1. Reformstaatsvertrag: Vorsitzender mahnt Beteiligung der Aufsichtsgremien an
Rolf Zurbrüggen, Vorsitzender des WDR-Rundfunkrats
Der Vorsitzende des Rundfunkrat, Rolf Zurbrüggen, äußerte sich zu den Plänen der Länder, bis Ende Oktober einen Reformstaatsvertrag für die Zukunftssicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf den Weg zu bringen.
Ein erster, nicht veröffentlichter Referentenentwurf zur Novellierung des Medienstaatsvertrages sah weitreichende Änderungen, wie die Einführung einer ARD-Geschäftsführung, die Durchführung von Leistungsanalysen zur Auftragserfüllung anhand messbarer und vergleichbarer Kriterien sowie die Reduzierung der Hörfunkwellen, vor. Die Gremienvorsitzenden der ARD-Anstalten begrüßten diese Reformvorschläge mehrheitlich, befürchteten aber, dass sich die Medienpolitik letztlich nicht auf diese Maßnahmen einigen könne und wesentliche Reformelemente verwässert würden (Gastbeitrag des GVK-Vorsitzenden für die Süddeutsche Zeitung).
2. Tätigkeitsbericht des Rundfunkrats veröffentlicht
Der aktuelle Tätigkeitsbericht des Rundfunkrats stellt die Arbeit des Gremiums in den Jahren 2021 bis 2024 dar – er ist hier abrufbar. Jeweils zur Mitte und zum Ende der Amtsperiode des Gremiums wird für die Öffentlichkeit dokumentiert, mit welchen thematischen Schwerpunkten sich der Rundfunkrat befasst hat und welche wichtigen Entscheidungen getroffen wurden. Erstmals wird der Bericht ausschließlich online veröffentlicht – in Form von vier Interviews mit den Vorsitzenden des Rundfunkrats und seiner Fachausschüsse.
3. Bewerbungsfrist für ehrenamtliche Mitglieder im WDR-Verwaltungsrat verlängert
Für die Wahl des nächsten WDR-Verwaltungsrats am 27. September 2024 hat der Rundfunkrat die Bewerbungsfrist um eine Woche verlängert. Interessierte können ihre Unterlagen noch bis zum 4. September 2024 beim Rundfunkrat einreichen. Der Ausschreibungstext und die Rahmenbedingungen für die Wahl sind online abrufbar.
4. Programmbeschwerden abgelehnt
Petra Kammerevert, Vorsitzende des Programmausschusses
Der Rundfunkrat hatte in seiner Sitzung über drei Programmbeschwerden zu entscheiden – in keinem Fall konnte ein Verstoß gegen die gesetzlichen Programmgrundsätze des Senders festgestellt werden.
Ein Beschwerdeführer kritisiert verschiedene Ausgaben der ‚Aktuellen Stunde‘ sowie der ‚Lokalzeit‘, in denen die Parteizugehörigkeit von Interviewpartnern nicht offengelegt worden sei. Er sieht darin eine bewusste Unterschlagung von Informationen und einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht (§ 5 Abs. 6 Satz 2 WDR-Gesetz). Als Beispiel führt er die ‚Lokalzeit Ruhr‘ vom 25. Januar 2024 an. Der Beitrag berichtete über zwei geplante Gegendemonstrationen zu einer Bürgerveranstaltung der AfD am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Der WDR interviewte eine Vertreterin des Aktionsbündnisses gegen Rassismus, die zugleich Fraktionsvorsitzende der Grünen in Gelsenkirchen ist. Der Beschwerdeführer rügt eine ungleiche Behandlung bei der Berichterstattung über das sogenannte „Potsdamer Geheimtreffen“ im November 2023, bei dem die Parteizugehörigkeit der Anwesenden thematisiert worden sei.
Petra Kammerevert, Vorsitzende des Programmausschusses, fasste die Beratungen des Ausschusses zusammen. Die Nennung der Parteizugehörigkeit sei immer dann erforderlich, wenn sich die Betroffenen in dieser Eigenschaft äußerten oder wenn es sonst für das Thema relevant sei. Grundsätzlich könne auf die bloße Nennung der Parteizugehörigkeit ohne ausgeübte Funktion in den meisten Fällen verzichtet werden. Im konkreten Beitrag der ‚Lokalzeit Ruhr‘ wäre dies zwar sinnvoll, in der Gesamtschau aber nicht zwingend erforderlich gewesen, so die mehrheitliche Meinung des Programmausschuss.
In einer weiteren Programmbeschwerde zur Sendung ‚Presseclub‘ vom 28. Januar 2024, die sich mit dem Umfragehoch der AfD zu Beginn des Jahres und den Gründen dafür befasste, rügt ein Beschwerdeführer die Verletzung des Programmgrundsatzes der Verpflichtung zur Wahrheit (§ 5 Abs. 4 WDR-Gesetz). Zu Gast in der Sendung waren unter anderem Anette Dowideit, stellvertretende Chefredakteurin des Recherchenetzwerks CORRECTIV, sowie die freie Journalistin und Kolumnistin Sabine Rennefanz. CORRECTIV hatte Ende 2023 einen Bericht über das sogenannte „Potsdamer Geheimtreffen“ veröffentlicht. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass der Moderator Jörg Schönenborn die Falschbehauptung von Frau Dowideit, in dem Bericht kämen die Worte „Wannseekonferenz“ und „Deportation“ nicht vor, unkommentiert gelassen habe.
Petra Kammerevert fasste die mehrheitliche Meinung des Programmausschusses zusammen: Bei Betrachtung des gesamten Diskussionsverlaufs werde deutlich, dass sich Frau Dowideit insgesamt auf die von Frau Rennefanz kritisierte Gleichsetzung der AfD mit den Nationalsozialisten, insbesondere deren Bezeichnung als „Nazis“, bezogen habe und nicht nur auf die Erwähnung der Wannseekonferenz im CORRECTIV-Text. Letztere und der Begriff „deportieren“ würden im CORRECTIV-Text zwar erwähnt, die Begriffe würden jedoch in einen historischen Kontext gestellt und es werde kein direkter Vergleich zwischen den Teilnehmern des Potsdamer Treffens und den Nationalsozialisten gezogen, so Petra Kammerevert weiter. Es sei davon auszugehen, dass Frau Dowideit mit ihrem kurzen Einwurf genau dies habe klarstellen wollen. Eine Verletzung des genannten Programmgrundsatzes sei nicht erkennbar.
Die dritte Programmbeschwerde bezog sich auf den Beitrag „Demo gegen Rechtsextremismus" in der ‚Lokalzeit Südwestfalen‘ vom 2. Februar 2024. Darin wurde unter anderem der O-Ton eines Mädchens gezeigt, das mit ihren Eltern an einer solchen Demonstration in Arnsberg teilgenommen hatte. In der Äußerung des Mädchens („Die AfD will ja, dass halt alle Leute, die nicht aus Deutschland kommen, halt rausgehen und bei uns aus der Klasse wären dann halt nicht mal die Hälfte mehr da. Und ich will halt, dass alle bleiben.“) kritisiert der Beschwerdeführer die Verbreitung falscher Tatsachen durch den WDR. Dadurch seien die Programmgrundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung (§ 5 Abs. 5 Satz 1 WDR-Gesetz) sowie der journalistischen Sorgfalt (§ 5 Abs. 6 Satz 2 WDR-Gesetz) verletzt.
Der Beitrag habe erkennbar die Meinungsäußerung eines Kindes wiedergegeben, so Petra Kammerevert. Der Programmausschuss sei daher mehrheitlich zu dem Schluss gekommen, dass eine Positionierung des WDR durch die Einbindung des O-Tons ebenso wenig gegeben sei wie eine Instrumentalisierung des Kindes. Auch Kindern stehe nach der UN-Kinderrechtskonvention das Recht auf freie Meinungsäußerung zu, ebenso wie das Recht auf Versammlungsfreiheit. Zudem hätten die Erziehungsberechtigten dem Interview zugestimmt.
5. WDR informiert über Erfüllung seines Programmauftrags
Der „Erfüllungsbericht“ des WDR informiert darüber, wie der Sender die Programmrichtlinien in seinen Programmangeboten erfüllt. Neu am diesjährigen Bericht ist die Integration der Online-Angebote in die Darstellung, die bisher in einem separaten Bericht behandelt wurden. Die Fachausschüsse, die den Bericht vorberaten hatten, bewerteten die Gestaltung des Berichts und die Integration der Online-Angebote als gelungen. Positiv sei, dass der Bericht konkrete Zielgrößen benenne, die eine objektive Bewertung erleichterten. Hier würde man sich für die Zukunft jedoch mehr quantitative Werte wünschen. Die Ausschüsse regten auch weitere Fortentwicklungen an, so z. B. eine bessere Verknüpfung des „Erfüllungsberichts“ mit der Qualitätsrichtlinie für die ARD-Angebote. Der Erfüllungsbericht ist ein gesetzlich vorgeschriebener Bericht, der dem Rundfunkrat jährlich vorzulegen ist. Das Programm des WDR soll der Information, Bildung und Unterhaltung dienen. Darüber hinaus hat der Sender Beiträge aus Kultur, Kunst und Beratung anzubieten und in seinen Sendungen einen umfassenden Überblick über das nationale und internationale Geschehen in allen wichtigen Lebensbereichen zu vermitteln.
6. Nicht-europäische Ankaufproduktionen in der Mediathek
Der WDR-Rundfunkrat stimmte einer Richtlinie zur Veröffentlichung von nicht-europäischen Ankaufproduktionen in Online-Angeboten, wie z. B. der ARD Mediathek, zu. Hintergrund der WDR-Richtlinie ist der Dritte Medienänderungsstaatsvertrag, der im Juli 2023 in Kraft getreten ist. Mit ihm wurde ermöglicht, dass auch nicht-europäische Werke aus den Bereichen Bildung und Kultur online zugänglich gemacht werden können, wenn sie in besonderem Maße zum öffentlich-rechtlichen Profil beitragen. Außerdem dürfen sowohl europäische als auch nicht-europäische Ankaufproduktionen bis zu 30 Tage online angeboten werden, wobei eine Verlängerung aus redaktionellen oder programmkonzeptionellen Gründen möglich ist. Die neue Richtlinie legt bestimmte Kriterien fest, die nicht-europäische Werke erfüllen müssen. Entscheidende Kriterien sind hierbei Einblicke in andere Kulturen sowie Bildungsaspekte.
Zuvor war der Rundfunkrat der Einschätzung des Intendanten gefolgt, dass für die Konkretisierung dieses erweiterten Online-Angebots von WDR und ONE kein Genehmigungsverfahren (sog. „Dreistufentest“) erforderlich, sondern die Verabschiedung einer Richtlinie ausreichend ist.
Die Zustimmung des Rundfunkrates, vorbereitet durch Beratungen im Ausschuss für Rundfunkentwicklung und Digitalisierung und im Programmausschuss, ist mit der Erwartung verbunden, dass der WDR einmal jährlich über die Anwendung der Richtlinie berichtet und die redaktionellen Gründe für eine mögliche Verlängerung der Verweildauer über 30 Tage hinaus darlegt. Mit der Richtlinie wird ein einheitliches und rechtsverbindliches Vorgehen innerhalb der ARD sichergestellt.
7. Rundfunkrat genehmigt zwei Produktionsverträge
Grünes Licht gab der Rundfunkrat für die Produktion weiterer Staffeln zweier etablierter Formate. Die Genehmigungen betreffen eine neue Staffel der Quizshow ‚Wer weiß denn sowas?‘ sowie der Serie ‚Babylon Berlin‘. Der Verwaltungsrat des WDR hatte zuvor die Zustimmung zu diesen Produktionsverträgen empfohlen.
8. Ausblick
Die nächste Sitzung des WDR-Rundfunkrats findet am 27. September 2024 voraussichtlich im Wallraf-Richartz-Museum statt. In dieser Sitzung ist die Wahl des nächsten Verwaltungsrats geplant.