Musher Gunnar Kaasen und sein Original-Gespann mit Leithund Balto (oben 1.li.)

Stichtag

2. Februar 1925 - Hundeschlitten-Staffel rettet Nome vor Diphtherie

Am 22. Januar 1925 funkt Dr. Curtis Welch aus Alaska einen verzweifelten Hilferuf nach Washington: "Diphtherie-Epidemie unvermeidlich ++ stop ++ brauche dringend 1 Million Einheiten Serum ++ stop ++ Transport nur mit Postschlitten möglich". Welch ist als einziger Arzt in der früheren Goldgräberstadt Nome für rund 1.500 Einwohner verantwortlich. Nach drei Todesfällen bei Kindern in wenigen Tagen stellt er die erschreckende Diagnose: Diphtherie.

Welchs Vorrat an Serum gegen die tödliche Infektionskrankheit ist schnell verbraucht. Eine Epidemie mit hunderten Opfern scheint unausweichlich, denn Eis und Schneestürme machen es unmöglich, das Antitoxin per Schiff oder Flugzeug nach Nome zu bringen. Nur ein Hundeschlittenpfad, der Iditarod Trail, verbindet das Nest an der Beringstraße noch mit der Außenwelt. 20 Musher, so heißen die Schlittenhundeführer, wollen es wagen, das Serum in einem Staffellauf gegen die Zeit durch die Schneewüste zu transportieren.

Todesgefahr in der Norton Bay

Aus dem über 1.800 Kilometer entfernten Anchorage gelangen die ersten 300.000 Einheiten Serum per Eisenbahn nach Norden. Am Ende der Strecke übernimmt Bill Shannon am Abend des 27. Januar als erster Musher das kostbare Paket. Dicke Pelze schützen die Ampullen gegen die arktischen Temperaturen. 84 Kilometer weiter steht der nächste Schlitten bereit. Insgesamt sind es 1.085 Kilometer bis Nome, westwärts durch die Tundra, über ein Gebirge und den mächtigen Yukon River. Erfahrene Musher bewältigen die Strecke sonst in 25 Tagen. Diesmal muss es viel schneller gehen, denn in Nome greift die Seuche unaufhaltsam um sich.

Nach zwei Tagen und knapp 500 Kilometern übernimmt Edgar Nollner mit seinem Huskie-Gespann die Fracht. "Es waren minus 45 Grad oder noch kälter. Konntest noch nicht mal die Hunde sehen, sie waren wie Rauch", berichtet der Musher später. Durch die stockfinstere Nacht jagt Nollner über den gefrorenen Yukon zum nächsten Übergabepunkt. Die gefährlichste Etappe an der windgepeitschten Küste hat der erfahrene Leonhard Seppala übernommen. Um Zeit zu sparen, wagt er den direkten Weg über die Norton Bay. Das tückische Meereseis ist ständig in Bewegung. Seppala hat die Bucht gerade passiert, als es zerbirst.

Bronzestatue für Leithund Balto

Wegen eines heftigen Schneesturms stoppen die Organisatoren in Nome per Funk den Transport, aus Sorge um die unersetzliche Fracht. Doch Gunnar Kaarsen erreicht die Nachricht nicht. Weniger als 100 Kilometer von Nome entfernt, bricht er am 1. Februar auf, obwohl die Sicht gleich null ist. Kaarsen vertraut ganz auf seinen Leithund Balto, der allein den Weg durch meterhohe Schneeverwehungen findet. Als die letzte geplante Übergabe im Sturm scheitert, fährt Kaarsen weiter. Halb erfroren kommt er am frühen Morgen des 2. Februar 1925 in Nome an.

128 Stunden nach Beginn des mörderischen Wettlaufs kann Dr. Welch das Diphterie-Serum einsetzen – gerade rechtzeitig, um eine Epidemie zu verhindern. Als Nationalhelden gefeiert reisen Gunnar Kaarsen und sein Leithund Balto danach durch Amerika. Im New Yorker Central Park setzt man dem mutigen Huskie sogar ein Bronzedenkmal. Unter Mushern aber gelten Leonhard Seppala und Leitrüde Togo als die wahren Helden des "Serum Race". Sie meisterten nicht nur die gefährlichste Strecke, sondern mit 146 Kilometern auch die bei weitem längste Etappe. Im Gedenken an die 20 selbstlosen Lebensretter von Nome wird seit 1973 der Iditarod Race ausgetragen, das härteste Hundeschlittenrennen der Welt.

Stand: 02.02.2015

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