1. Rundfunkrat diskutiert Klage vor dem Bundesverfassungsgericht
ARD und ZDF haben das Bundesverfassungsgericht angerufen, um die Beitragserhöhung auf dem Rechtsweg durchzusetzen. Ob die Länder einer Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent zum 1. Januar 2025 zustimmen, ist noch offen. Eine Entscheidung soll erst auf der Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember fallen. Die Sender sehen ihren Anspruch auf eine bedarfsgerechte und staatsferne Finanzierung durch die Politik verletzt. Maßgeblich für die Entscheidung über die Höhe des Rundfunkbeitrags ist die Empfehlung der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF).
Der Rundfunkrat hatte vor einem Jahr gegenüber den für Medienpolitik zuständigen Ländern angemahnt, dass der KEF-Empfehlung die verfassungsrechtlich gebotene politische Umsetzung folgen müsse. Im April konkretisierte er seine Aufforderung an den WDR, bei Untätigkeit der Länder den berechtigten Anspruch auch gerichtlich durchzusetzen. Einige Mitglieder kritisierten jedoch die jetzige Entscheidung zu einer Verfassungsbeschwerde und insbesondere den gewählten Zeitpunkt. Bedenken äußerten einzelne Mitglieder besonders mit Blick auf die Wahrnehmung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Öffentlichkeit. Einige zeigten sich auch bezüglich der Entscheidung irritiert, die nächste Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember nicht zunächst abzuwarten. Zahlreiche Mitglieder unterstützten die Entscheidung zu einer Verfassungsbeschwerde ausdrücklich. Intendant Tom Buhrow bekräftigte in der Sitzung seine Position, dass die Finanzierung dem Auftrag folgen müsse. ARD und WDR hätten ihre Reformbereitschaft bereits durch den Ausbau von Kooperationsprojekten unter Beweis gestellt. Außerdem habe die KEF in einem Sondergutachten zu den Auswirkungen der Reformpläne deutlich gemacht, dass sie für die kommende vierjährige Beitragsperiode ab 2025 keine nennenswerten Einsparungen gegenüber ihrer Empfehlung von 18,94 Euro sehe.
2. WDR-Haushalt für 2025 in den Rundfunkrat eingebracht
Die Vorsitzende des WDR-Verwaltungsrats, Claudia Schare, stellte dem Rundfunkrat den Haushaltsplan des WDR für das Jahr 2025 sowie die mittelfristige Finanz- und Aufgabenplanung für die Jahre 2024 bis 2028 vor. Das Haushaltsjahr 2025 ist das erste Jahr einer neuen vierjährigen Beitragsperiode. Der WDR plant seinen Betriebshaushalt 2025 mit einem Volumen von rund 1,66 Milliarden Euro, dessen Erträge überwiegend (rund 79 Prozent) aus dem Rundfunkbeitrag stammen. Die Planung sieht für Ende 2025 einen zahlungswirksamen Überschuss in der Finanzrechnung in Höhe von 177 Millionen Euro vor. Systembedingt kommt es allerdings regelmäßig in den ersten Jahren neuer Beitragsperioden zu Überschüssen, die im Verlauf der vierjährigen Beitragsperiode durch Defizite in den Folgejahren ausgeglichen werden. Dieses zentrale Steuerungsinstrument der Haushaltsplanung innerhalb einer Beitragsperiode wird als „Allgemeine Ausgleichsrücklage“ bezeichnet.
Claudia Schare wies darauf hin, dass der Haushaltsplan 2025 und die mittelfristige Finanzplanung des WDR mit Risiken behaftet seien, unter anderem da die Haushaltsplanung auf der Annahme beruhe, dass der Rundfunkbeitrag zum 1. Januar 2025 erhöht werde. Außerdem könnten die laufenden Tarifverhandlungen zu höheren Personalaufwendungen führen. Sollten sich aus diesen Risiken Finanzierungslücken ergeben, müssten weitere Einsparpotenziale aus den Reformprojekten gehoben und gegebenenfalls zusätzliche strategische Sparmaßnahmen ergriffen werden, um einer strukturellen Unterfinanzierung des WDR ab 2028 entgegenwirken zu können.
Der Rundfunkrat überwies die Haushaltspläne an seinen Haushalts- und Finanzausschuss (HFA), der sie auf seiner Klausurtagung im Dezember eingehend beraten wird. Die Vorsitzende des HFA, Gisela Hinnemann, erklärte, ihr Ausschuss werde sich vor allem mit strategischen Fragen befassen, die auch von den anderen Ausschüssen des Rundfunkrats eingebracht worden seien. In der Dezember-Sitzung des Rundfunkrats sollen die Pläne in zweiter Lesung abschließend beraten und der Haushalt verabschiedet werden. Gleichzeitig befasst sich der Rundfunkrat mit den Finanzplanungen des Zentralen Beitragsservice (ZBS) von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Die Federführung für den ZBS mit Sitz in Köln liegt beim WDR.
Der Rundfunkrat nahm auch den Jahresabschluss 2023 des WDR zur Kenntnis – die formelle Feststellung obliegt dem Verwaltungsrat. Der Jahresabschluss 2023 weist im Betriebshaushalt einen Überschuss von 150 Millionen Euro aus, was einer Verbesserung von 208 Millionen Euro gegenüber dem Plan entspricht. Das positive Ergebnis ist allerdings in erster Linie auf versicherungsmathematische Parameter und Veränderungen bei den Pensionsrückstellungen zurückzuführen, also vereinfacht gesagt auf die positive Entwicklung am Kapitalmarkt. Auch das Finanzergebnis, die um rein kalkulatorische Aufwendungen und Erträge bereinigte Betriebshaushaltsrechnung, weist bei einer Verbesserung von 46,1 Millionen Euro gegenüber dem Plan einen Fehlbetrag von „nur“ 2,2 Millionen Euro aus.
3. Rundfunkrat zieht Bilanz zu Sportberichterstattung
Der Rundfunkrat und seine Fachausschüsse haben sich in diesem Jahr intensiv mit dem Schwerpunktthema Sport beschäftigt. Die Ausschussvorsitzenden berichteten in der Sitzung über ihre Beratungen. Im Rahmen einer Programmbeobachtung hatte der Programmausschuss des WDR gemeinsam mit dem Programmbeirat der ARD die Berichterstattung zur UEFA Euro 2024 ausgewertet. Dabei wurden erstmals die gemeinsamen Standards der ARD-Gremien zur Qualitätsüberprüfung angewendet. Im Ergebnis, so Gabriele Hammelrath, Mitglied des Programmausschusses und Vorsitzende des ARD-Programmbeirats, seien die Sendungen vielfältig gestaltet gewesen und hätten auch dadurch ein breites, insbesondere jüngeres Publikum erreicht. Der Haushalts- und Finanzausschuss hatte die Sportkosten im WDR und in der ARD eingehend analysiert, wie die Ausschussvorsitzende Gisela Hinnemann berichtete. In diesem Zusammenhang hatte der Ausschuss eine aktualisierte Sportstrategie gefordert, die Wirtschaftlichkeit, Vielfalt der Sportberichterstattung und Erschließung neuer Zielgruppen optimal ausbalanciert und damit der hohen gesellschaftlichen Bedeutung des Sports gerecht wird. Der Ausschuss für Rundfunkentwicklung und Digitalisierung hatte sich mit der Sportberichterstattung im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft 2024 sowohl aus technischer Sicht als auch mit Blick auf die digitale Nutzung befasst. Durch den crossmedialen Ansatz der Berichterstattung seien Synergien genutzt worden. Grundsätzlich habe der Ausschuss die Produktion zum Sportereignis als Technologietreiber wahrgenommen, so der Ausschussvorsitzende Prof. Gerd Ascheid.
Boris Inanici, Leiter Sport-Großprojekte des WDR, gab in der Sitzung einen Überblick über die Berichterstattung zur UEFA Euro 2024 und weiteren Großprojekten in 2024, wie den Olympischen Spielen. Mit 27,154 Mio. Zuschauerinnen und Zuschauern beim EM-Spiel Spanien gegen Deutschland und 80,9 Prozent Marktanteil habe man außerordentlich viele Menschen mit der Berichterstattung erreichen können. Einen neuen Rekord habe man im Dialog mit dem Publikum auf Social Media erreicht – 400.000 Kommentare befassten sich mit der Berichterstattung zur Euro 2024. Mit der Berichterstattung zu den Olympischen Spielen habe man insbesondere überdurchschnittlich viele junge Menschen erreicht.
4. Programmbeschwerde zu ‚Tagesthemen‘ abgelehnt
In der vorliegenden Programmbeschwerde konnte der Rundfunkrat keinen Verstoß gegen die gesetzlichen Programmgrundsätze feststellen. Der Beschwerdeführer kritisiert eine Ausgabe der ‚Tagesthemen‘ vom 12. Juni 2024, die sich in verschiedenen Beiträgen mit einem möglichen neuen Wehrdienstmodell beschäftigt, wie es der Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius, vorschlägt. Einer der Beiträge zeigt den Bundeswehrtag in Aachen – dort wurden jugendliche Besucherinnen und Besucher und anderswo weitere junge Erwachsene zum Thema interviewt. Aus Sicht des Beschwerdeführers ist dieser Beitrag als „Kriegs(bereitschafts)propaganda“ einzustufen. Die gezeigten Kinder und Jugendlichen seien zu diesem Zweck instrumentalisiert worden. In der Begründung seiner Programmbeschwerde führt er aus, die O-Töne zweier junger Erwachsener seien „naiv“ und „kriegsverherrlichend“. Außerdem stört er sich daran, dass ein Kleinkind gezeigt wird, das in einen Panzerwagen krabbelt.
Gabriele Hammelrath, fasste die Beratungen des Programmausschusses zusammen: Die überwiegende Mehrheit der Mitglieder sei zu der Einschätzung gelangt, dass die Berichterstattung über die Debatte um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und ein „neues Wehrdienstmodell“ zum Programmauftrag des WDR gehöre. Die kritisierten Äußerungen der Jugendlichen seien nicht „kriegsverherrlichend“ – durch die insgesamt acht O-Töne der interviewten Jugendlichen und jungen Erwachsenen habe man unterschiedliche Perspektiven auf das vielschichtige Thema „Wehrdienst“ darstellen wollen, um dem Publikum eine eigene Meinungsbildung zu ermöglichen. Die Darstellung des Kleinkindes beim Bundeswehrtag in Aachen habe ein Stimmungsbild der Veranstaltung einfangen wollen und sei schlicht ein Abbild der Realität gewesen.
5. Produktionsverträge genehmigt
Der Rundfunkrat stimmte der Fortsetzung der Talkshow ‚Kölner Treff‘ im Jahr 2025 sowie dem Produktionsvertrag für die zweite Staffel der Serie ‚Die Notärztin‘ zu. Alle Produktionen, die mehr als zwei Millionen Euro kosten, müssen zuvor vom Rundfunkrat genehmigt werden.
6. Ausblick
Die nächste Sitzung des WDR-Rundfunkrats findet am 20. Dezember 2024 voraussichtlich im Wallraf-Richartz-Museum statt.