Eine deutsche und eine türkische Fahne wehen vor dem Minarett einer Moschee

Landesweite Studie zur Integration präsentiert

Weniger Chancen für türkische Einwanderer

Stand: 19.06.2007, 12:50 Uhr

Die Berufschancen und die wirtschaftliche Situation von Frauen und Männern türkischer Herkunft in NRW haben sich verschlechtert. Das ist ein Ergebnis einer Studie, die Integrationsminister Laschet am Dienstag (19.06.2007) in Düsseldorf vorgestellt hat.

Von 1.000 Befragten hatten im vergangenen Jahr nur noch 36 Prozent eine Vollzeit-Stelle, heißt es in der Befragung, die das Essener Zentrum für Türkeistudien im Auftrag des NRW-Integrationsministeriums durchführte. 2005 lag der Anteil noch bei 41 Prozent, im Jahr 2001 waren es sogar fast 50 Prozent. Seit 1999 wírd die Umfrage jedes Jahr wiederholt. Die Befragten waren zwischen 18 und 76 Jahre alt. Insgesamt leben in Nordrhein-Westfalen rund 940.000 Frauen, Männer und Kinder türkischer Herkunft. Unter ihnen sind sowohl Türkischstämmige mit deutschem als auch mit türkischem Pass.

"68 Prozent der Befragten sind der Meinung, ihre wirtschaftliche Situation habe sich in den letzten Jahren verschlechert", berichtete Integrationsminister Laschet. "Nur jeder zehnte sieht eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage in den letzten Jahren. Und auch für die Zukunft erwartet nur ein Fünftel eine Verbesserung." Bundesweit lebten 43 Prozent der Frauen und Männer türkischer Herkunft unter der Armutsgrenze, sagte der Leiter des Zentrums für Türkeistudien, Faruk Sen.

Nachfolgegenerationen besser integriert

Laut Laschet sind türkischstämmige Zuwanderer heute dennoch besser in die Gesellschaft eingegliedert als die erste, angeworbene Generation. Armin Laschet ist Deutschlands einziger Integrationsminister, von seiner Existenz wusste nur ein Viertel der Befragten. "Es gibt keine Hinweise auf eine Parallelgeselllschaft ", so Laschet weiter. Nur ein Prozent der Befragten verweigerte ausdrücklich den Kontakt zu Deutschen. Weitere vier Prozent hätten ebenfalls keine Kontakte zu Deutschen, obwohl sie sich solche wünschten. Laschet kündigte härtere Maßnahmen gegen junge "Integrationsunwillige" an.

Religiösität hat abgenommen

Leicht abgenommen hat der Studie zufolge die Religiösität unter den Menschen türkischer Herkunft in NRW. Zwar gehörten 94 Prozent der Befragten dem islamischen Glauben an. Doch nur 68 Prozent bezeichneten sich als "sehr religiös" oder "eher religiös". 2005 waren es noch 75 Prozent.

Laschet äußerte sich auch zum Streit um den Neubau einer großen Moschee in Köln-Ehrenfeld: "Gläubige haben das Recht, sich ein schönes Gotteshaus zu bauen." Hinterhöfe und Tankstellen seien ein unwürdiger Platz. Dass das Bistum Essen über 1.000 Kirchen verkaufen müsse, während Moscheen neu gebaut würden, sei nicht den Muslimen anzulasten. "Diese Entwicklung haben sich kirchenmüde Christen selbst zuzuschreiben."

Mehr Freundschaften mit Deutschen

Viel zu tun bleibe auf dem Feld der sprachlichen Annäherung. Rund die Hälfte der Befragten schätzten ihre Deutschkenntnisse als mittelmäßig oder schlecht ein. Selbst unter jungen Einwanderern - meist nachgereiste Ehepartner - gibt ein Fünftel nur mäßige Kenntnisse an. Von der Politik fühlen sich die meisten der Befragten allein gelassen. Politische Institutionen, Verbände und Organisationen empfänden die wenigsten als Vertreter ihrer Interessen, heißt es in der Studie. Nicht einmal ein Fünftel beschreibt das Klima in Politik und Gesellschaft gegenüber Zugewanderten als "gut" oder "eher gut". Der Anteil der Eingebürgerten mit deutscher Staatsangehörigkeit stagnierte bei 37 Prozent.

Verbesserungen verzeichnet die Studie bei freundschaftlichen Beziehungen zu Deutschen, der Identifikation mit Deutschland als Heimat und bei dem Engagement in Vereinen und Verbänden.