Debatte um Braunkohletagebau
Wie lange laufen die Bagger in Garzweiler noch?
Stand: 02.04.2014, 17:08 Uhr
Garzweiler II wird verkleinert - diese überraschende Entscheidung löste Unruhe im politischen Düsseldorf aus. Ist das der Ausstieg aus dem Braunkohle-Abbau? Wirtschaftsminister Duin bestritt das am Mittwoch (02.04.2014) im Landtag. Doch die Opposition glaubte ihm nicht.
Was genau ist passiert, vergangenen Freitag (28.03.2014), als Hannelore Kraft eine Verkleinerung von Garzweiler II verkündet hat? Hat sich die Ministerpräsidentin damit von einem Viertel des geplanten Tagebaus verabschiedet? Soll 2030 Schluss sein mit dem Braunkohle-Abbau? Haben die Grünen in dieser Schicksalsfrage schließlich doch gesiegt und die SPD klein beigegeben? Eine Entscheidung und so viele Fragen. CDU und FDP haben in den vergangenen Tagen aus allen Rohren gegen die Regierung geschossen. Die Entscheidung sei falsch, gefährde die Versorgungssicherheit und tausende Arbeitsplätze, und sie sei auch noch am Parlament vorbei von oben verordnet worden, sagen sie. Am Mittwoch (02.04.2014) nun hat erstmals Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) bei einer Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses Stellung bezogen. Und dabei zumindest einen Vorwurf abgeräumt.
In Hambach wird bis 2045 Kohle abgebaut
Den nämlich, dass ab 2030 keine Braunkohle mehr in NRW abgebaut werde. Das sei schon deshalb falsch, so Duin, weil im größten Tagebau in Hambach noch mindestens bis 2045 Kohle aus der Erde geholt würde. Was Garzweiler II betrifft, ist Duin nicht so eindeutig. Er sagt, die Landesregierung habe anerkannt, dass die Fortführung des Tagebaus bis 2030 erforderlich sei. Keyenberg, Kuckum, Berverath, Unter- und Oberwestrich müssen also den Baggern weichen. Was aber danach komme, im vierten Tagebau-Abschnitt, müsse noch entschieden werden. Klar sei derzeit nur, dass die rund 1.500 Menschen in Holzweiler und Dackweiler, die im vierten Abschnitt liegen, von der Umsiedlung verschont bleiben. Dass aber der gesamte vierte Abschnitt unangetastet bleibe - das sei damit nicht gesagt.
Wird um Holzweiler herumgebaggert?
Was bedeutet das nun? Machen die Bagger einen Bogen um diese beiden Ortschaften? Sind sie dann von drei Seiten umzingelt, wie der örtliche SPD-Abgeordnete Guido van den Berg befürchtet? Das ist alles unklar. Duin sagt, bis Mitte 2015 solle es eine neue Leit-Entscheidung zu Garzweiler II geben. Darin soll zum Beispiel festgelegt werden, wie viel Kohle noch benötigt wird, wie der Kraftwerkspark der Zukunft aussehen soll und wie hoch die CO2-Emissionen aus der Braunkohleverstromung sein dürfen. Auf dieser Basis dann könnten "Einzelfragen" wie die neuen Abbaugrenzen entschieden werden.
Ein Kompromiss auf Zeit
Das zeigt, um den vierten Abschnitt von Garzweiler II dürfte in den kommenden Monaten noch heftigst gerungen werden. Insbesondere auch innerhalb der Koalition. Denn während SPD-Mann Rainer Schmeltzer vollmundig erklärt, mit der Leitentscheidung werde man auch den vierten Abschnitt zum Abbau freigeben, klingt das bei Reiner Priggen ganz anders. Mit neuen, effektiveren Kohle-Kraftwerken und immer mehr Erneuerbaren komme man in Zukunft mit weniger Braunkohle aus, sagt der Grünen-Fraktionschef. Der Weg zur Leit-Entscheidung - so viel ist sicher - wird für Rot-Grün kein einfacher sein. Die Entscheidung von Freitag ist ein Kompromiss auf Zeit.
Kraft gibt Regierungserklärung ab
Die Opposition hat das natürlich zur Kenntnis genommen - und beklagt wortreich die Uneinigkeit in der Koalition. Allerdings haben auch CDU und FDP Schwierigkeiten, eine eindeutige Haltung zu Garzweiler II zu finden. Die Forderung, Holzweiler wie geplant abzubaggern, kommt jedenfalls keinem der Parlamentarier über die Lippen. Im Gegenteil: Der energiepolitische Sprecher der Union, Thomas Kufen, beglückwünscht Rot-Grün zur klaren Entscheidung für die Menschen.
Am kommenden Mittwoch (09.04.2014) wird nun Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) im Landtag eine Regierungserklärung zu Garzweiler II abgeben. Die Debatte dürfte interessant werden.