "Deutsche Demokratische Partei" (ddp), die "Partei Bibeltreuer Christen" (PBC) und die Partei "Soziale Gerechtigkeit - Nordrhein-Westfalen" (SG-NRW). Die zurückgewiesenen Parteien können in den Wahlkreisen mit Direktkandidaten antreten, wenn ihre Kreiswahlvorschläge zugelassen werden.
Parteien mit guten Chancen auf Sitze im Landtag | weitere Parteien (alphabetisch) Seite 2 | weitere Parteien (alphabetisch) Seite 3 |
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SPD | AUF | ÖDP |
CDU | BIG | Die PARTEI |
Grüne | FAMILIE | Partei der Vernunft |
FDP | FBI / Freie Wähler | pro NRW |
Linke | FREIE WÄHLER | Die Tierschutzpartei |
Piraten | NPD |
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
Die vergangenen 20 Monate Minderheitsregierung mit den Grünen bezeichnet die SPD als "Erfolgsgeschichte". Hannelore Kraft, seit 2007 Vorsitzende der NRW-SPD, dem größten Landesverband der SPD, will zum zweiten Mal Ministerpräsidentin werden. Sie wurde von ihrer Partei unter stehenden Ovationen mit 99,3 Prozent erneut als Spitzenkandidatin nominiert. Ein SPD-Regierungschef hat Tradition in NRW: Die Partei hatte fast 40 Jahre lang den Ministerpräsidenten gestellt – bis sie 2005 die Mehrheit an eine CDU-FDP-Koalition unter Jürgen Rüttgers verlor. Von 2010 bis zur Auflösung des Landtags am 14.03.2012 regierte die SPD wieder gemeinsam mit den Grünen. Die Sozialdemokraten wollen den begonnenen Weg fortsetzen und "bitten um einen klaren Auftrag für Hannelore Kraft und die NRW-SPD zur Fortsetzung der rot-grünen Koalition".
Die NRW-SPD beschloss auf ihrem Parteitag kein Wahlprogramm, sondern das Regierungsprogramm "NRW auf gutem Weg". Die SPD wirbt mit den Schwerpunktthemen Bildung, Kinder und Kommunen um Wähler. Unter anderem sollen die Beitragsfreiheit in den Kitas und das Ganztagsangebot in den Schulen weiter ausgebaut und kleinere und mittlere Unternehmen mit einem Mittelstandsgesetz gefördert werden. Außerdem will die Partei mit einer Kombination aus Sparen, Zukunftsinvestitionen und Einnahmeverbesserungen den Haushalt bis 2020 konsolidieren. Die SPD holte bei der Landtagswahl 2010 38,5 Prozent der Erst- und 34,5 Prozent der Zweitstimmen (2.980.311 bzw. 2.675.818 Wählerstimmen).
Christlich Demokratische Union (CDU)
War die CDU bei der Landtagswahl 2005 mit 44,8 Prozent der Stimmen noch deutlich stärkste politische Kraft, erreichte sie 2010 nur noch 34,6 Prozent der Zweitstimmen. Spitzenkandidat in diesem Jahr ist Bundesumweltminister und NRW-Landesvorsitzender Norbert Röttgen. Ob er im Falle einer Wahlniederlage sein Berliner Amt aufgibt und als Oppositionsführer in den Landtag von NRW einzieht, ließ er bisher offen. Trotzdem wählten ihn 96 Prozent der Delegierten zum Spitzenkandidaten.
Die CDU zieht mit dem Wahlaufruf "Verantwortung. Kompetenz. Nachhaltigkeit.", einer aktualisierten Version des Wahlprogramms von 2010, in den Wahlkampf. Wichtigstes Anliegen der Partei ist es, ab dem Jahr 2020 auf jede Neuverschuldung zu verzichten. Dafür will die CDU die Neuverschuldung des Jahres 2012 in acht Jahresschritten auf Null zurück führen und eine Schuldenbremse in die Landesverfassung aufnehmen. Um die Erneuerbaren Energien zu fördern, will die CDU den Netzausbau und die Entwicklung neuer Speichertechnologien vorantreiben. Die Partei bekennt sich zur Braunkohle und zum Kraftwerkserneuerungsprogramm: Vorhandene Kraftwerke sollen modernisiert oder durch hocheffiziente fossile Kraftwerke zu ersetzt werden. Das Kraftwerk Datteln IV soll ans Netz gehen. Zudem will die CDU die Landesmittel für den U3-Ausbau erhöhen: zunächst um 81 Millionen Euro, dann auf 481 Millionen Euro. Zugeständnisse macht sie an die rot-grüne Koalition: Studiengebühren und die Kosten für das dritte Kita-Jahr sollen nicht wieder eingeführt werden. Die CDU erhielt 2010 bei der Landtagswahl 38,5 Prozent der Erst- und 34,6 Prozent der Zweitstimmen (2.983.788 bzw. 2.681.700 Wählerstimmen).
Bündnis 90 / Die Grünen (Grüne)
Bis zur Auflösung des Landtags am 14.03.2012 regierten die Grünen gemeinsam mit der SPD in einer Minderheitsregierung. Bei der Landtagswahl 2010 konnten die Grünen die Sitzanzahl im NRW-Parlament von zwölf auf fast 23 verdoppeln. SPD und Grüne zusammen hielten 90 Sitze, die drei Oppositionsparteien CDU, FDP und Linke kamen auf 91. Die Grüne Sylvia Löhrmann war Bildungsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin. Bereits von 1995 bis 2005 koalierten die Grünen mit der SPD, stellten mit Michael Vesper schon einmal den stellvertretenden Ministerpräsidenten.
Sylvia Löhrmann tritt erneut als Spitzenkandidatin an. Die Grünen ziehen mit einem Programmupdate ihres "Zukunftsplan für NRW" von 2010 in den Wahlkampf. Hauptwahlkampfthema sind Energiewende und Klimaschutz, die die Grünen als "Jahrhundertaufgabe" bezeichnen. Weiterhin versprechen sie unter dem Titel Green New Deal, 200.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen – mit gezielten Investitionen in Klimaschutz, Umweltwirtschaft, Bildung, Gesundheit und den sozialen Arbeitsmarkt. Sie fordern weiterhin einen Mindestlohn, eine Frauenquote in Aufsichtsräten und Parlamenten. Mit insgesamt 680 Millionen Euro Landesmitteln wollen die Grünen bis 2013 den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr erfüllen. Auch wollen sie die Gruppengrößen in Kitas begrenzen. Die Partei will zudem die aktive politische Mitbestimmung der Bürger stärken. Für die Grünen stimmten 2010 bei der Landtagswahl 10,1 Prozent der Wähler mit der Erststimme und 12,1 Prozent mit der Zweitstimme (784.826 bzw. 941.162 Wählerstimmen).
Freie Demokratische Partei (FDP)
Die FDP stimmte am 14.03.2012 mit CDU und Linken gegen den Einzeletat des Innenressorts und löste damit die vorgezogene Neuwahl aus. Kritik musste die Partei dafür aus den eigenen Reihen dulden: Der ehemalige Fraktionschef der FDP-Fraktion, Gerhard Papke habe mit der Erzwingung von Neuwahlen das Überleben der Partei riskiert, sagen einige FDP-Mitglieder. Bisher war die FDP mit 13 Abgeordneten im Landtag vertreten. Spitzenkandidat Christian Lindner, zurückgetretener Generalsekretär der Bundes-FDP, wurde mit 99,75 Prozent der Stimmen auf den Spitzenplatz der Landesliste gewählt. Nur einer der 385 Delegierten stimmt gegen ihn.
Die FDP hat in der Geschichte NRWs bereits mit der SPD und der CDU koaliert. Anfang der 50er Jahre erreicht sie noch Ergebnisse um zwölf Prozent, danach sind die Ergebnisse stets einstellig geblieben. Unter dem Motto: "Lieber neue Wahlen als neue Schulden" will die FDP erneut den Einzug in den Landtag schaffen, "vielleicht sogar in Regierungsverantwortung", so die Hoffnung des Noch-NRW-Landesvorsitzenden Daniel Bahr. Die FDP rückt Schuldenpolitik, Bildung und Wohlstand in den Mittelpunkt des Wahlprogramms. Sie setzt sich für Schuldenabbau ein, eine bezahlbare Energiepolitik und eine Bildungspolitik, die jedes Kind individuell fördert. Die FDP will die Studiengebühren wieder einführen. Bei der Landtagswahl 2010 kam die FDP auf 4,7 Prozent der Erst- und 6,7 Prozent der Zweitstimmen (363.895 bzw. 522.229 Wählerstimmen).
Die Linke
Die Partei "Die Linke" war mit elf Abgeordneten im bisherigen Landtag vertreten, darunter dem ersten Linken-Abgeordneten Rüdiger Sagel. Der wurde 2005 für die Grünen in den Landtag gewählt, schied aber 2007 aus deren Fraktion und Partei aus und schloss sich der Partei "Die Linke" an. Die Spitzenkandidatin für die Neuwahl 2012, Katharina Schwabedissen, und ihre Mitstreiter treten bei diesem Wahlkampf weitgehend mit denselben Themen wie 2010 an. Sie fordern die Abschaffung von Hartz IV und Leiharbeit, ein Sozialticket für den ÖPNV in NRW, einen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde und eine Millionärssteuer. Im Bildungsbereich will die Partei sämtliche Gebühren abschaffen - die Abschaffung der Studiengebühren wurde aus dem Programm gestrichen, weil sie sich inzwischen erledigt hat. Außerdem fordert sie die Vergesellschaftung der Energiekonzerne, einen Stopp des klimaschädlichen Braunkohle-Tagebaus und eine Wiedereinführung der Preisaufsicht über Strom- und Gaspreise. Der Partei gehe es, wie auch 2010, immer noch um einen "radikalen Politikwechsel". Weil ein klares Bekenntnis zur parlamentarischen Demokratie fehle, beobachtet der Verfassungsschutz die Partei. Für die Linke gaben 2010 bei der Landtagswahl 5,4 Prozent der Wähler ihre Erststimme ab, 5,6 Prozent die Zweitstimme (415.241 bzw. 435.627 Wählerstimmen).
Die Piratenpartei
Bei der letzten Landtagswahl holten die Piraten 0,9 Prozent der Erst- und 1,6 Prozent der Zweitstimmen (70.610 bzw. 121.046 Wählerstimmen), waren also vom Einzug in den Landtag weit entfernt. Nach 8,9 Prozent der Stimmen bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin und 7,4 Prozent im Saarland, rechnen sie sich für die NRW-Landtagswahl 2012 gute Chancen auf Sitze im Parlament aus. Für die Piraten tritt ein Spitzenquartett an - geführt vom Neusser Biophysiker und Medienpädagogen Joachim Paul.
Kernthema des Wahlprogramms ist der Verbraucherschutz: Die Piraten fordern die Verankerung des Verbraucherschutzes in der Landesverfassung und ein eigenes Ministerium. Die Schulden des öffentlichen Haushalts in NRW will die Piratenpartei durch Steuererhöhungen und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer verringern. Bei den Landesfinanzen will die Partei absolute Transparenz: Jeder Haushaltsentwurf des Landes müsse im Internet vollständig einsehbar sein. Staatliche Subventionen lehnen die Piraten prinzipiell ab. Eine der populärsten Forderungen der Piraten ist ein fahrscheinloser Nahverkehr in ganz NRW. Außerdem sollen öffentliche Elektroautos und Fahrräder zu Verfügung gestellt werden. Im Bereich Bildung fordern sie unter anderem ein eingliedriges Schulsystem, die Auflösung von Klassenverbänden und flexible Schullaufbahnen, wonach Schüler nicht mehr ganze Klassen, sondern nur noch einzelne Fächer wiederholen sollen.